Berühmte Iren

Michael Collins – Ein Ire wie kein anderer

Irische-Flagge, irisches englisch
Written by Nadja Uebach

„Eines Tages wird er ein bedeutender Mann sein. Er wird Großes für unser Land leisten.“ Eine Aussage, die Michael Collins Senior kurz vor seinem Tod über seinen damals erst sechs Jahre alten Sohn traf. Damit sollte er recht haben, denn Michael Collins gilt als einer der wichtigsten Freiheitskämpfer in Irland.

Doch wer war der Mann aus der Grafschaft Cork, der sein Leben der Unabhängigkeit seiner Heimat verschrieb und aufgrund seiner großen Statur den Spitznamen „The Big Fellow“ erhielt? Wie war er in die Politik der Insel verwickelt und wie kam es schließlich zu dem tragischen Hinterhalt, in dem sein Leben ein viel zu frühes Ende nahm? In diesem Beitrag versuchen wir auf genau diese Fragen eine Antwort zu finden und nehmen euch mit auf eine spannende Reise in die Inselvergangenheit!

Der junge Michael Collins: Seine Kindheit und Jugend

Michael Collins wurde als das jüngste von acht Kindern am 16. Oktober 1890 in Woodfield in der Nähe von Clonakilty im County Cork geboren. Sein Vater war zu diesem Zeitpunkt bereits 75 Jahre alt. Eine Tatsache, die bei Collins schon von klein auf einen großen Respekt und eine besondere Zuneigung für ältere Menschen hervorrief.

Marianne Collins (in manchen Aufzeichnungen auch Mary Anne), die Mutter des Nationalhelden, war 37 Jahre jünger als ihr Mann. Was einer liebevollen Ehe der beiden jedoch nicht im Wege stand. Im Gegenteil, Erzählungen zufolge wuchs Michael in einem sehr behüteten und glücklichen Elternhaus auf. Während seine Mutter als das gute Herz und die Seele der Familie galt und für ihre Gastfreundschaft und Herzlichkeit in der Umgebung bekannt war, kümmerten sich Michaels ältere Geschwister rührend um ihn.

Frühe Einflüsse

Aufgrund der Tatsache, dass Collins seinen Vater schon so früh verloren hat, gehörten neben seiner Mutter auch sein Lehrer Denis Lyons und der örtliche Schmied James Santry zu seinen Vorbildern. Santry und Lyons waren bekennende Nationalisten. Später sagte Collins über beide Männer, dass sie den Grundstein für seine Heimatliebe und den Drang nach einem unabhängigen Irland in ihm gelegt hatten.

Allerdings spielte auch seine Mutter eine große Rolle. Marianne verspürte bereits als Kind den Drang, sich gegen die Engländer aufzulehnen. So soll sie während einer Schulaufführung für die ansässigen englischen Landbesitzer den Vers eines Gedichts geändert haben. Aus dem Satz „Gott sei Dank bin ich ein glückliches englisches Kind“, machte sie kurzerhand „Gott sei Dank bin ich ein glückliches irisches Kind“. Für diese Aussage erhielt sie Prügel und wurde vom Unterricht ausgeschlossen. Den unbändigen Nationalstolz hatte Collins also bereits im Blut.

Collins in London

Seine Jugend verbrachte Michael in Clonakilty, wo er im Haus seiner verheirateten Schwester Margaret lebte, um die dortige Schule zu besuchen. Nebenbei half er seinem Schwager PJ O’Driscoll beim Aufbau der Lokalzeitung West Cork People. Dabei erlernte er nicht nur organisatorische Fähigkeiten, sondern zudem das Tippen und Schreiben von Artikeln. Nach eineinhalb Jahren in Clonakilty bestand Collins die staatliche Prüfung der Postbank. Auf das Drängen seiner Mutter hin zog er 1906 zu seiner Schwester Hannie nach London, wo er eine Stelle in der Postbankfiliale in West Kensington annahm.

