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Tullamore: So viel mehr als nur Whiskey

Tullamore Grand Canal
Written by Neil Saad

Ein Ortsname, den viele Menschen kennen, selbst wenn sie noch nie in Irland waren, ist Tullamore. Der Ort im County Offaly rühmt sich mit seinem bedeutenden Part in der irischen Whiskey-Geschichte. Noch heute zählt das goldene Wasser des Lebens von dort zu den beliebtesten Marken weltweit. Jedoch wer die kleine Stadt besucht, stellt schnell fest, dass es dort mehr zu sehen und zu entdecken gibt als nur den leckeren Whiskey.

Tullamore im County Offaly

Während die irischen Küsten schroff und rau sind und die Gebirge auf der Grünen Insel majestätisch anmuten, durchziehen die Midlands grüne Weiden. Einsame Straßen verbinden kleine Städte und winzige Orte. Hierbei liegt Tullamore im Zentrum der Midlands. Etwas mehr als eine Stunde von Dublin entfernt, befindet sich die Stadt zwischen den beiden Autobahnen M4 und M7, welche Dublin mit Galway beziehungsweise Limerick verbinden. Bevor jene Verkehrstrassen entstanden, war es die Schifffahrt, die Tullamore mit der Hauptstadt verband. Deshalb führt der Grand Canal durch die Stadt und hinterlässt einen prägenden Eindruck im Stadtbild.

Tullamore Grand Canal

Aktiv auf dem Grand Canal (Foto: Neil Saad/MyEmeraldBlog)

Die Geschichte der Stadt

Die genauen Informationen zu den Ursprüngen der Stadt Tullamore sind vage. Eine frühe Besiedlung im Mittelalter als Teil des Königreichs Meath ist dokumentiert. Jedoch geht die heutige Stadt eher auf die Ansiedlungen protestantischer Siedler Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. Damals enteignete die englische Krone irische Landbesitzer und gab deren Grundbesitz an loyale und oftmals verdiente Gefolgsleute von der Nachbarinsel. Hierbei war es das Ziel, treue Untertanen zu belohnen und die lokale Bevölkerung mit ihnen auszutauschen oder zu vermischen. Für die folgenden Jahrhunderte blieb der Ort ein ländlich geprägter Siedlungsraum in dem sich ab dem 17. Jahrhundert auf dem Charleville-Anwesen die Familie Moore als Herren von Tullamore etablierten.

Einen interessanten Platz in der Geschichte der Luftfahrt erlangte Tullamore im Jahr 1785. Am 10. Mai stürzte ein Heißluftballon über dem Ort ab. Es war der erste Unfall dieser Art, wodurch Tullamore für immer als Stätte des ersten Luftfahrtunglücks der Welt bekannt wurde. Darüber hinaus zerstörte der Unfall einen großen Teil des damaligen Ortes. Jedoch bauten die Bewohner ihre kleine Stadt wieder auf. Deshalb feiern sie noch heute das Phoenix Festival, den Tag an dem ihre Stadt aus dem Feuer wiederauferstand.

An Bedeutung nahm die Stadt im ausgehenden 18. Jahrhundert zu. Damals entstand der Grand Canal und die zunehmende Schifffahrt auf dem Wasserweg bot neue Handelsmöglichkeiten. Tullamore wuchs zu dem Herzen heran, das heute im Zentrum der irischen Midlands schlägt.

Charleville Castle Tullamore

Charleville Castle nahe Tullamore, Co Offaly, ; by Photo by IrishFireside, under CC BY 2.0, Disclaimer, no changes were made

Die Tullamore Distillery: Whiskey-Geschichte aus dem Herzen der Midlands

Der neue Kanal bot ebenfalls neue Möglichkeiten für die lokalen Brennereien. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand an Ort und Stelle einer kleinen Brennerei die Daly’s Distillery von Bernard Daly. Dieser nutzte den damals aufkommenden Boom der industriellen Whiskey-Produktion und die Vorteile des Transportweges vor seiner Tür für sein Brenngeschäft. Materialien kamen auf kurzem Wege nach Tullamore, sein fertiges Produkt ließ sich auf selbigen einfach verschiffen. Unter dem Manager der Brennerei, einem Daniel E. Williams, entstand die Marke Tullamore D.E.W. Heute noch weltweit bekannt.

Wie die meisten irischen Brennereien geriet die Daly’s Distillery zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Schwierigkeiten. Nach mehreren Versuchen, die Brennerei zu retten, schloss diese schließlich in 1954. Dennoch überlebte die Marke. Zunächst kaufte die Familie Powers aus Dublin, bekannt für ihren eigenen Whiskey, die Markenrechte. Diese nahm sie in den 1960er mit nach Midleton. Schließlich dort sollte neben Powers Irish Whiskey auch Tullamore D.E.W. für die nächsten Jahrzehnte produziert werden. Im Jahr 2010 erwarb der schottische Whiskey-Gigant William Grant die Rechte und brachte die Whiskey-Produktion in 2014 zurück nach Tullamore. Dort eröffnete die neue Tullamore Distillery, die heute besichtigt werden kann. Infos zu den täglichen Besichtigungstouren bietet die Webseite der Destille.

County Offaly

© Christopher Hill Photographic, Tourism Ireland

Tullamore entdecken: Sehenswürdigkeiten der Stadt

Abseits einer Tour durch die neue Brennereianlage gibt es zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten in Tullamore. Deshalb lohnt sich ein Halt in der kleinen Stadt, sei es als Tagesausflug von Dublin aus oder auf dem Weg entlang der Autobahnen M4 und M7 nach Galway und Limerick.

