Irland Film

The Banshees of Inisherin – Ein außergewöhnlicher Film über Freundschaft

THE BANSHEES OF INISHERIN
Written by Monika Dockter

Man nehme als Schauplatz eine malerische, irische Insel samt traditionsbewusster Einwohner, als Hauptdarsteller zwei Charaktere, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten und als historisches Setting den irischen Bürgerkrieg in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Diese Zutaten vermische und verknete man zu einem dichten Gemenge, lasse es eine Weile gären – und erhält als Endergebnis einen preisverdächtigen Film. So oder ähnlich könnte das „Rezept“ für  den Film des Iren Martin McDonagh gelautet haben. Er trägt den Titel The Banshees of Inisherin (Die Todesfee von Inisherin). Hier wollen wir Euch die „Zutaten“ und die Bedeutung des Films ein wenig näher bringen.

The Banshees of Inisherin: Die Freunde

Zunächst einmal zum Inhalt des Films. Es geht um zwei Freunde: den intelligenten, älteren Musiker Colm und den etwas einfältigen, jüngeren Bauern Padraig. Beide haben ihr ganzes bisheriges Leben in der engen Inselgemeinschaft von Inisherin verbracht, und ebenso lange sind sie auch schon Freunde. Sie gehen gemeinsam in den Pub, trinken miteinander und teilen gewissermaßen Freud und Leid.

Bis diese Freundschaft ganz abrupt in die Brüche geht. Buchstäblich von einem Tag auf den anderen beschließt Colm, diese zu beenden.

Colm verwehrt Padraig den Zutritt zu seinem Haus, sitzt im Pub nicht mehr neben ihm und zeigt ihm in jeder Beziehung die kalte Schulter. Padraig versteht die Welt nicht mehr, er ist am Boden zerstört. Hier ein kleiner Ausschnitt aus einem Dialog zwischen den beiden:

„Haben wir uns gestritten? Ich glaube nicht, dass wir uns gestritten haben!“
„Wir haben uns nicht gestritten! Ich mag dich nur einfach nicht mehr!“
„Klar, magst du mich.“
„Tue ich nicht.“
„Aber gestern mochtest du mich noch.“
„War das so?“
„Dachte ich eigentlich.“

Gegenüber den anderen Inselbewohnern begründet Colm seine plötzliche Abneigung so: „Es geht darum, dass ein Langweiler einem anderen seine Ruhe lässt!“

Das Ende der Freundschaft und dessen Auswirkungen auf der Insel

Doch auf einer kleinen Insel geht man einander nicht so leicht aus dem Weg. Zumal der tieftraurige Padraic auch nicht die Absicht hat, sich von seinem einstigen Freund fernzuhalten. Wie ein treues Hündchen mit großen traurigen Augen läuft er Colm hinterher.

Die Auseinandersetzungen werden immer intensiver, bis Colm Padraig schließlich droht, sich jedes Mal, wenn dieser ihn belästigt, einen seiner Finger abzutrennen – eine brutale und für einen Berufsgeiger wahrlich drastische Maßnahme. Und er macht seine Drohung tatsächlich wahr: Nach einem weiteren Streit wirft Colm einen abgeschnittenen Finger gegen dessen Haustür.

Mittlerweile ist die ganze Inselgemeinschaft aus den Fugen geraten und die stets schwarz gekleidete Inselälteste sagt den Tod von mindestens einem Inselbewohner voraus. Auch diese düstere Prophezeiung wird wahr. Ein Inselbewohner kommt zu Tode und Padraics Schwester verlässt die Insel für immer.

Schließlich eskaliert die Situation in dem von Colm verschuldeten Tod von Padraigs geliebter Eselin und  dem Brand von Colms Haus. Auf diese Weise rächt Padraic den Tod seiner Eselin. Colm erklärt, jetzt wären sie „quitt“. Doch von einer Versöhnung ist weiterhin nicht die Rede. So lebt die Fehde weiter und die Geschichte beziehungsweise der Film findet ein offenes Ende.

The Banshees of Inisherin im historischen Kontext

Wie bereits erwähnt spielt die Geschichte der Insel-Fehde in der Zeit des irischen Bürgerkriegs. Eine aktive Rolle spielt das Kriegsgeschehen auf der irischen Hauptinsel zwar nicht auf dem winzigen Inisherin, doch im Hintergrund ist es immer vorhanden. Im Pub berichtet man sich von den neuesten Ausbrüchen der Gewalt und zuweilen ist das Donnern der Geschütze auch auf dem abgelegenen Inselchen zu hören.