Nur wenige Monate später starb Collins Mutter an Krebs. Der damals siebzehnjährige Ire flüchtete sich in seiner Trauer in die Arme der irischen Gemeinschaft in London. Zunächst trat er der dortigen Gaelic Athletic Association (GAA) und später der ansässigen Gruppe der Irish Republican Brotherhood (IRB) bei. Collins verbrachte insgesamt zehn Jahre in der britischen Hauptstadt. In dieser Zeit arbeitete er für mehrere Unternehmen im Finanzsektor. Zusätzlich begann er ein Jura Studium am King’s Cross College, das er jedoch nie beendete.

Anfang 1916 erfuhr er durch andere Mitglieder der IRB, dass ein Aufstand in Irland kurz bevorsteht. Ohne zu Zögern kündigte Collins seinen Job, verabschiedete sich von seiner Schwester und setzte am 15. Januar 1916 nach Dublin über.

Michael Collins und der Osteraufstand

Collins kehrte als ein Mann in seine Heimat zurück, dessen Freunde seinen loyalen und freundlichen Charakter schätzten. Bei seinen Widersachern war er jedoch als temperamentvoller und intoleranter Mensch bekannt. Seine gute Stellung in der IRB verschaffte ihm nach seiner Ankunft in Dublin eine Anstellung im Haushalt des Counts Plunkett. Hier lernte er den Sohn des Counts und einen der späteren Anführer des Osteraufstands, Jospeh Plunkett, kennen.

Nachdem Collins einen zweiten Job angenommen hatte, um sich eine eigene Bleibe zu finanzieren, trat er der örtlichen Gaelic League bei. Für Michael Collins spielte die irische Sprache und Kultur eine große Rolle und er betitelte die Gründung der Gaelic League als eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Irlands. Später unterzeichnete Collins alle öffentlichen Papiere ausschließlich mit seinem irischen Namen Mícheál Ó Coileán und bat seine Freunde, ihn mit diesem Namen anzusprechen.

Michael Collins

©Micheal O’Mahony, Fáilte Ireland

Irland vor dem Osteraufstand

Bereits vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs war die Stimmung in Irland unruhig. Die Iren formierten sich in verschiedenen Gruppen, um sich den Engländern entgegenzustellen und die Unabhängigkeit ihrer Heimat zu erkämpfen. Zu diesen Organisationen gehörten die IRB, die Irish Volunteers und die Irish Citizen Army. Der unweigerlich drohende Bürgerkrieg wurde durch den Ersten Weltkrieg aufgeschoben. Nur einen Monat nach Kriegsbeginn verabschiedete man das Home Rule Gesetz für Irland, das man gleichzeitig jedoch bis nach Kriegsende auf Eis legte. Nachdem die Engländer das Inkrafttreten der ersehnten Home Rule mehrmals verschoben hatten, brauten sich im gesamten Inselgebiet erneute Unruhen zusammen.

Collins’ Rolle im Osteraufstand

Durch seine wachsende Freundschaft mit Joseph Plunkett stand Collins dem Planungszentrum des Osteraufstands nahe. Er half bei den Vorbereitungen in dem er Waffen beschaffte und mehrere Truppen auf den bevorstehenden Kampf vorbereitete.

Der Aufstand war ursprünglich anders geplant, als er tatsächlich stattgefunden hat. Eine vereitelte Waffenlieferung aus Deutschland und andere unvorhergesehene Ereignisse sorgten dafür, dass die Iren von vornherein kaum eine Chance hatten. Die rebellischen Truppen entschieden sich jedoch dazu den Aufstand nicht abzusagen. Michael Collins agierte während des sechstägigen Aufruhrs als Adjutant unter Jospeh Plunkett im Dubliner GPO, das den Iren als Hauptquartier diente.

Nachdem die Briten den Aufstand zerschlagen hatten, wurde Collins festgenommen und gemeinsam mit seinen Mitgefangenen Freiheitskämpfern verhört. Bei diesem Verhör stufte man Collins als jemanden eine, dem anhand einer härteren Behandlung weitere Informationen zu entziehen waren, bevor er hingerichtet werden sollte.

