Westirland Sehenswürdigkeiten

Freilichtmuseum Craggaunowen: Irlands Geschichte hautnah

Craggaunowen
Written by Nadja Uebach

Am Ende des Waldpfades kommen die braunen vom Wetter gezeichneten Spitzen der Reetdächer in Sicht. Nur wenige Augenblicke später führt eine schmale Holzbrücke in eine kleine Ansammlung von Rundhütten und direkt in die Vergangenheit der Grünen Insel. Das Freilichtmuseum Craggaunowen in der Grafschaft Clare entführt seine Besucher bis in die irische Frühgeschichte. In detailreichen, originalgetreuen Nachbauten bronzezeitlicher Wohnsiedlungen und Bauernhöfen, die im Rahmen des Museumsbetriebs teilweise noch wie damals bewirtschaftet werden, erlebt man Geschichte hautnah. So erhält man einen authentischen Einblick in den Alltag, die Kultur und die Religion der vorgeschichtlichen Iren – ein Erlebnis, das nicht selten für Gänsehaut sorgt.

Hier verraten wir Euch, was Ihr von einem Ausflug in eines der schönsten Freilichtmuseen Irlands erwarten könnt und welche Geschichte hinter diesem magischen Ort steckt.

Craggaunowen Castle – die Hintergründe

Seinen unaussprechlichen Namen erhält das Museum von dem Craggaunowen Castle, das bereits seit Mitte des 16. Jahrhunderts dieses Land markiert. Nach seiner Fertigstellung beherbergte die kleine Burg die Familie MacSioda McNamara. Nachdem die Familie die Burg verlassen hatte, verfiel der Bau zu einer Ruine.

Erst 1821 kehrte wieder Leben in die alten Mauern ein, als Tom Steele das Castle erbte und es nach dem Wiederaufbau als Sommerresidenz nutzte. Nach Steeles Tod wechselte Craggaunowen mehrmals den Besitzer und fiel schließlich erneut dem Verfall zum Opfer. Schließlich gelangte die Burg in den 60er Jahren in den Besitz des Historikers John Hunt. Dieser erkannte das Potenzial des Castles und der umliegenden Ländereien sofort. Er investierte in die Restaurierung der Burg und begann zeitgleich, die Grundsteine der anderen Attraktionen in Craggaunowen zu legen. Dank seiner Expertise entstand ein Freilichtmuseum, das mit vielen detailgetreuen Bauten und Gerätschaften einen unverfälschten Eindruck der Vergangenheit vermittelt.

Heutzutage erleben Besucher das Castle als ein spannendes Überbleibsel seiner Zeit und haben die Möglichkeit, die realitätsnahe Inneneinrichtung sowie die Wehranlage der kleinen Burg zu bestaunen.

Das Freilichtmuseum im County Clare heute

Die Grafschaft Clare ist bekannt für ihre komplett unberührten Landschaften, die raue, zerklüftete Küste und die unendliche Weite der Kalksteinwüste des Burren. In ganz Irland gibt es wohl kaum einen besseren Schauplatz für ein Freilichtmuseum, das einen Blick in die Vergangenheit erlaubt. In dem naturbelassenen Waldstück, den wilden grünen Feldern und nicht zuletzt den realistischen Rekonstruktionen aus der Frühzeit, erweckt Craggaunowen das Gefühl, auf einer echten Zeitreise unterwegs zu sein.

Craggaunowen

© Stephen Power, Tourism Ireland

Leben auf dem Wasser: Crannog in Craggaunowen

Eines der unumstrittenen Highlights in Craggaunowen ist ein wirklichkeitsgetreues Crannog – so wie es Archäologen zufolge wirklich ausgesehen hat. Ein Crannog ist eine mit Baumstämmen, Steinen und Schlamm erbaute künstliche Insel in einem Fluss oder See. Auf diesen Inseln waren eine oder sogar mehrere Rundhütten und weitere kleinere Bauten untergebracht. Da die Crannogs lediglich über einen schmalen Steg mit dem Ufer verbunden waren, ließen sie sich hervorragend verteidigen. In Irland waren Crannogs besonders während der Jungsteinzeit beliebt, wurden jedoch vereinzelt bis ins Mittelalter gebaut und bewohnt.

Im Freilichtmuseum Craggaunowen hat man die Möglichkeit, zu erleben, wie es sich anfühlte, auf einer dieser künstlichen Inseln zu leben. Nicht nur das Crannog selbst, sondern auch die beiden Rundhütten, der hölzerne Zaun, sowie der Aussichtsturm, von dem aus, der Zugangssteg im Auge behalten werden kann, versetzen Besucher zurück bis in die Steinzeit.

