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Die Blennerville Windmühle auf der Dingle-Halbinsel

Dingle Way Blennerville Windmill Windmühle
Written by Neil Saad

Sie ist Markenzeichen und ein bekanntes Foto-Motiv aus der Grafschaft Kerry: die Blennerville Windmühle. Ihre weiß gestrichenen Außenwände heben sich bei schönem Wetter kontrastvoll vor dem Blau des Himmels über der Tralee Bay ab. In einiger Entfernung formen die Bergkuppen der Slieve Mish Mountains einen beinahe künstlerischen Hintergrund. Davor spülen die ewigen Gezeiten des Atlantiks das salzige Meerwasser an ihre festen Fundamente. Wer auf seiner Rundreise von Tralee aus auf die Dingle-Halbinsel fährt, der passiert zwangsläufig die historische Windmühle im kleinen Vorort Blennerville. Hierbei lohnt sich der Zwischenhalt um einmal in die Geschichte und die Gegenwart einer der wenigen Windmühlen Irlands einzutauchen.

Blennerville und die Tralee Bay auf der Dingle-Halbinsel

Der kleine Ort Blennerville befindet sich wenige Kilometer außerhalb von Tralee im bei Irland-Reisenden beliebten County Kerry. Den Ort und die Stadt verbindet eine Hauptstraße sowie der Fluss Lee und dessen Seitenkanal samt Fußweg. Fluss und Kanal münden bei Blennerville in die Tralee Bay, der Bucht nördlich der Dingle-Halbinsel. Somit ist der kleine Ort am Kopf der Bucht das Tor zur Halbinsel.

Hier, wo eine Vielzahl an Meeresvögeln beheimatet ist und bei Ebbe das Wattenmeer nach Muscheln und Krebsen durchkämmt, steht seit dem frühen 19. Jahrhundert die Blennerville Windmühle. Unmittelbar an der Bucht gelegen, hatte sie einst eine hohe Bedeutung für die Wirtschaft der Region.

Die Geschichte der Blennerville Windmühle

Im ausgehenden 18. Jahrhundert baute der spätere Baron Sir Rowland Blennerhassett ein prächtiges Haus außerhalb von Tralee in unmittelbare Nähe zur Bucht. Sein Anwesen gedieh und an der alten Brücke, die den Fluss Lee am Kopf der Bucht überquerte, wuchs ein kleines Dorf. Dieses benannte Sir Blennerhassett nach seiner Familie: Blennerville. Hierbei erkannte Blennerhassett die strategisch günstige Lage „seines“ Dorfes. In den nächsten Jahrzehnten sollte der Ort an der Tralee Bay zum Hafenort und einem wichtigen Handelsplatz werden. Ein wichtiger Schritt dahin war die Errichtung einer Windmühle im Jahr 1800. Dahinter steckte die Idee, das Korn der Region zu mahlen und das Mehl nach Tralee, aber auch per Schiff in andere Regionen zu liefern.

Windmühlen in Irland

Die Schlussfolgerung, dass die Grüne Insel ein ausgezeichneter Standort für Windmühlen ist, liegt nahe. Wem schon einmal der kräftige Westwind um die Nase pfiff, der weiß: Wind ist in Irland eine Naturgewalt. Und seine Kraft lässt sich in Windmühlen in nützliche Leistung umsetzen. Tatsächlich waren im 18. und 19. Jahrhundert eine Reihe von irischen Windmühlen im Betrieb. Sie mahlten nicht nur das Getreide lokaler Bauern zu Mehl für die Bäckereien. Insbesondere im Großraum Dublin waren sie auch von Bedeutung für die zahlreichen Brauereien und Brennereien. Heute bekannt sind vor allem die St. Patrick’s Windmill der einstigen Roe’s Distillery auf dem heutigen Gelände der Guinness-Brauerei in Dublin und die Windmühlen in Skerries in Nord-Dublin. Die Blennerville Windmill an der Tralee Bay ist die westlichste Windmühle in Irland. Und heute das am besten anhaltendste Exemplar.