Durch einen glücklichen Zufall landete er jedoch in einer Gruppe Gefangener, die nach Wales in das dortige Internierungslager Frongoch verschifft wurden. Während seiner Inhaftierung konnte Collins wertvolle Beziehungen zu Gleichgesinnten knüpfen. Im Dezember 1916 entließ man die Gefangenen und schickte sie zurück auf die Grüne Insel.

Collins im ersten Parlament Irlands

Sobald Michael Collins wieder irischen Boden unter den Füßen hatte, übertrug ihm Kathleen Clarke – die Witwe des hingerichteten Aufstandführers Tom Clarke – die Verantwortung für die Finanzierung der aufständischen Truppen. Als Vertrauter von Arthur Griffith, der 1905 die bis heute bestehende politische Partei Sinn Féin gegründet hatte, stieg Collins zu einem der einflussreichsten Mitglieder der Freiheitsbewegung auf. Diese Stellung behielt er, selbst als Griffith 1917 als Präsident der Partei von Éamon de Valera abgelöst wurde.

Die Wahlen von 1918

Bei den Wahlen des britischen Parlaments 1918 erreichte Sinn Féin eine einschlägige Mehrheit von 73 der 105 irischen Sitzen im Parlament. Michael Collins gewann die Wahl in seinem Walkreis Südcork. Anstatt ihre Sitze im englischen Parlament in Westminster einzunehmen, entschieden sich die Sinn Féin Abgeordneten dazu ein eigenes irisches Parlament unter dem Namen Dáil Eireann (Versammlun Irlands) zu gründen.

Aus seinem Spionagenetzwerk erhielt Collins die Information, dass die Briten von den Plänen des irischen Parlaments erfahren hatten und noch vor der ersten Dáil Versammlung die irischen Abgeordneten festnehmen wollten. De Valera und eine Gruppe von dreiundreißig weiteren Parteimitgliedern ignorierte Collins’ Warnung und wurden kurze Zeit später von den Engländern festgenommen.

Collins befreit DeValera

Obwohl Michael Collins und sein enger Vertrauter Harry Boland laut Anwesenheitsliste an der ersten Sitzung der Dáil Eireann teilnahmen, wurde später bekannt, dass der Eintrag in die Liste lediglich eine Tarnung war. Collins und Boland hatten sich stattdessen auf den Weg nach England gemacht um De Valera aus dem dortigen Lincoln Prison zu befreien.

De Valera, der im Gefängnis das Vertrauen des Pfarrers gewinnen konnte, gelang es, einen Abdruck des Masterschlüssels des Geistlichen in Kerzenwachs zu erstellen und an Collins zu senden. So konnte man eine Kopie des Schlüssels anfertigen, die man anschließend in einem Kuchen versteckt ins Gefängnis schmuggelte. Nachdem die ersten beiden kopierten Schlüssel nicht funktionierten, ließ Collins De Valera einen Schlüsselrohling und eine Feile, ebenfalls in einem Kuchen versteckt, zukommen. Mithilfe des selbst gefeilten Masterschlüssels konnte De Valera schließlich am 3. Februar 1919 gemeinsam mit zwei weiteren gefangenen aus dem Gefängnis fliehen. Collins und Boland halfen den drei Entflohenen wieder sicher auf die Grüne Insel zurückzukehren.

Nach seiner Rückkehr nahm De Valera erneut die Rolle des Sinn Féin Präsidenten ein. Nur wenige Monate später brach er nach Amerika auf, um in Washington international Anerkennung der Republik Irland zu erwirken. Seine Bemühungen blieben jedoch erfolglos.

Michael Collins: Erster Finanzminister Irlands

Vor seiner Abreise ernannte De Valera Michael Collins zum ersten Finanzminister der Inselrepublik. Dank seiner Erfahrung im Finanzsektor gelang es Collins, den Aufbau der jungen Republik über Kredite und Spenden zu finanzieren. Zu einer Zeit, in der die irischen Minister jederzeit mit einer Festnahme rechnen mussten; und die nächste Auseinandersetzungen mit den britischen Black & Tans nur eine Frage der Zeit war, galt das als eine außerordentliche Leistung.

