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Geschichte von Cork: Historische Universitätsstadt in Irland

Geschichte von Cork
Written by Nadja Uebach

Eine frische salzige Brise weht durch Corks breite Straßen und enge Gassen, Menschen bummeln gemütlich zwischen Pubs, Läden und Cafés und an der Ecke sorgt ein Mann mit seiner Gitarre für Unterhaltung. Man könnte meinen die Stadt an Irlands Südküste, sei wie jede andere – doch damit könnte man sich nicht mehr täuschen. In der zweitgrößten Stadt der Republik Irlands ist vieles anders. Der eigene Akzent, die Offenheit der Leute, der unvergleichliche Humor und eine unverkennbare Atmosphäre machen Cork (besonders in den Augen seiner Einwohner) zur heimlichen Hauptstadt der Grünen Insel. So einmalig wie die Stadt selbst ist auch ihre Entstehungsgeschichte. Von seiner günstigen Lage für Mönche und Wikinger, über eine umzingelte Hochburg der Engländer und maritimes Handelszentrum der Südküste, bis hin zur modernen Metropole des 21. Jahrhunderts. Die Geschichte von Cork ist bewegt und einzigartig!

Geschichte von Cork: Am Anfang stand ein Heiliger

Die Ursprünge der Stadt Cork liegen nicht etwa an ihrem heutigen Standort, sondern etwas 65 Kilometer westlich in den Sheehy Mountains an der Grenze zur Grafschaft Kerry. An jenem Ort etablierte der heilige Finbarr zunächst seine berühmte kleine Klosteranlage auf der Insel eines Sees in Gougane Barra. Unweit von der Quelle des River Lee entfernt, entschloss sich St. Finbarr zu Beginn des 7. Jahrhunderts schließlich dazu, dem Flusslauf in den Westen zu folgen. Dort angekommen gründete er eine weitere, größere Abtei am Ufer des Lee, wenige Kilometer, bevor der Fluss in die Irische See mündet. Heutzutage erinnert die imposante Staint Fin Barre’s Cathedral an das ehemalige Kloster.

Über die nächsten dreihundert Jahre entwickelte sich Finbarrs Klosteranlage zu einem wichtigen Glaubenszentrum der Region. Bis die Wikinger in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts an die Südküste Irlands kamen. Zunächst hatten es die Männer aus dem Norden lediglich auf die Schätze der Geistlichen abgesehen. Das Kloster wurde überfallen und geplündert, wobei viele der dort ansässigen Mönche starben.

Die Wikinger als Gründungsväter der heutigen Stadt

Wenige Jahre später entdeckten die Wikinger die Grüne Insel allerdings auf andere Weise. Sie war nicht länger nur ein lohnenswerter Ort für Plünderungen, sondern schien dem nordeuropäischen Volk zudem ein idealer Standort zu sein, um sich niederzulassen. Die irischen Annalen erwähnen eine Wikingersiedlung, die im Jahr 865 bereits auf der Insel im River Lee existierte. Dem sumpfigen Boden dieser Insel verdankt die Stadt ihren Namen. Cork ist das anglisierte Wort für das irische Corcaigh, was Sumpf bedeutet.

Archäologen vermuten, dass die Wikinger ab diesem Zeitpunkt relativ friedlich mit den Mönchen der Klosteranlage Seite an Seite lebten. Die Überreste von Häusern, Bohlenwegen und Gegenständen, die man bei Ausgrabung fand, deuten darauf hin, dass sich die Wikinger erfolgreich in die irische Kultur integriert hatten. Man geht davon aus, dass die Nordmänner zu Beginn des 12. Jahrhunderts Irisch sprachen und sich dem christlichen Glauben verschrieben hatten. Doch mit der Invasion der Engländer gerieten auch die Siedlungen der sogenannten Hiberno-Wikinger in Gefahr. 1173 gelang es den Engländern, die Einwohner Corks in einer Seeschlacht zu besiegen und den Ort für sich zu beanspruchen.