Blennerville WIndmühle

Die Flügel der imposanten Mühle im Wind (Foto: Neil Saad/ MyEmeraldBlog)

Die Blennerville Windmühle im frühen 19. Jahrhundert

Die Blennerville Windmühle baute Blennerhassett großzügig. Mit 21 Metern Höhe und vier hölzernen Flügeln mit über 18 Metern Länge war sie ein kraftvolles Werkzeug ihrer Zeit. Hierbei ist ihr Kopf rotierend. Dadurch lässt sich die Windmühle bei veränderter Windrichtung neu ausrichten. Zudem sind die Flügel mit Stoff bespannbar. Dieser fängt mehr Wind und treibt die Mühle so schneller an. Jedoch versteckte sich hierin auch viel Potential für Unfälle. Deshalb muss die Mühle noch heute bei zu starkem Wind der Spannstoff entfernt und die Mühle manuell gestoppt werden.

Insgesamt unterteilte sich das turmartige Mühlengebäude in fünf Stockwerke. Davon die meisten dienten zur Lagerung von Getreide, dem fertigen Mehl. Ganz oben im Kopf der Mühle befindet sich die Steuerung und Bremsanlage. Die Etagen sind mit einem Lastenseil verbunden. Hierüber zogen die Müller die schweren Getreidesäcke hinauf und ließen die gefüllten Mehlsäcke hinab.

Der ursprüngliche Plan von Sir Blennerhassett ging auf. In Blennerville entstand im Windschatten der Mühle ein reger Hafenbetrieb. Dabei spielten nicht nur Produkte aus der Windmühle eine bedeutende Rolle. Dazu stieg auch das Ladevolumen anderer Güter deutlich an. Hierdurch wuchs der Ort zu dem Umschlagplatz an, den sich Blennerhassett erhoffte. Jedoch musste Blennerhassett direkt zu Beginn zunächst eine persönliche Tragödie verkraften: Seine Ehefrau Millicent starb in 1801. Ein Flügel der noch neuen Mühle traf sie unvorbereitet und mit voller Wucht.

Nichtsdestotrotz profitierte die Region von der Windmühle und dem wachsenden Hafen. Die Handelsbeziehungen bestanden in den ersten Jahrzehnten bis in die Nachbarmärkte des Vereinigten Königreichs. Waren aus Kerry, vor allem landwirtschaftliche Güter, verbreiteten sich in alle Himmelsrichtungen.

Die Jeanie Johnston und die Blennerville Windmühle

Die Tragik der irischen Geschichte ist, dass in der Mitte des 19. Jahrhunderts die große Hungersnot Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieb. Hierbei erlangte im County Kerry der Hafen von Blennerville die traurige Berühmtheit als bedeutendster Ausreiseort für Auswanderer. Das Schiff, welches hierbei die meisten Menschen aus Kerry in ein neues Leben nach Nordamerika brachte, war die Jeanie Johnston. Ihr Heimathafen in Kerry war der Hafen von Blennerville im Schatten der Windmühle. Sie darf sich damit rühmen, dass sie trotz der dramatischen Bedingungen an Bord auf ihren Überfahrten kein Menschenleben verlor.

In den späten 1990ern entstand in einer eigens dafür gebauten Warft über mehrere Jahre ein originalgetreuer Nachbau der Jeanie Johnston. Ursprünglich gedacht um in der Tralee Bay als Ausflugsschiff zu kreuzen, kam das Segelschiff letztlich auf die Liffey in Dublin. Dort steht das Replika noch heute und ist ein beliebtes Museum.

Mehr über ihre Geschichte steht in unserem Artikel über die Jeanie Johnston.

Jeanie Johnston Model Blennerville

Modell der Jeanie Johnston im Museum von Blennerville (Foto: Neil Saad/ MyEmeraldBlog)

Blennerville und Tralee: Zwei Orte im konstanten Wandel

Die große Hungersnot in Irland stellte die gesamte Grüne Insel vor riesige Herausforderungen. Die Wirtschaft litt dramatisch. Zudem ergaben sich für Blennerville und die Windmühle bereits zuvor zusätzliche Probleme. Aufgrund zunehmender Versandung der Bucht und der Flussmündung des Fluss Lee litt die Transportverbindung zwischen dem Hafenort und der Stadt Tralee. Deshalb baute man in den 1830ern, zehn Jahre nach dem Tode Blennerhassetts, den Seitenkanal. Hierdurch verbesserte sich der Warentransport zwischen Tralee und der Bucht wieder.