Der Unabhängigkeitskrieg: Michael Collins der Stratege

Den offiziellen Startschuss für den Unabhängigkeitskrieg der Iren lieferte ein Anschlag der Irish Republican Army (IRA) auf eine kleine Truppe der Royal Irish Constabulary in Tipperary am Tag der ersten Sitzung der Dáil Éireann.

Collins etablierte sich schnell als ein gekonnter Stratege und wurde nur wenige Monate später zum Vorsitzenden der IRB sowie zum Leiter des Geheimdienstes der IRA ernannt. Michael Collins bildete somit einen zentralen Angelpunkt in der Organisation der irischen Freiheitskämpfer. Seine Strategie war es die Briten mit gezielten Angriffen zu bekämpfen, um damit die Opferzahlen so gering wie möglich zu halten. Zu diesem Zweck arbeitete er mit einem großen Spionagenetzwerk zusammen. Collins wusste, dass er seine Feinde genau kennen musste, um wirksame Anschläge zu planen.

Die Briten fuhren die Arbeiten ihres eigenen Geheimdienstes bis zu einem Maximum auf und brachten den Unabhängigkeitskrieg mit dem Einsatz der Black & Tans sowie ähnlich fraglichen Spezialkräften auf ein besonders brutales Niveau. Collins formte daraufhin seine eigene Spezialtruppe, der er den Beinamen „The Squad“ gab. Sein Ziel war es, diese Truppe dafür einzusetzen, britische Informanten und Mitarbeiter des englischen Geheimdienstes zu töten. Dafür erntete Collins viel Kritik aus den irischen Reihen.

Blutsonntag: Wendepunkt in Collin’s Guerilla-Krieg

Ein Auftrag von Collins’ Squad, der wie kein andere in die Geschichte einging, ereignete sich am Morgen des 21. Novembers 1920. Collins erhielt die Namen und Adressen einiger Schlüsselpersonen des britischen Geheimdienstes. Seine Truppe sollte kurz nach Sonnenaufgang insgesamt zwölf dieser Männer in ihren eigenen vier Wänden überraschen und umbringen. Insgesamt starben an diesem Morgen fünfzehn Menschen, darunter zwei Zivilisten. Der Anschlag blieb nicht lange ungesühnt.

Schon wenige Stunden später holten die Engländer zum Gegenanschlag aus, allerdings nicht gegen die IRA, sondern gegen irische Zivilisten. Eine Abordnung der Black & Tans stürmte das Dubliner Stadion Croke Park, in dem ein Gaelic Football Spiel stattfand. Dort eröffneten sie Feuer auf die Zuschauer und Spieler. Dabei starben 14 Menschen, bis zu 100 weitere wurden durch den Kugelhagel verletzt. Der Tag ging als Blutsonntag in die Geschichte ein. Dieses Massaker stellt einen wichtigen Wendepunkt in den andauernden Auseinandersetzungen dar, der dafür sorgte, dass die irischen Freiheitskämpfer immer mehr Anhänger und Unterstützung bekamen. Sogar in Nordirland erhielt Collins immer mehr Zuspruch und wurde im Mai 1921 in das dortige Parlament gewählt.

Kopfgeld für den unsichtbaren Strategen

Obwohl der Name Michael Collins den Engländern ein Begriff war und sie wussten, dass er derjenige war, der die Organisation des Guerilla-Kriegs im Hintergrund übernommen hatte, gelang es ihnen nicht, Collins zu fassen.

Ohne auch nur ein aussagekräftiges Foto des Freiheitskämpfers oder eine detaillierte Beschreibung seines Aussehens zu besitzen, setzte der britische Geheimdienst ein Kopfgeld von 10.000 Pfund auf Collins aus. Anstatt sich zu verstecken, hielt sich Collins meist unauffällig in unmittelbarer Nähe seiner Feinde auf. Sein Motto: Niemand würde erwarten, dass er sich auf offener Straße aufhält, deshalb wird man ihn dort auch nicht erkennen.

