Kelten Irland / Frühgeschichte Irland

Loughcrew Cairns: Historische Relikte im County Meath

Loughcrew Cairns
Written by Monika Dockter

Das County Meath an der Ostküste der Grünen Insel repräsentiert Irlands historisches Erbe wie kaum ein anderes County. So hat sich für die Region auch der Name Irelands Ancient East etabliert. Nur wenige Kilometer nördlich der Hauptstadt reiht sich hier quasi ein historisches Relikt an das andere. Angefangen beim Hill of Tara und Newgrange über das Castle Trim und die Klosteranlage Monasterboice bis hin zu den Grabanlagen der Loughcrew Cairns. Einen großartigen Überblick über die Reihe dieser Sehenswürdigkeiten findet ihr in diesem Artikel. Hier dagegen wollen wir eine davon speziell herausgreifen: Loughcrew Cairns, eine Ansammlung von mehr als 30 Hügelgräbern. Loughcrew Cairns gehört zu den bedeutendsten prähistorischen Grabanlagen in Irland, entstanden etwa 3300 Jahre vor Christus und damit noch vor den ägyptischen Pyramiden.

Entstehung der Loughcrew Cairns – eine Legende

Ähnlich alt wie die Hügelgräber selbst ist die Legende ihrer Entstehung:

Einst regierte eine böse alte Hexe über die Hügel von Loughcrew, die man bis heute auch die Sliabh na Caillíghe (The Hill of the Hag, or Witch) nennt. Der Name der Hexe selbst war Garavogue. Um ihre große Macht und Stärke zu beweisen, vollbrachte sie ein wahres Meisterstück.  Garavogue wollte drei Gipfel der Loughcrew-Hügel mit Steinen bedecken, indem sie jeweils von einem Gipfel zum nächsten hinüber sprang. Wenn ihr das gelänge, sollte sie Herrscherin über ganz Irland werden. Also füllte sie ihre Schürze mit Steinen und bedeckte den ersten Gipfel damit. Mit einem gewaltigen Satz sprang sie dann hinüber zum zweiten Gipfel und entlud auch hier eine ganze Landung Steine und Felsen. Und wieder setzte sie zum Sprung an. Hoch in die Luft und hinüber zum nächsten Gipfel sprang sie – doch diesmal verfehlte sie ihr Ziel! Garavogue stürzte zu Tode. Doch bis zu diesem Tage zeugen die mit Steingräbern gekrönten Hügel von ihrem Werk.

Bei meinen Recherchen zu der Legende stieß ich auf ein Gedicht des Schriftstellers Jonathan Swift(Gullivers Reisen), das ich Euch nicht vorenthalten möchte.

“Determined now her tomb to build,
Her ample skirt with stones she filled,
And dropped a heap on Carnmore;
Then stepped one thousand yards, to Loar,
And dropped another goodly heap;
And then with one prodigious leap
Gained Carnbeg; and on its height
Displayed the wonders of her might.

And when approached death’s awful doom,
Her chair was placed within the womb
Of hills whose tops with heather bloom.”

(Quelle: Borlase, William Copeland. The Dolmens of Ireland Their Distribution, Structural Characteristics, (…). Vol. 3. London: Chapman & Hall, 1897. 837-39.

Erste Erforschung der Loughcrew Cairns

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein fanden die prähistorischen Grabanlagen offenbar keine große Beachtung. Doch im Jahr 1863 stieß ein Mann namens Eugene A. Conwell bei einem Picknick zufällig darauf. Er konnte nicht fassen, dass die Anlagen bisher lediglich mit dem Wort „Stones“ auf Landkarten verzeichnet waren und machte sich daran, sie ernsthaft zu erforschen. Mit der Hilfe des Landbesitzers unternahm er ausgedehnte Expeditionen durch die Grabkammern.

Auch wenn diese nach heutigem Stand nicht unbedingt als wissenschaftlich gelten, fertigte er doch die ersten Karten der ausgedehnten Anlage an. Gemäß dieser Karten werden die Grabkammern noch heute alphabetisch als Cairn A, B, C usw bezeichnet.

Außerdem engagierte Conwell einen Künstler, um die zahlreichen Zeichen megalithischer Kunst, die Felsritzungen, auf den Steinen zu „kopieren“, da die Originale auf den Steinen selbst zunehmend verschwinden.

In den Jahren, die seinen Expeditionen und sorgfältigen Nachforschungen vor Ort folgten, driftete Conwell immer mehr ab ins Reich der Spekulationen, die auf den alten Legenden basierten. Tatsächlich gibt es nämlich nicht nur die eine Version der Legende der alten Hexe, sondern sehr viele, die von den unterschiedlichsten Dichtern wieder aufgegriffen wurden.