Ein Stadtrundgang

Geprägt ist Tullamore durch den Grand Canal. Dessen ruhiges Gewässer durchzieht den Ort und teilt ihn in zwei Hälften. Daneben fließt der Tullamore River durch den Ortskern. Beide Gewässer laden dazu ein, den kleinen Ortskern mit Muße zu erkunden. Sei es entlang des Gehwegs entlang des Kanals oder im Stadtpark südlich des Flussufers.

Eine kleine Sehenswürdigkeit im Zentrum ist die Church of the Assumption. Hierbei ist ein Blick in das Innere des Bauwerks empfehlenswert. Das mit viel Holz gestaltete Interieur wirkt warm und einladend und grenzt sich stilsicher von anderen Kirchen ab. Deutlich weiter in der Geschichte zurück reicht das Srah Castle. Die Ruine der einstigen Burganlage geht auf das späte 16. Jahrhundert zurück. Srah Castle befindet sich am westlichen Stadtausgang am Nordufer des Grand Canal. Einst über zwanzig Meter hoch erstreckten sich die vier Etagen der Burg. Heute liegt diese in Ruinen inmitten einer Weide. Dennoch lässt sich der Ruhm vergangener Tage durchaus erahnen.

Tullamore Church

Church of the Assumption in Tullamore (Foto: Neil Saad/My Emerald Blog)

Imposanter ist das Charleville Castle, ein kurzes Stück außerhalb der Stadt. Das Bauwerk im gotischen Architekturstil geht auf das Jahr 1641 zurück. Einst war es die Heimat der Familie Moore und des Lord Tullamore. Über die Jahrhunderte veränderten sich die Besitzverhältnisse und auch das Charleville Castle selbst unterlag zahlreicher Änderungen und Erweiterungen. Heute ist es im Sommer für die Öffentlichkeit geöffnet. Mehrmals täglich finden geführte Besichtigungen statt. Dabei erwarten Besucher nicht nur historische Details. Charleville Castle gilt als ein Spukhaus, in dem die Geister Verstorbener umhergehen.

Die Tullamore Show

Jeden zweiten Sonntag im August findet die Tullamore Show statt. Hierbei handelt es sich um eine Landwirtschaftsausstellung bei der es mittlerweile längst nicht mehr nur um das Vorzeigen und Handeln mit Vieh und landwirtschaftlichen Produkten geht. Zwar stehen auch heute die Wettbewerbe, bei denen die Landwirte ihre besten Rinder und Pferde gegeneinander antreten lassen, im Vordergrund. Jedoch entstand seit der ersten Show in 1840 eine moderne Ausstellung mit umfassenden Kultur- und buntem Rahmenprogramm. Somit ist die Tullamore Show nicht nur für Landwirte aus den Midlands interessant, sondern auch ein toller Tag für alle anderen Besucher. Alle Details zum Programm, Tickets und den geschichtlichen Hintergründen bietet die Webseite des Festivals.

Sehenswürdigkeiten rund um Tullamore

Außerhalb von Tullamore gibt es verschiedene Ausflugsziele, die auf einer Tagestour rund um die Stadt besichtigt werden können. Dazu gehört der kleine Ort Durrow in dem die Ruinen der Durrow Abbey stehen. Teil der mittelalterlichen Abtei ist das Durrow High Cross, ein wichtiges Exemplar der irischen Hochkreuze. Es heißt, der Heilige Colomba gründete die Abtei, die ebenfalls Bekanntheit durch das Book of Durrow erlangte. Ähnlich dem berühmten Book of Kells, ist dieses ein von Mönchen kunstvoll und farbenfroh gestaltetes Kirchenbuch. Es ist Teil der Ausstellung im Trinity College in Dublin. Die Durrow Abbey befindet sich lediglich zehn Minuten von Tullamore entfernt.

Ebenfalls zehn Minuten außerhalb steht eine weitere Burgruine. Wie das nahegelegene Srah Castle stammt das Ballycowan Castle aus dem späten 16. Jahrhundert. Interessante Bauteile sind die Schornsteine, die wie Fabrikschlote in die Höhe ragen. Hierdurch hat die Ruine des Ballycowan Castle ein deutlich Baumerkmal, welches schon aus der Ferne charakteristisch wirkt.

Von Ballycowan ist es nur eine kurze Strecke bis zu einer Ansammlung von mittelalterlichen Kirchen, die ein altes Turmhaus umgeben. Während die Gebäude in der Rahan Klostersiedlung über die Jahrhunderte entstanden und schließlich verfielen, gehen die frühesten Siedlungsdokumente bis in das 5. Jahrhundert zurück. Durchaus altehrwürdig und ein schönes Ausflugsziel bei Tullamore.

Tullamore im County Offaly

Tullamore befindet sich im Herzen der Grafschaft Offaly. Diese bietet weitere Sehenswürdigkeiten, die zum ausgiebigen Erkunden einladen. In unserem Artikel über das County Offaly finden sich weitere Tipps für die nächste Reiseplanung.

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Über den Autor

Neil Saad

Bereits seit 2009 bereiste ich Irland mehrmals im Jahr und zu jeder Jahreszeit. Im Herbst 2021 zog ich schließlich auf die Grüne Insel und lebe seit dem im Kingdom of Kerry. Besonders das Wandern in Irland hat es mir hier angetan und so erkunde ich zu Fuß die irischen Gebirge und Wanderwege. Aber auch auf klassischen Road Trips liebe ich es, das Land immer wieder neu zu entdecken. Dabei bevorzuge ich das Prinzip des Slow Travel, denn gerade in Irland ist weniger ganz oft so viel mehr. Mit der Liebe zur grünen Insel kam auch der Wunsch, über Land und Leute zu schreiben und möglichst viele Menschen daran teilhaben zu lassen.

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