Und während im Bürgerkrieg ein Nachbar, ein Bruder, gegen den andern kämpft, wächst sich auch die Auseinandersetzung zwischen den beiden einstigen Freunden zu einer handfesten, blutigen Fehde aus. In die unwillkürlich auch der Rest der Inselbewohner verwickelt wird. In der Enge der Insel gibt es kein Entkommen von  diesem „Bruderzwist“. Jeder Einwohner bezieht auf seine Weise Stellung dazu, und nach dem Ende der gewalttätigen Auseinandersetzung lebt die Inselgemeinschaft weiterhin mit deren Folgen. Die ausgebrannte Ruine von Colms Haus ist davon vielleicht noch die harmloseste …

Die Hauptdarsteller des Films

Der Kinostreifen The Banshees of Inisherin lebt unter anderem von der herausragenden Leistung seiner Hauptdarsteller. Colin Farrell als Padraic gewann damit mehrere Film-Awards als bester Hauptdarsteller und wurde als solcher auch für die Oscar-Verleihung 2023 nominiert.

Raph_PH, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Laut einer Kritik spielt Farrell den Bauern Padraic „dümmlich, aber nicht dumm“. Der Farmer ist ein argloser, naiver, eher schlichter als intellektueller Mensch, der seine Zwerg-Eselin über alles liebt und stundenlang sogar über ihre Ausscheidungen sprechen kann. Colms Entscheidung, ihre Freundschaft grundlos zu beenden, geht einfach über Padraigs begrenztes Weltverständnis und seine treue Seele hinaus – was sich in Farrells gesamter Darstellung spiegelt. Allein das Spiel seiner Augenbrauen geht dem Zuschauer direkt ins Herz.

Ebenso brillant spielt Brendan Gleeson den Musiker Colm. Auch er gewann mit seiner Darstellung mehrere Awards und wurde für den Oskar als bester Nebendarsteller nominiert. Sein stoischer Gleichmut und seine lakonischen Bemerkungen als Colm sind unübertroffen.

Die Schauplätze in The Banshees of Inisherin

Genau wie die Darsteller spielen auch die verschiedenen Schauplätze beziehungsweise Drehorte eine entscheidende Rolle für die Qualität des Films.

Die Insel Inisherin ist fiktiv. Ihre einmal eher malerische, ein andermal atemberaubend-dramatische Darstellung entstand dadurch, dass an mehreren unterschiedlichen Orten gedreht wurde. Hauptsächlich auf Achill Island im County Mayo, aber auch  auf der Aran Insel Inishmore im County Galway.

Aran Islands

Inishmore, Aran Islands, Irland © Tourism Ireland

Keem Bay auf Achill-Island beispielsweise zählt zu den schönsten Stränden Irlands. Exakt hier befindet sich im Film das Haus des Musikers Colm und dort spielt auch die Schlussszene.

Keem Beach Achill Island

Keem Beach – die versteckte Bucht im Westen von Achill Island. (Foto: Yvonne Treptow-Saad)

Entlang der Südküste von Achill Island schlängelt sich der Atlantic Drive. Auch dieser spektakuläre Küstenabschnitt wurde zum Filmschauplatz. Hier spaziert Padraic mit seinem Zwergesel Jenny, der ihm wie ein Hund hinterher läuft.

Cloghmore, ebenfalls an Achills Südküste, wurde zum Standort des fiktiven Film-Pubs, bei den weißen Klippen von Ashleam-Bay spielen weitere dramatische Filmszenen.

Etliche Landschaftsaufnahmen stammen aber wie erwähnt von Inishmore. Und hier insbesondere von der rauen Karstlandschaft, die für die Aran-Inseln so charakteristisch ist.

Am schönsten ist es natürlich, diese Orte tatsächlich zu besuchen, sich den rauen Wind um die Nase wehen zu lassen, dem Kreischen der Möwen zu lauschen und das Salz auf den Lippen zu schmecken! Doch selbst wenn Euch das momentan nicht möglich ist, könnt Ihr mithilfe des Films zumindest die schönen Bilder genießen…

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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