Die Rolle Englands in der Geschichte von Cork

English Market in Cork

English Market in Cork © Tourism Ireland

Sobald Cork in englischer Hand lag und 1185 das Stadtrecht verliehen bekam, beorderte die Krone, eine Mauer um die Stadt zu errichten. In den darauffolgenden Jahrhunderten war Cork ein Stützpunkt der Engländer inmitten der irischen Bevölkerung. Da die Stadt im Süden Irlands so weit von der englischen Hochburg in Dublin entfernt und geradezu von Iren umzingelt war, konnten die Einwohner ihre Sicherheit lediglich durch das Zahlen von Schutzgeldern garantieren. Die sogenannte ‚Black Rent‘ floss zu den umliegenden irischen Landbesitzern. Durch den florierenden internationalen Handel hatten die ansässigen Corker Familien jedoch keine Probleme, diese Gelder zu entrichten.

Im Mittelalter lebten bis zu 2.000 Menschen hinter den Mauern der Insel im River Lee. Schätzungen zufolge wurde diese Anzahl im Jahr 1349 von der Pest halbiert. Knapp 150 Jahre später erhielt Cork ihren bis heute bekannten Spitzname ‚Rebel City‘, als sich einige seiner einflussreichsten Einwohner dem gescheiterten Sturzversuch von Henry VII angeschlossen hatten und dafür mit ihrem Leben bezahlten. Bei den Engländern galt Cork jedoch weiterhin als isolierter Außenposten. Berichte aus dieser Zeit lassen vermuten, dass die dort lebenden englischen Familien die Stadt kaum verlassen hatten und es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den irischen Nachbarn kam.

Religionskrieg in der Rebel-City

Die isolierte Lage Corks änderte sich erst, als es dem englischen Hause Tudor in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelang, die gesamte Grüne Insel unter die Herrschaft der englischen Krone zu bringen. Immer mehr englische Siedler ließen sich in der Provinz Munster und dem Rest des Landes nieder. Dadurch sollte eine Reformierung des katholischen Irlands erleichtert werden. In ländlichen Gegenden brachen unzählige Gefechte aus, woraufhin viele Iren nach Cork flüchteten, um diesen Auseinandersetzungen zu entgehen. Die Straßen der Stadt warteten jedoch mit Armut und einem weiteren Ausbruch der Pest auf die Flüchtlinge.

Von Beginn des 17. Jahrhunderts an, machte die Stadt an der Südküste ihrem rebellischen Spitznamen erneut alle Ehre. Zunächst schlossen sich die Einwohner Corks mit Iren in Waterford und Limerick zusammen, um 1603 gegen die protestantischen Engländer vorzugehen. Nach geringen Erfolgen nahm Lord Mountjoy die Anführer fest und zerschlug den Aufstand.

Während der Rebellion im Jahr 1641 fiel Cork erneut gänzlich in die Hand der Krone, nachdem englische Protestanten nach Ausbruch des Aufstands in der Stadt Schutz suchten. Drei Jahre später verbannte man die letzten Katholiken aus der Stadt, was Cork zu einen komplett protestantischen Gebiet machte. Mit der Ankunft von Oliver Cromwell begannen einige besonders bewegte Jahre, in denen Cork sich abwechselnd auf katholischer und protestantischer Seite fand. Erst 1690 gelang es der Armee unter dem Kommando des Duke of Marlborough, die Stadt zu erobern und sie wieder fest unter protestantische Kontrolle zu bringen. Während dieser Schlacht wurde die Stadtmauer Corks beinahe vollständig zerstört.

Geschichte von Cork: Von Hugenotten und Hungersnot

Im 18. Jahrhundert wird Cork erneut zum Zufluchtsort für Glaubensflüchtlinge. Diesmal jedoch nicht aus den eigenen Reihen, sondern aus Frankreich. Die französischen Protestanten – die sogenannten Hugenotten – traten die Schiffsreise nach Irland an, um der Religionsverfolgung durch Louis XIV zu entkommen. Mehrere hundert protestantische Franzosen ließen sich in Cork nieder. Ihre Einflüsse sind auch heute noch im Hugenotten Viertel der irischen Stadt sichtbar. Zudem stammen einige beeindruckende Gebäude aus diesem Jahrhundert, wie beispielsweise die ikonische St. Annes Kirche mit ihrem berühmten Glockenturm.

Geschichte von Cork

St. Annes Kirche © Brian Morrison, Tourism Ireland

Der Aufschwung vor der Hungersnot

Schon bald erlebte der Handel in Cork einen enormen Aufschwung, der überwiegend dem Export von Butter und Bier geschuldet war. Damit einher gingen der Ausbau der Infrastruktur und ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum in der Stadt. Als Irland 1845 von einer mehrjährigen Kartoffelfäule in eine Hungersnot gestürzt wurde, wuchs die Einwohnerzahl der südirischen Stadt aufgrund unzähliger Armutsflüchtlinge auf bis zu 80.000 Menschen. Allerdings gingen diese Zahlen infolge von Hungertoten und Auswanderungen in den Jahren der Hungersnot extrem zurück.