„The Big Fellow“ und der Anglo-Irische Vertrag

Nach weiteren blutigen Auseinandersetzungen endete der Unabhängigkeitskrieg in Irland am 11. Juli 1921 mit einem Waffenstillstand. De Valera begann die Friedensverhandlungen mit dem damaligen englischen Premierminister David Lloyd George in London. Der Inhalt des privaten Gesprächs der beiden Staatsoberhäupter ist bis heute nicht bekannt.

Wenige Wochen später wurde De Valera zum Präsidenten der Republik Irland erklärt (sein bisheriger Titel war Vorsitzender der Dáil Éireann). In seinem neuen Amt ernannte er Collins gemeinsam mit Arthur Griffith zu seinen Stellvertretern in den andauernden Friedensverhandlungen mit den Briten. Die beiden sollten gemeinsam mit drei weiteren Abgeordneten an seiner Stelle nach London reisen, um dort über ein Abkommen zu verhandeln. Dafür räumte er ihnen uneingeschränkte Unterschriftenvollmacht im Namen der irischen Republik ein.

Michael Collins in London

Collins war von De Valeras Plan, für ihn die Verhandlungen in London zu führen alles andere als begeistert. Er sah sich selbst als Kämpfer für sein Land, weniger als Politiker. Auch Collins’ Freunde warnten ihn davor, in die britische Hauptstadt zu reisen. Sie fürchteten, dass er dadurch als Sündenbock der Nation gelten würde, sollten die Friedensverhandlungen nicht wie gewünscht ausgehen.

Entgegen seiner eigenen Bedenken und der Warnungen seiner Freunde, machte sich Collins gemeinsam mit den anderen Abgeordneten im Oktober 1921 auf den Weg nach London. Die nächsten Wochen verbrachte die irische Verhandlungsgruppe damit, zwischen England und Irland hin und her zu pendeln. Am 6. Dezember 1921 unterzeichnete man schließlich den Anglo-Irischen Vertrag. Dieser erklärte Irland zu einer Art Freistaat des britischen Königreichs. Damit war die Grüne Insel, ähnlich wie Kanada ein selbstverwalteter Teil von Großbritannien.

Collins’ besiegeltes Schicksal

Zudem legte der Vertrag die Teilung der Insel in die Republik im Süden und die sechs Grafschaften in Nordirland fest. Die irische Abordnung wurde von den Briten mit der Androhung von erneutem Krieg zur Unterzeichnung des Abkommens gezwungen. Nachdem die Papiere unterschrieben waren, bemerkte der Brite F E Smith, dass ihm diese Unterschrift seine politische Karriere kosten könnte. Bereits zu diesem Zeitpunkt war sich Collins darüber im Klaren, dass es ihn noch viel mehr kosten würde – sein eigenes Leben!

„Think what have I got for Ireland. Something she has wanted these past 700 years, will anyone be satisfied with this bargain? Will anyone? I tell you this, early this morning I have signed my death warrant.“

Zurück in Irland erklärte Collins, dass der Anglo-Irische Vertrag seinem Volk nicht die gewünschte und erhoffte Freiheit erbracht hatte. Allerdings war er der Meinung, dass das Abkommen den Iren die Freiheit gab ihr Endziel – die vollständige irische Unabhängigkeit – zu erreichen. Collins wusste, dass ein weiterer Krieg mit England dieses Ziel für seine Generation unerreichbar gemacht hätte.

Michael Collins & der irische Bürgerkrieg

Die Bedingungen des Anglo-Irischen Vertrags sorgten für Spannungen in Irland, die sich immer weiter zuspitzten. Das Inselvolk spaltete sich in Vertragsbefürworter und die Vertragsgegner. Während sich die Fronten der beiden Gruppen verhärteten, stieg auch die Gewaltbereitschaft.

