Kelten Irland / Frühgeschichte Irland

Beehive Huts: Bienenkorbhütten in Irland

Written by Monika Dockter

Ringforts und Hügelgräber, Burgruinen, Steinkreise und Hochkreuze – die grüne Insel ist voller steinerner Mahnmale der Vergangenheit. Seit Jahrhunderten trotzen sie Sonne und Wind,  Regen und Sturm und dem Wandel der Geschichte; und oft genug ist ihre Entstehung von Rätseln und Geheimnissen umwittert. Zu diesen standhaften Zeugen vergangener Zeiten zählen auch die sogenannten Beehive Huts. Wohl existieren diese Gebäude aus Trockenmauern mit ihrer ganz speziellen Kuppelform auf der ganzen Welt, doch gerade in Irland gibt es eine ganze Menge davon. Wie es dazu kam, welchem Zweck die Bienenkorbhütten dienten und wo genau Ihr sie finden könnt, berichten wir Euch hier.

Beehive Huts oder Clóchan als Kuppelbauten

Die irische Bezeichnung für die Steinhütten in Form eines Bienenkorbes lautet Clóchan. Dieser Name stammt von dem Begriff clóch = Stein und gibt damit bereits einen Hinweis auf die Bauweise der Hütten. Sie bestehen aus Naturstein, der, wie auch bei zahllosen Begrenzungsmauern in Irland, stets trocken zusammengefügt wird. Das heißt, beim Bau kommt weder Mörtel noch irgendein anderer „Kleber“ zum Einsatz.

Stattdessen schichtet der Baumeister die flachen Steine mit peinlichster Genauigkeit so aufeinander, dass jede Schicht ein winziges Stück nach innen versetzt wird, bis die Steine schlussendlich aufeinander treffen und auf diese Weise ein kuppelförmiges Dach bilden. Diese sogenannte Kragenbauweise macht es auch so schwierig, die Entstehung der Bienenkorbhütten zeitlich einzuordnen, weil sie in Irland seit Tausenden von Jahren genutzt wird und damit keiner speziellen Epoche zugerechnet werden kann.

Die meisten Beehive Huts sind rund, manche allerdings haben einen rechteckigen Grundriss mit einem aufgesetzten Kuppeldach. Manchmal sind auch mehrere Hütten an ihren Mauern aneinandergefügt.

Wann entstanden die irischen Beehive Huts?

Wie bereits erwähnt ist das Alter der irischen Clóchans schwer zu bestimmen. Die Kunst der Kragenbauweise wurde beispielsweise in Newgrange schon etwa 3000 Jahre vor Christus benutzt, aber ebenso noch in den 1950-er Jahren.

Verschiedene Theorien datieren ihre Entstehung dennoch irgendwo zwischen dem achten  und dem zwölften Jahrhundert. Dementsprechend wären sie im klösterlichen Umfeld als Behausungen für Mönche und Einsiedler gebaut worden. Für diese Theorie spricht, dass man sie tatsächlich meist in Klöstern vorfindet, beispielsweise auf der Insel Skellig Michael (siehe unten).

Allerdings ist auch nicht auszuschließen, dass die kegelförmigen Hütten bereits in der Eisenzeit als Wohnhäuser erbaut und genutzt wurden.

Später, nämlich bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein, nutzte die Bevölkerung sie einfach als Lagerräume und Ställe.

Die Fahan Beehive Huts in Dingle

Auf der Halbinsel Dingle im Westen Irlands liegt die heute bedeutendste Ansammlung von Bienenkorbhütten. Man nennt sie auch Caher Conor (Cathair na gConchuireach).

J. Patrick Fischer, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Einst bestand die Siedlung aus etwa 400 Bienenkorbhütten. Man vermutet, sie waren direkt aneinander gebaut und dienten jeweils einer ganzen Familie als Unterkunft. Eine Art mittelalterlicher Reihenhäuser also, um es einmal salopp auszudrücken. Eventuell stammen die Hütten aus dem 12. Jahrhundert, als die einfallenden Normannen die Einheimischen von dem fruchtbareren Land auf die abgelegene Halbinsel Dingle verdrängten.

Heute ist die stolze Zahl von 400 Beehive Huts auf einen Komplex von fünf benachbarten und von Außenmauern umgebenen Hütten geschrumpft. Auch wenn die raue Witterung der Westküste an ihren mühsam errichteten Mauern nagt, zeugen die verbliebenen alten Steine weiterhin von der Kunst ihrer mittelalterlichen Erbauer.