Das 19. Jahrhundert war jedoch nicht nur von Armut geprägt. So lief beispielsweise die Tageszeitung Cork Examiner – heute bekannte unter dem Namen Irish Examiner – im Jahr 1841 zum ersten Mal von der Druckpresse. Acht Jahre später schloss man Cork an das wachsende irische Schienennetzwerk an und erklärte die Stadt mit der Eröffnung des University College Cork zur Universitätsstadt. Die Einflüsse der viktorianischen Epoche sind heute noch überall in der Innenstadt sichtbar. Besonders beschauliche Bauwerke aus dieser Zeit befinden sich zum Beispiel in der South Mall sowie entlang des Flussufers rund um Camden Place.

Kriegsjahre einer südirischen Stadt

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts brachte vor allem Krieg – über die gesamte Welt und über Cork. Nachdem der Erste Weltkrieg 1914 ausgebrochen war, konzentrierten sich die Iren darauf, in den Unruhen des Krieges die Unabhängigkeit von England zu erlangen.

Den Auftakt dieser Rebellion markiert der Osteraufstand in Dublin im Jahr 1916, an dem bis zu 1.000 Unabhängigkeitskämpfer aus Cork teilnahmen. Obwohl der Aufstand zunächst von den Engländern zerschlagen werden konnte, ließen sich die Iren nicht beirren. Die darauffolgenden Jahre waren gezeichnet von Anschlägen und Kämpfen, die auch an der südirischen Stadt nicht spurlos vorbeigingen. Insbesondere die Machenschaften der berüchtigten englischen Kampftruppe ‚Balck & Tans‘ zeichneten die Geschichte von Cork. Neben der Ermordung des Stadtbürgermeisters Thomas Mac Curtain, setzten die Black & Tans im Dezember 1920 die gesamte Innenstadt Corks in Brand. Die Flammen zerstörten rund 300 Gebäude und ganze Straßenzüge lagen in Schutt und Asche. Erst als im Juli des Folgejahres ein Waffenstillstand erreicht wurde, kamen Cork und seine Einwohner wieder zur Ruhe, die jedoch nicht von Dauer war.

Der Rückzug der englischen Truppen nach der Unterzeichnung des Anglo-Irischen Vertrags läutete im Sommer 1922 den Irischen Bürgerkrieg ein. Cork wurde erneut Schauplatz zahlreicher Anschläge und blutiger Auseinandersetzungen zwischen Vertragsgegnern und -befürwortern. Schon wenige Monate später gelang es jedoch der Armee des neuen irischen Freistaats, die Stadt einzunehmen. Die Kämpfe verlagerten sich daraufhin auf Gegenden außerhalb der Stadtgrenze, bis 1923 schließlich ein Waffenstillstand erreicht werden konnte.

Geschichte von Cork: Damals und heute eine Stadt mit Charakter

Nach dem Bürgerkrieg erlebte Cork zunächst einen erneuten Aufschwung und wurde offizielle als die zweitgrößte Stadt der Republik Irland anerkannt. Das Stadtgebiet weitete sich aus und umschließt heutzutage viele ehemalige Vororte, wie beispielsweise Bishopstown, Mahon und Rochestown. In den 80er Jahren resultierten die Schließungen unzähliger industrieller Betriebe der Stadt in einer hohen Arbeitslosenquote, die sich jedoch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts durch den Celtic Tiger wieder stabilisieren konnte.

Nach der Wirtschaftskrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts floriert Cork mittlerweile als Universitäts- und Technologiestadt und erfreut sich seit der Ernennung zur europäischen Kulturhauptstadt im Jahr 2005 über immer mehr Besucher aus aller Welt.

Durch all den Wandel der Jahrhunderte, während der Kämpfe, Machtwechsel, Seuchen und Hungersnöte, hat sich Cork jedoch eines bewahrt – Charakter. Ein Charakter, der die Engländer schon im 12. Jahrhundert dazu brachte, die ‚Corkonians‘ als rebellisch zu bezeichnen und der heute dafür sorgt, dass Cork so ist, wie es eben ist. Anders, irisch und liebenswert!

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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