Traditionelles Ringfort zum Anfassen

Obwohl Crannogs weit verbreitet waren, sind es die sogenannten Ringforts, die das Leben der frühzeitlichen Iren am besten beschreiben. Hier handelt es sich ebenfalls um kreisförmige, befestigte Siedlungen. Die Anlage wird entweder von einem Erdwall, einem hölzernen Zaun oder einer dicken Mauer umgeben. Obwohl heutzutage hauptsächlich die steinernen Ringforts in Irland bekannt sind, waren es die von Erdwällen geschützten kleinen Bauernsiedlungen, die auf der Grünen Insel besonders häufig vorkamen.

Genau so eine Siedlung gibt es auch im Freilichtmuseum Craggaunowen zu sehen. Die von einem Erdwall und Palisadenzaun geschützte Anlage beherbergt zwei Rundhütten und mehrere Nutzbauten, wie Kochstellen oder Werkstätten. Im Inneren des Ringforts erlebt man hautnah, wie die Inselbewohner zur damaligen Zeit lebten und arbeiteten. Besonders spannend ist das sogenannte Souterrain. Ein Netzwerk aus unterirdischen Räumen und Tunneln, das man hauptsächlich zur Lagerung von Lebensmitteln, allerdings auch als Zufluchtsort bei Gefahr nutzte.

Auch außerhalb des Walls erhalten Besucher einen spannenden Einblick in die Vergangenheit. Dank einer Rekonstruktion eines Bohlenwegs, der als Togher bezeichnet wurde, kann man sich vorstellen, wie die frühzeitigen Straßen Irland ausgesehen haben. Diese Holzstraßen waren notwendig, um besonders sumpfiges oder morastiges Terrain zu überqueren. Anhand der auf dem Gelände errichteten Ogham Steine und Dolmen bekommt man außerdem eine gute Vorstellung von der Kultur der damaligen Inselbewohner.

Bis nach Amerika: Das Brendan Boat in Craggaunowen

Boote spielten in Irland schon seit eh und je eine zentrale Rolle. Neben Holz verwendete man beim Bootbau auch häufig Tierhaut, die nicht nur wasserdicht, sondern zudem strapazierfähig ist. Auf ein Gerüst aus gebogenen Weidenästen spannte man Tierhaut – meist von Kühen –, um ein stabiles, seegängiges Boot zu erhalten.

Ein solches hide-boat wird auch mit dem berühmten irischen Seefahrer Mönch St. Brendan in Verbindung gebracht. Dieser soll damit im 6. Jahrhundert in See gestochen sein. Auf seinen Reisen hat St. Brendan eine Insel westlich von Irland entdeckt, die er St. Brendan’s Island nannte. Selbst wenn diese Insel in mehreren alten Karten verzeichnet ist und auch manchmal mit der mythischen Insel Hy-Brazil gleichgesetzt wird, weiß heutzutage keiner, ob diese Insel tatsächlich existierte. Viele Historiker nehmen an, dass St. Brendan’s Seefahrt ihn nach Nordamerika führte und St Brendan’s Insel zum heutigen Kanada gehört.

Dass dieses Unterfangen in einem solchen mit Leder bezogenem Boot durchaus möglich war, bewies der Abenteurer Tim Severin in den 70er Jahren. Severin segelte in einem authentischen Nachbau eines hide-boats von Irland nach Neufundland. Dieser Nachbau ist unter dem Namen Brendan Boat im Freilichtmuseum Craggaunowen ausgestellt. Er erlaubt einen ungeschönten Einblick in eine Seereise, ohne jegliche moderne Gerätschaften oder Komfort.

Euer Besuch im Craggaunowen Freilichtmuseum

Wer bereits in der Grafschaft Clare unterwegs ist, erreicht das Freilichtmuseum Craggaunowen etwa eine halbe Stunde westliche von Ennis. Während das Museum im Winter geschlossen ist, so haben Besucher im Sommer an sieben Tagen die Woche, die Möglichkeit, einen Ausflug in die Inselvergangenheit zu unternehmen. Zusätzlich finden an einigen Wochenenden verschiedene Themenveranstaltungen und Ausstellungen statt – von Wikingertagen, bis hin zu ausgesuchten Demonstration frühzeitlichen Handwerks ist alles dabei.

Besonders praktisch: Da Craggaunowen zum selben Träger wie das Freilichtmuseum Bunratty Castle gehört, kann man hier mit dem Kauf eines Kombitickets sparen.

Craggaunowen

© Stephen Power, Tourism Ireland

Möchtest Du eine Reise zu Dir antreten?

Wächst in Dir die Sehnsucht, Dein Leben langsamer, tiefer und bewusster zu erleben? Möchtest Du eine Reise zu Dir selbst in Irland unternehmen? Auf Dich wartet eine Reise, die so individuell und wunderbar ist wie Du.

>> Weitere Infos <<

Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

Kommentar hinterlassen