Ihr findet Caher Conor beziehungsweise die sehenswerten Fahan Beehive Huts an einem Hügel westlich des Ortes Dingle und direkt am Slea Head Drive.

Beehive Huts auf Skellig Michael

Ebenfalls im County Kerry, wenn auch zwölf Kilometer vor der Küste, liegen die beiden Skellig Inseln und damit die Bienenkorbhütten auf Skellig Michael als Teil der dortigen Klosteranlage.

Skellig Michael

© Tom Archer, Tourism Ireland

Gegründet wurde das Kloster vermutlich im 7. Jahrhundert nach Christus von zwölf Mönchen und einem Abt. Als Gemeinschaft von zwölf Aposteln führten sie auf der schwer zugänglichen, windumtosten, kargen Insel ein spartanisches Dasein. Die Bienenkorbhütten oberhalb der steil abfallenden Klippen dienten ihnen als Zellen zum Schlafen, das Trinkwasser stammte aus einer Zisterne und ihre Nahrung aus einem kleinen Garten, den sie auf der windabgewandten Seite der Felsen angelegt hatten. Um das Jahr 1100 verließen die Mönche ihre karge Heimat und zogen nach Ballinskelligs, und weitere 400 Jahre später wurde das Kloster zum Wallfahrtsziel. In den 1980er Jahren begann man mit der Restaurierung der klösterlichen Siedlung, und seit 1996 gehört sie zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Auch die Bienenkorbhütten selbst erlangten mittlerweile Weltruhm: In Star Wars: Die letzten Jedi dienten sie Luke Skywalker als Rückzugsort und Zuflucht.

Falls Ihr Euch das Kloster selbst ansehen wollt, erreicht Ihr die Insel von dem Örtchen Portmagee aus per Boot (Achtung: Überfahrten sind abhängig von Jahreszeit und Witterung!), und das Kloster selbst über eine in den Fels gehauene 600 Stufen hohe Treppe.

Beehive Huts auf Aran

J. E. Walkowitz, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Weiter nördlich, auf der Aran-Insel Inishmore im County Galway, findet sich eine weitere Bienenkorbhütte. Clochán na Carraige (irisch für „Steinhütte des Felsens“) gilt als die am besten erhaltene Steinhütte Irlands.

Außen ist sie oval, innen jedoch rechteckig, circa sechs Meter lang und fast drei Meter hoch. Außerdem besitzt sie gleich zwei Zugänge sowie ein kleines Fenster in Richtung Südwesten.

Vermutlich ist Clochán na Carraige deutlich jünger als die meisten anderen Beehive Huts und stammt aus dem 17. oder 18. Jahrhundert.

Beehive Huts in den Countys Sligo und Donegal

Wie auf Skellig Michael steht auch auf der Insel Inishmurray eine Bienenkorbhütte inmitten der Ruinen eines Klosters.  Die Klosteranlage Teampull Molaise  wurde im 6. Jahrhundert gegründet und wenige hundert Jahre später, im 9. Jahrhundert von Wikingern geplündert.

Heute besteht das einstige Kloster aus den Überresten einer etwa vier Meter hohen Mauer und mehrerer Kirchen. Nicht zu vergessen  aus eben jene Beehive Hut, genannt Toorybrenell Clochan.

Im Jahr 1948 verließen die letzten Bewohner von Inishmurray ihre Insel. Heute ist sie eine Vogelschutzinsel und regulär nicht mit dem Boot zu erreichen.

Auch im benachbarten County Donegal ist eine Bienenkorbhütte zu finden, nämlich oben auf den Klippen von Slieve League. Hier, wo sich zusätzlich die Überreste einer Kapelle, eine heilige Quelle und ein Kreuzstein finden, lebte einst als Einsiedler der Heilige Aed.

Die einzelne Beehive Hut auf den spektakulären und zu Europas höchsten Klippen zählenden ist auf verschiedene Arten zu erreichen. Eine genauere Beschreibung findet Ihr hier. 

Falls Ihr nun Lust bekommen habt, einmal eine solche Bienenkorbhütte zu betreten, steht auch im Irish National Heritage Park im County Wexford der Nachbau einer solchen. Sie besitzt zwar nicht das Alter einer „echten“, vermittelt aber dennoch einen guten ersten Eindruck  …

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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