Jedoch war auch der neue Kanal nicht von Dauer. Denn auch dieser versandete schleichend. Schließlich kam es zu einer radikalen Lösung. Diese stellte im wahrsten Sinne des Wortes die Weichen für die Zukunft von Blennerville und der Windmühle. Denn in den späten 1870ern entstand ein neuer Tiefseehafen in Fenit, Zwar war dieser mit zehn Kilometern Distanz nun weiter von Tralee entfernt als zuvor Blennerville. Allerdings verband eine ebenfalls neue Bahnlinie die beiden Ort miteinander. Sowohl Blennerville als Hafen als auch der stetig weiter versandende Kanal wurden überflüssig.

Europas westlichste Bahnstrecke

Im Zuge des Ausbaus des Bahnstreckennetzes war Tralee das neue Tor zu den weiteren Regionen in Kerry. Von dort aus fuhr nicht nur die Güterzug nach Fenit, sondern das Netz verband auch die Dingle-Halbinsel mit der Stadt. Hierbei war auch Blennerville Zwischenstopp. Direkt an der Windmühle baute man eine Bahnstation. Die weiterführende Verbindung brachte Reisende bis nach Dingle. Nur der Bahnhof bei Valentia Island liegt noch weiter westlich, wodurch diese Bahnverbindung eine der westlichsten Bahnstrecken in Europa ist.

Trotz des Anschlusses an das Bahnnetz entwickelte sich keine neue Güterverbindung. Denn zusätzlich hatte die Bedeutung von Windmühlen im Allgemeinen rasant abgenommen. Im Zuge der Industrialisierung löste Dampfkraft die Windkraft ab. Gemahlen wurde fortan mit anderen Energiequellen.

Kerry Model Railway Blennerville

Im Besucherzentrum befindet sich das Kerry Model Railway Museum (Foto: Neil Saad/ MyEmeraldBlog)

Das vorläufige Ende der Blennerville Windmühle

Zum Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Blennerville Windmill keine relevante Bedeutung mehr. Sie verfiel. Beinahe 100 Jahre später erst erwarb die County-Verwaltung von Kerry das einst wichtige Gebäude. Zwischen 1984 und 1990 führte man umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen durch. Hierdurch rettete man die historische Struktur. Viel mehr noch: Die Blennerville Windmühle war wieder voll funktionsfähig. Die Möglichkeit, die Mühle fortan als Museumsmühle zu betreiben, war sichergestellt.

Die Blennerville Windmühle besuchen

Heute ist die Blennerville Windmühle ein beliebtes Museum und Ausflugsziel zwischen Tralee und der Dingle-Halbinsel. In den Frühjahrs- und Sommermonaten kann sie an mehreren Wochentagen besichtigt werden. Auf einer geführten Tour erfahren Besucher alles über ihre Geschichte und Funktionsweise. Dabei kann auch selbst beim Mahlen von Mehl Hand angelegt werden und das Mühlengebäude bis in den obersten Stock erkundet werden. Daneben beherbergt die Mühle zwei kleine Ausstellungen. Diese zeigen die Geschichte der Jeanie Johnston und geben Informationen über den Bau des Replika-Schiffs. Die zweite Ausstellung ist das Kerry Model Railway Museum. Dazu besteht vom Standort der Mühle aus eine tolle Aussicht auf die Tralee Bay sowie die Slieve Mish Mountains auf der Dingle-Halbinsel. Im Sommer ist ein kleines Café auf dem Grundstück geöffnet und bietet Erfrischungen.

Details zu den jahreszeitlichen Öffnungszeiten und Eintrittspreisen finden sich auf der Webseite.

 

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Über den Autor

Neil Saad

Bereits seit 2009 bereiste ich Irland mehrmals im Jahr und zu jeder Jahreszeit. Im Herbst 2021 zog ich schließlich auf die Grüne Insel und lebe seit dem im Kingdom of Kerry. Besonders das Wandern in Irland hat es mir hier angetan und so erkunde ich zu Fuß die irischen Gebirge und Wanderwege. Aber auch auf klassischen Road Trips liebe ich es, das Land immer wieder neu zu entdecken. Dabei bevorzuge ich das Prinzip des Slow Travel, denn gerade in Irland ist weniger ganz oft so viel mehr. Mit der Liebe zur grünen Insel kam auch der Wunsch, über Land und Leute zu schreiben und möglichst viele Menschen daran teilhaben zu lassen.

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