An einem Sonntag im Juli zieht sich eine lange Kette aus Menschen hintereinander einen ausgetretenen Wanderweg empor. Es ist ein steiniger Pfad, der hinauf zur Spitze des Berges führt – das Ziel der zahllosen Menschen. Zur Nordseite des Berges erstreckt sich eine große Meeresbucht mit zahllosen, kleinen Inseln. Dagegen befindet sich auf der Südseite eine weite, hügelige Landschaft. Die Welt wirkt ruhig und entspannt, die Luft ist klar und schön. Die Wandernden gehen nicht irgendeinen Weg; sie pilgern auf einem der berühmtesten Pilgerwege Irlands. Ihr Ziel ist die Bergspitze des Croagh Patrick. Es ist der letzte Sonntag im Juli. Reek Sunday.
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Pilgern zum Croagh Patrick
Der Croagh Patrick ist der heilige Berg Irlands. Er ist mit mystischen Geschichten um den irischen Nationalheiligen St. Patrick verwoben. Der Legende nach fastete dieser auf der Bergspitze vierzig Tage und vierzig Nächte. Dabei bezwang er die teuflischen Dämonen, die ihn heimsuchten. Beschwipst vom eben erbrachten Beweis der Stärke seines Glaubens, baute der Heilige St. Patrick eine Kirche auf der Spitze des Berges. Deshalb steht bis heute eine kleine Kapelle auf der windigen Spitze des Berges.
Ein Ort, von dem die Überlieferung derart Großartiges zu berichten weiß, zieht Menschen magisch an. Deshalb pilgern Gläubige seit Jahrhunderten auf dem Tóchar Phádraig, dem Pilgerweg zum Croagh Patrick. Dabei folgen sie den Spuren des Heiligen selbst, der entlang des Weges die Klöster Ballintubber und Aghagower gründete. Die Ballintubber Abbey ist der Startpunkt des Tóchar Phádraig. Das Kloster in Aghagower, berühmt für seinen Rundturm, ist die Zwischenstation auf halber Strecke zum Croagh Patrick.
Schließlich gründete er ein weiteres Kloster an der Küste der Clew Bay. Die Murrisk Abbey befindet sich an den Füßen des heiligen Berges. Dort liegt der Startpunkt für Pilger, die den Berg erklimmen möchten. Das ganze Jahr begeben sich Menschen, Pilger wie Bergwanderer, auf den steinigen Pfad zur Spitze des Berges. Allerdings hat das Jahr für Pilger einen Höhepunkt. Am letzten Sonntag im Juli ist der Reek Sunday, der offizielle Pilgertag. Zehntausende wandern an diesem Sonntag zur Kapelle auf dem Croagh Patrick.
Die Entstehung des Reek Sunday
Croagh Patrick (irisch: Cruach Phádraig) bedeutet übersetzt Patricks Haufen oder Stapel. Eine Beschreibung, die sich durch die isolierte Erhebung erklärt, die der Berg in der Landschaft darstellt. In der lokalen Umgangssprache erhielt der Croagh Patrick den Beinamen „The Reek“. Dieser leitet sich vermutlich vom englischen Wort „rick“ ab, was in Irland wiederum einen Stapel oder Haufen bezeichnet.
„The Reek“ ist namensgebend für den Reek Sunday, den jährlichen Pilgertag am Croagh Patrick. Die Geschichte des Reek Sunday als offiziellen Pilgertag geht über 1.500 Jahre zurück in die Vergangenheit. Bereits früh nach der Gründung der Kirche auf dem Berg nahmen Gläubige die Pilgerschaft auf sich. Dabei sagen Historiker, dass bereits vor dem Heiligen St. Patrick und dem Christentum, Menschen jährlich auf die Bergspitze gingen. Einsame Berge wie der Croagh Patrick, in frühen Tagen Cruach Aille genannt, üben seit ewigen Zeiten eine Faszination aus. Vergleichbare Berge in Irland sind der Slieve Donard in der Grafschaft Down sowie der Brandon Mountain auf der Dingle Halbinsel. Die Menschen betrachten sie als mystische Orte und als Heiligtümer.
Die Ursprünge der jährlichen Wallfahrt liegen in vorchristlichen, keltischen Traditionen. Sowohl für den Croagh Patrick als auch für den Slieve Donard war eine Wanderung auf die Bergspitze zum keltischen Fest Lughnasadh üblich. Dadurch begingen die Kelten den Herbstanfang. Deshalb liegt der Verdacht nahe, dass der Heilige Patrick diese im Leben der Menschen fest verankerte Tradition in eine christliche Funktion umwidmete.
Pilgern am Reek Sunday
Heute ist der jährliche Reek Sunday ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener Organisationen. Voran schreitet die katholische Kirche. Dabei führt der Erzbischof von Tuam als ranghöchster Würdenträger die Wallfahrt auf die Spitze des Croagh Patrick an. Oben an der Bergspitze hält er an der kleinen Kapelle die Hauptmesse vor den versammelten Pilgern.
Die Gruppe der Pilger zählt in den stärksten Jahren 30.000 Menschen. An weniger gut besuchten Jahren machen sich 15.000 Pilger auf den Weg. Dabei gibt es Pilger in jeder Altersklasse. Sowohl Familien mit Kindern als auch ältere Semester erklimmen am Reek Sunday den steilen Pilgerpfad zum Croagh Patrick. Darunter nehmen einige Pilger den Vorsatz des selbst aufgelegten Leidens während der Wallfahrt ernst. Sie wandern barfuß über den steinigen Grund.
Die Wanderung startet in Murrisk auf Meereslevel. Der breit getretene Pilgerpfad zur Bergspitze hat eine Länge von weniger als vier Kilometern. Dabei hat die Spitze des Croagh Patrick eine Höhe von 764 Metern. Der steilste Teil ist der letzte Anstieg. Hierbei stellt loses Geröll Wanderer vor eine Herausforderung. Aus diesem Grunde nutzen viele Pilger Wanderstöcke. Traditionell bestehen diese aus heimischen Laubgehölzen wie dem Holz der Esche.
Neben der Kirche sind lokalen Organisationen aktiv am Reek Sunday beteiligt. Die freiwilligen Helfer von Mountain Rescue, der irischen Polizei und verschiedener Hilfsorganisationen sorgen für einen reibungslosen Ablauf. Dabei ist Erste Hilfe die wichtigste Unterstützung für Pilger mit gesundheitlichen Schwierigkeiten. Viele Pilger sind keine geübten Bergwanderer. Dadurch hinterlässt die anstrengende Wanderung ihre Spuren. Unterkühlung, Erschöpfung und kleine Verletzungen wie umgeknickte Knöchel treten regelmäßig auf.
Eine Wallfahrt zum Croagh Patrick ist nicht nur für gläubige Christen ein guter Tipp. Die Landschaft von Süd-Mayo ist ein Traum für Irland-Freunde und Pilger zugleich. In jedem Fall ist eine gute Ausrüstung bestehend aus wetterfester Kleidung und gutem Schuhwerk ein Muss. Für die mehrstündige Wanderung benötigen Wanderer ausreichend Wasser. Zudem ist ein kleiner Snack auf der Bergspitze vor dem Abstieg empfehlenswert. Aufgrund des steinigen Pfads ist beim Abstieg ein Wanderstock hilfreich.
Hier erfahrt Ihr, welche anderen Wanderungen es auf den Croagh Patrick gibt.
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