Filigrane Blüten, die sich um farbenfrohe Himmelsboten ranken, Früchte in schillernden Farben, keltische Muster und Furcht einflößende Löwen, die vor den neugierigen Augen des Betrachters scheinbar zum Leben erwachen. Sie alle umgeben die kunstvoll gestalteten Letter, die auf 185 Kälberhäuten die Geschichten des Neuen Testaments erzählen. Das Werk stammt aus dem 8. Jahrhundert nach Christus und hat in den ehrwürdigen alten Gemäuern des Dubliner Trinity College seine vorerst letzte Heimat gefunden. Hinter sich hat es eine abenteuerliche Reise, die vor langer Zeit an der schottischen Westküste begann. Wir erzählen die Geschichte dieses einzigartigen Kunstwerks, das noch heute zahllose Menschen in seinen Bann zieht, die Geschichte des Book of Kells.
Inhaltsverzeichnis
Die abenteuerliche Geschichte des Book of Kells
Es waren schottische Mönche, die im 8. Jahrhundert nach Christus das Wirken von Jesus und seinen Jüngern auf feinen, bleich gegerbten Kälberhäuten festhielten. Man nimmt an, dass es Mönche waren, die auf der kleinen Insel Iona vor der Westküste Schottlands siedelten und das Kloster St. Columba bewirtschafteten. Immer wieder wurden die Inseln und auch die Klöster zur damaligen Zeit von Wikingern heimgesucht, die auf Kirchenschätze aus waren. Auch auf Iona schlugen sie zu und brachten viele der Mönche um. Einige jedoch konnten nach Irland, genauer nach Kells, fliehen – mit ihrem kostbarsten Schatz im Gepäck: Dem Book of Kells. Es ist strittig, ob die Mönche das Buch noch auf Iona fertigstellten oder dann in ihrer neuen Heimat Irland. Vieles deutet darauf hin, dass die Arbeit an diesem Meisterwerk unterbrochen werden musste, denn Unterschiede in der Federführung lassen auf verschiedene Schreiber und Illustratoren schließen.
In Irland war es die Abtei in Kells in der Grafschaft Meath unweit von Dublin, die den geflohenen Mönchen Schutz bot. Nicht jedoch dem kostbaren Buch. Denn dieses wurde im Jahr 1006 aus den Klostermauern geraubt. Der Dieb wurde niemals gestellt, aber die einzelnen Buchseiten fand man, einige Monate später wieder. Nicht jedoch den wertvollen goldenen Einband. Dieser ist bis heute verschollen. Sicher aufbewahrt verblieben die Buchseiten bis 1654 in Kells. Dann brachte man das kostbare Buch in den Mauern des Trinity College vor den anrückenden Truppen Oliver Cromwells in Sicherheit. Dort liegt es noch heute.
Der Zauber des Book of Kells
Die Magie des Book of Kells, fängt bis heute seine Betrachter ein, die das Trinity College besuchen, um die ausgestellten Buchseiten zu bewundern. Vielleicht sind es die strahlenden Farbtöne und der Farbenreichtum aus Indigo, Purpur oder schimmerndem Grün, die den Buchseiten ein eigenes Leben einhauchen. Vielleicht ist es die Liebe zum Detail der Mönche, die das Auge immer wieder Neues, Unbekanntes entdecken lässt und die dieses Buch zu etwas so Besonderem macht. Bis auf zwei der insgesamt 2.000 Seiten sind alle mit feinsten Malereien verziert.
Jedenfalls hat das Book of Kells seinen Zauber bis heute über die Jahrhunderte in keinster Weise eingebüßt. Ein römische Historiker im 12. Jahrhundert weiß über das Buch zu schwärmen: „Schaust du ganz genau hin und dringst mit den Augen in die Geheimnisse der Kunstfertigkeit ein, dann entdeckst du Feinheiten so zierlich und zart, so eng beisammen und ineinander verwoben, so verschlungen und zusammengerankt und so frisch noch in der Färbung, dass du nicht zögerst zu erklären, dass all diese Dinge nicht das Werk von Menschen, sondern nur von Engeln sein können.“
Das Book of Kells besichtigen
Sein vorerst letztes Zuhause hat das Book of Kells im Long Room des Dubliner Trinity College gefunden. Zwischen hohen, dunklen Bücherregalen mit alten, vergilbten Bücherrücken, hat das Book of Kells eine würdige Umgebung gefunden. Jedes Jahr zieht das Book of Kells Millionen von Besuchern an, die teils in langen Schlangen vor dem Eingang warten. Es ist ratsam, die Tickets für einen Besuch online zu erstehen. Wer es dann ins Innere des Museums geschafft hat, wird mit einem Blick auf die zwei ausgestellten Buchseiten belohnt und erfährt viel Spannendes über die Hintergründe des Buches.
Ein kleiner Tipp: Es gibt einen wunderschön gestalteten Zeichentrickfilm über die Geschichte des Book of Kells, der aus der Feder des mehrmals preisgekrönten irischen Animationsstudio Cartoon Saloon stammt. Hier der Trailer:
Kommentar hinterlassen