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Omey Island: Einmalige Gezeiteninsel in Irland

Omey Island
Written by Nadja Uebach

Die schmale Straße führt hinunter in den Sand, der normalerweise den Seeboden der Bucht im Norden der Grafschaft Galway bildet. Bei Ebbe weisen hoch aufragende Straßenschilder den Weg durch das von Rillen und sanft spiegelnden Wasserpfützen gekennzeichnete Watt bis ans Ufer der Omey Island, die nur bei Flut eine echte Insel ist. Einst war das Teilzeit-Eiland das Zuhause von bis zu vierhundert Iren, heute erwartet dieser besondere Ort seine Besucher mit unberührter Natur und Einsamkeit. Welche Geschichte sich hinter der einstigen Klosterinsel verbirgt und was man bei einem Abstecher dorthin unbedingt beachten sollte, erfahrt Ihr jetzt.

Über den Meeresboden auf die Insel

Der Atlantik vor der Westküste Irlands ist gesprenkelt von einer Sammlung kleiner und großer Inseln, die mit einzigartigen Lebensräumen, Geschichten und kulturellen Schätzen eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlen. Doch von allen irischen Inseln hat Omey Island nahe der Ortschaft Claddaghduff im Nordwesten Galways eine Eigenschaft, die sie auf der Grünen Insel nur mit wenigen anderen Eilanden teilt: Sie ist eine Gezeiteninsel!

Alle sechs Stunden sorgt der Mond mit seiner Kraft dafür, dass sich das Wasser in der Bucht zurückzieht und den sandigen Weg zu der ungewöhnlichen Insel freigibt. Den Weg über den Meeresboden legt man dabei entweder mit dem Auto oder zu Fuß zurück. In jedem Fall sollten Besucher jedoch den Tidenkalender kennen, den man HIER einsehen kann.

Wichtig: Um nassen Füßen vorzubeugen, sollte man den Besuch so planen, dass man bis zwei Stunden vor dem höchsten Wasserstand wieder zurück ist.

Omey Island: Klösterliche Abgeschiedenheit in Westirland

Die Geschichte von Omey Island in Irland ist so reichhaltig wie die Wellen des Atlantiks, die ihre Küsten umspülen. Durch Ausgrabungen und Abtragungen durch Stürme fand man Hinweise darauf, dass die Gezeiteninsel bereits in der Bronzezeit besiedelt war. Noch heute zeugen an einigen Stellen Muschelberge von diesen Siedlern, die zu vorgeschichtlichen Zeiten eine Art Müllhalde darstellten.

Besonders faszinierend sind jedoch die Überbleibsel einer Klosteranlage aus dem 6. Jahrhundert, die von dem Heiligen Feichin gegründet wurde. Heute finden sich noch die Ruine einer Kirche und eines Brunnens aus dieser Zeit auf Omey. In James Duffy’s Hibernian Magazin erschien im späten 19. Jahrhundert ein Text über die kleine Insel. Demzufolge soll Omey der letzte Ort in Irland gewesen sein, an dem das Heidentum noch praktiziert wurde. Erst der Heilige Feichin hat dafür gesorgt, dass auch dieses letzte Fleckchen der Grünen Insel zum Christentum übertrat.

Mehrere Jahrhunderte später zog es einige Familien auf die Insel, die sich der Fischerei verschrieben hatten. Vor der großen Hungersnot in Irland lebten rund vierhundert Menschen dauerhaft auf Omey. In den darauffolgenden Jahren nahm das Inselvolk jedoch immer weiter ab. Während der Volkszählung im Jahr 2006 waren zuletzt nur noch zwei männliche Bewohner auf der Insel verzeichnet.

Omey Island

© Barbara Warde, Fáilte Ireland

Pascal Whelan – letzter Bewohner von Omey Island

Erzählungen zufolge lebte 2017 nur noch ein Mann das ganze Jahr über auf der westirischen Gezeiteninsel: Pascal Whelan. Whelan wurde 1942 auf dem kleinen Eiland geboren. Damals zählte Omey noch ganze 70 Einwohner. Der junge Ire wurde dem Inselleben schnell überdrüssig und versuchte sein Glück in Amerika. Dort arbeitete er viele Jahre lang erfolgreich als Stuntman, bevor er in den 70er Jahren in seine Heimat zurückkehrte und zunächst in Clifden wohnte.

Mit Erhalt seiner Rente zog es ihn zurück zum Ort seiner Geburt. Auf Omey Island bezog er einen Wohnwagen und lebte größtenteils als Selbstversorger. Eine gerne erzählte Anekdote besagt, dass Whelan sich am Festland regelmäßig mit anderen im Pub getroffen hat. Dabei soll er meist erst kurz vor der Flut den Heimweg angetreten haben, oft mit einem halbvollen Pintglas in der Hand, das er in die Luft hielt, um es vor dem steigenden Wasserspiegel zu schützen. Als er im Februar 2017 auf der Insel im Alter von 75 Jahren verstarb, verlor Omey seinen letzten Einwohner. Heutzutage befinden sich noch einige Sommer- und Ferienhäuser auf der Insel, die von Iren und Besuchern gleichermaßen gerne genutzt werden.

Ausflug auf die Gezeiteninsel: Besuch in der Einsamkeit

Obwohl die Tideninsel seither unbewohnt ist, ist sie das ganze Jahr über ein beliebtes Ausflugsziel. Besonders zu Fuß wird Omey Island zu einem echten Abenteuer. Über den Sand geht es auf die kleine Insel, die nicht nur mit sanften Grüntönen, mehreren Stränden und den historischen Überresten des einstigen Klosters punktet, sondern zudem auch noch einen ganz eigenen See in ihrer Mitte hat. Während man die Insel mit dem Auto in nur wenigen Minuten erreicht, sollte man zu Fuß etwa eine Viertelstunde einplanen – was unbedingt mit dem Gezeitenkalender abgestimmt werden sollte. Für einen ausgiebigen Rundgang über die gesamte Insel braucht man mindestens zwei Stunden.

Omey Island

Über den Strand nach Omey Island © Barbara Warde, Fáilte Ireland

In jedem Fall gilt jedoch, sich Zeit zu lassen und die Insel in ihrem ganz eigenen Takt zu erkunden. Bei einem Picknick am Strand oder auf weiter Flur wird einem die Einsamkeit dieses Ortes erst richtig bewusst. Der Alltag mit seiner nie endenden Geräuschkulisse und seinen Anforderungen liegt in weiter Ferne, während die Kraft und Schönheit der Natur in den Vordergrund rücken. Eine Atmosphäre, in der der Geist fast von allein zur Ruhe kommt!

  • Tipp: Weitere einsame Orte in Irland, an denen eine beinahe magische Atmosphäre herrscht, findet ihr hier!

Ist Omey Island barrierefrei zugänglich?

Omey Island ist beschränkt barrierefrei zugänglich. Während man den Strand bei Ebbe über eine betonierte Rampe erreicht, gibt es in Omey bisher leider noch keine speziellen Strandrollstühle. Auf die Insel selbst gelangt man ebenfalls über eine Rampe, die in eine befestigte Straße übergeht, die bis ans westliche Ende der Insel führt. Die Klosterruine, der See und Weststrand sowie sämtliche andere Gebiete der Insel sind jedoch nicht über befestigte oder rollstuhlfreundliche Wege erreichbar.

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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