Nachdem sich De Valera gegen den Vertrag ausgesprochen hatte und als Präsident der irischen Regierung zurückgetreten war; ließ er sich in der Hoffnung einer Wiederwahl erneut als Kandidat aufstellen. Doch im Januar 1922 gewann Arthur Griffith die Präsidentschaftswahl und stellte eine neue Regierung auf. Michael Collins sollte weiterhin in seinem Amt als Finanzminister fungieren, wurde gleichzeitig jedoch zum Kabinetsvorsitzenden erklärt. Bei den Briten galt Collins in diesem Amt als der Premierminister des Freistaats Irland.

Gemeinsam mit einem Team von Anwälten setzte Collins’ die Verfassung des Freistaats Irlands auf. Diese Verfassung gab den Iren die Freiheit ihren eigenen Glauben zu leben und ihre eigene Sprache zu sprechen. Darüber hinaus wurden darin auch Grundeigentum sowie natürlichen Ressourcen angesprochen.

Ausbruch des Bürgerkriegs

Eine zweihundert Mann starke IRA-Gruppe von Vertragsgegner besetzte im April 1922 das Gebäude des Dubliner Four Courts. Nachdem die Besetzung mehrere Wochen anhielt, übte die britische Regierung vermehrten Druck auf Collins aus. Er sollte die Besetzung gewaltsam beenden. Ein Vorgehen, gegen das sich Collins vehement währte. Immerhin hatte er bisher Seite an Seite mit diesen Männern gekämpft und einen Großteil von ihnen sogar ausgebildet. Ende Juni hatte er allerdings keine andere Wahl als sich Churchills Willen zu beugen und das Four Courts unter Kanonbeschuss in einem dreitägigen Kampf zurückzuerobern. Das Gebäude wurde dabei fast vollständig zerstört.

Im Rahmen der Four Courts Situation brachen auch an anderen Orten der irischen Hauptstadt blutige Kämpfe aus. Insbesondere der Bereich um die O’Connell Street wurde Zeuge von viel Blut und Zerstörung. Doch innerhalb weniger Tage gelang es Collins mithilfe der Armee des Freistaats die Unruhen unter Kontrolle zu bringen. Anders sah es im Rest des Landes aus. Besonders im Südwesten in der Provinz Munster waren die Vertragsgegner stark vertreten und nutzten die Situation in Dublin dafür, gewaltsam gegen die Befürworter des Freistaats vorzugehen.

Collins’ Plan für irischen Frieden

Michael Collins wollte das Inselvolk wieder vereinen und im gesamten Gebiet des Freistaats Frieden herstellen. Zu diesem Zweck legte er im Juli 1922 das Amt des Premierministers nieder und nahm stattdessen die Aufgabe des Hauptkommandanten der irischen Armee an. Tatsächlich jedoch war Collins viel mehr als das und hatte sowohl im Militär als auch in der Politik großen Einfluss. Mithilfe seiner genialen strategischen Denkweise und seiner Erfahrung gelang es ihm, weite Teile von Cork wieder in die Hand des Freistaats zu bringen.

Nur kurze Zeit nachdem Cork City wieder unter der Kontrolle des Freistaats stand, entschied sich Collins dafür in seine Heimatgrafschaft zu fahren, um dort Friedensverhandlungen zu führen. Zudem wollte er Gelder beschlagnahmen, die dort von Vertragsgegner versteckt wurden. Collins’ Berater rieten ihm von seinem Vorhaben ab. Sie waren der Meinung, es wäre zu gefährlich. Selbst wenn das Militär des Freistaats in Cork Erfolge zu verzeichnen hatten, war es weiterhin ein Gebiet, das hauptsächlich von Vertragsgegner besiedelt war. Mit der Aussage: „They’ll never shoot me in my own county.“ machte Collins sich im August 1922 auf den Weg nach Cork.

Béal na Bláth – letzte Station einer Reise

Nachdem Collins seine Verhandlungen in Cork City beendet hatte, brach er am 22. August 1922 auf, um eine Tour durch West Cork zu machen. Auf der Strecke zwischen Macroom und Bandon kam er an dem kleinen Dorf Béal na Bláth vorbei. Als die Fahrzeugkolonne am dortigen Pub – der heutigen Diamond Bar – kurz Halt machte, wurde Michael Collins von einem der Anwohner erkannt.