Loughcrew Cairns

© Tony Pleavin, Tourism Ireland

Die Passage Tombs von Loughcrew

Bei den Gräbern handelt es sich um ganz spezielle Hügelgräber, nämlich Passage Tombs. Das heißt, ein schmaler Durchgang, von dem zu beiden Seiten und symmetrisch angeordnet mehrere kleinere Kammern abgehen, führt zu einer kreuzförmigen Hauptkammer. Diese enthält jeweils die Asche des Verstorbenen und ist von einem Erd- und Steinhügel (Cairn) bedeckt.

Ein signifikantes Merkmal der Passage Tombs sind die Felsritzungen auf den inneren oder auch außen gelegenen Steinen der Grabkammern. Dabei handelt es sich um etwas, was wir heute als abstrakte Kunst bezeichnen. Häufig finden sich Formen wie Kreise, Spiralen, Bögen, Dreiecke, Rechtecke, Zickzacklinien sowie Blumenmotive. Dabei wurden an verschiedenen Grabanlagen auch verschiedene Motive bevorzugt. Für Newgrange (ebenfalls im County Meath) stehen zum Beispiel Spiralen, während die steinzeitlichen Künstler in Loughcrew mit Strahlen versehene Kreise bevorzugten.

Leider haben viele der Felsritzungen im Lauf der Jahrhunderte unter der Erosion gelitten, sodass manche kaum noch erkennbar sind. Außerdem haben im 19. Jahrhundert auch einige laienhafte Ausgrabungsversuche dazu beigetragen, Grabkammern wie Cairn D fast vollständig zu zerstören.

Ein Überblick über die gesamte Grabanlage

Grob zusammenfassen lassen sich die zweiunddreißig Einzelgräber in mehreren Gruppen, die jeweils einen Hügel für sich beanspruchen.

Carnbane West (An Carn Bán Thiar), eine Gruppe mit rund dreizehn Fundstellen einschließlich der Cairns G, K und L. Im Innern der Kammern von Cairn K und L findet sich jeweils ein Menhir, also ein sehr hoher, einzeln und aufrecht stehender Steinblock.

Gleichzeitig ist Cairn L das östlichste und prominenteste Grab von Carnbane West. Sein Hügel ist mit Randsteinen eingefasst und innerhalb der Kammer präsentieren zwanzig seiner Steine  geritzte Kunstwerke.

Carnbane East (An Carn Bán Thoir), umfasst zehn Cairns inklusive des gut erhaltenen „Cairn T“. Als einer der besterhaltenen Grabhügel wird er unter Punkt 5 noch einmal genauer beschrieben. Carnbane East wird auch explizit Hill of the Hag (Hexenhügel) genannt und enthält vermutlich deren Grab.

Die Grabhügel der dritten Gruppe, Patrickstown, sind fast gänzlich zerstört. Es gibt lediglich ein paar Randsteine, wo einst die Grabstellen waren, und einen einzelnen mit Malereien dekorierten Stein als Überbleibsel von Cairn X1.

Loughcrew Cairns

© Tony Pleavin, Tourism Ireland

Die bedeutendsten Monumente: Cairn T und der Stein der Hexe

Wie gesagt ist Cairn T eines der größten und am besten erhaltenen Passage Tombs der Loughcrew Cairns. Als vermutliches Grab der Hexe spielte es wohl die zentrale Rolle unter all den Grabhügeln.

Vor allem aber enthält es mit seinen Felsritzungen die schönsten Beispiele steinzeitlicher Kunst in ganz Irland. Ganze neunundzwanzig Kunstwerke finden sich in den Gängen und Kammern von Cairn T. Die erste Felsritzung findet sich sogar schon außerhalb des Grabes. Denn hier steht die größte, mit Malereien verzierte Steinmarkierung der Anlage. Man nennt den Felsen auch den Hag’s Chair, Hexenstuhl. Auf ihm soll die Hexe zu ihren Lebzeiten gesessen, und Ausschau über ihr Reich sowie den Sternenhimmel gehalten haben.

Doch das vielleicht bemerkenswerteste an Cairn T ist seine Ausrichtung nach der Sonne. Zu den beiden Terminen von Tag-und Nachtgleiche im Frühling und im Herbst erleuchtet die aufgehende Sonne das Innere des Grabhügels. Durch den Höhlengang hindurch trifft sie wie ein Scheinwerfer direkt auf die Rückwand der Grabkammer und bringt die Symbole auf dem Felsen zum Erstrahlen.

Falls Ihr dieses beeindruckende Schauspiel einmal selbst erleben möchtet, findet Ihr unter www.loughcrewmegalithiccentre.com alle notwendigen und aktuellen Informationen.

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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