Nachdem sich Collins und seine Leute wieder auf den Weg gemacht hatten, entschied sich eine Gruppe ansässiger Vertragsgegner dazu an der Kreuzung von Béal na Bláth einen Hinterhalt zu legen. Sie hofften, dass sie Collins so auf seinem Rückweg nach Cork City auflauern konnten. Kurzerhand blockierten sie die Straße mit einem Karren und legten sich mit ihren Waffen im Gebüsch auf die Lauer.

Hinterhalt in Béal na Bláth

Sie warteten den gesamten Tag, bis Collins’ Kolonne am Abend tatsächlich wieder auf die kleine Ortschaft zurollte. Sobald der Knovoi zum Stehen kam und die ersten Schüsse fielen, wies einer von Collins’ Männern die Fahrer an aufs Gas zu treten, die Straßensperre zu durchbrechen und zu fliehen. Doch Collins wollte gegen die Schützen kämpfen. Er sprang aus seinem offenen Fahrzeug und begann in Begleitung seiner Männer das Gegenfeuer.

Beim Nachladen wurde er Berichten zufolge von einer Kugel direkt in den Kopf getroffen. Der mutmaßliche Schütze, Denis „Sonny“ O’Neill, war vor seiner Mitgliedschaft bei der IRA als Scharfschütze in der britischen Armee tätig. Collins verstarb noch vor Ort und wurde von seinen Männern in das Shanakiel Hospital nach Cork gebracht. Kurze Zeit später überführte man seine Leiche per Schiff nach Dublin, wo man ihn – wie viele andere bedeutende Iren – auf dem Glasnevin Friedhof beerdigte.

Michael Collins wurde nur 31 Jahre alt. Der letzte Eintrag in seinem Notizbuch lautete „The people are splendid“ und bezog sich auf die Menschen, denen er während seiner Tour durch West Cork begegnet war. Collins hinterließ seine Verlobte Kitty Kiernan. Kitty heiratete drei Jahre nach Michaels Tod den ehemaligen IRA-Kämpfer Felix Cronin. Ihr jüngster Sohn hieß Michael Collins Cronin.

Wer war für den Tod von Michael Collins verantwortlich?

Bis heute gibt es unzählige Mutmaßungen, ob sich die Ereignisse des Hinterhalts wirklich so abgespielt haben. Der Hauptgrund dafür sind fehlende unbeteiligte Zeugen. Außer der beiden gegnerischen Gruppen war niemand sonst vor Ort.

Eine Vielzahl von Historikern hat versucht das Rätsel um den Hinterhalt zu lösen. Zu den gängigen Theorien gehört beispielsweise, dass der Hinterhalt von De Valera inszeniert wurde. Dieser hatte erkannt, dass Collins durch sein Charisma und seine strategische Denkweise ein ideales Staatsoberhaupt war. Eine Rolle, die De Valera jedoch wieder für sich haben wollte.

Andere Geschichtsforscher glauben, dass Collins von seinen eigenen Leuten erschossen wurde, die sich heimlich für die Gegenseite agierten. Manche gehen davon aus, dass die Briten hinter dem Attentat steckten. Die Engländer fürchteten den aufkeimenden inneririschen Frieden, den Collins anstrebte. Immerhin war ein friedliches Irland eine weitaus größere Bedrohung. Gewissheit wird es in dieser Frage jedoch wohl nie geben.

Michael Collins ein Ire, wie kein anderer

Egal, wer für seinen Tod verantwortlich war, Michael Collins wurde im Alter von nur 31 Jahren viel zu früh aus dem Leben gerissen. Er war sich jedoch der Risiken, die sein Handeln mit sich brachten stets bewusst und stellte sich seiner Verantwortung trotzdem. Ohne seinen Mut, seine Leidenschaft und nicht zuletzt seine Liebe für Irland, wäre die Geschichte der Grünen Insel eine ganz andere!

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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