Kelten Irland / Frühgeschichte Irland

Der Knocknarea und die Legende der Kriegerkönigin Maeve

Knocknarea Mountain
Written by Monika Dockter

Die Rede ist hier von Queen Maeve, der keltischen Kriegerkönigin, die möglicherweise auf dem Berg Knockneara begraben ist. Maeve gehört zu den bedeutendsten Figuren der irischen Mythologie.

Ihre Schönheit, selbst in voller Kampfesrüstung, soll so überwältigend gewesen sein, dass die Männer allein bei ihrem Anblick „schwach“ wurden. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie verloren dabei einen guten Teil ihrer kriegerischen Kräfte. Heute betrachtet man die legendäre Königin häufig als Symbol der starken, leidenschaftlichen und mutigen Frau, die sich in einer Männerwelt behaupten kann. Dass Maeve dabei oft hart, boshaft und intrigant sein konnte, brachte ihr vermutlich auch den Beinamen Eiskönigin ein.

Hier stellen wir Euch die sagenumwobene Gestalt aus dem Ulster Zyklus ein wenig genauer vor.

Die Kriegerkönigin oder auch die „Berauschende“

Im Altirischen lautete der Name der Kriegerkönigin Medb, im modernen Irisch Méabh oder Méibh. Der Name Maeve, den wir hier benutzen, ist die gebräuchliche anglisierte Form dieser Namen. Die übrigens alle dasselbe bedeuten: sie, die berauscht oder Die Berauschende. Eventuell stammt diese Bedeutung von einer alten irischen  Zeremonie bei der Amtseinführung eines Königs. Jedenfalls steht die Berauschende für Herrschaft und Souveränität.

Und, wie bereits erwähnt, berauschend war auch ihre Wirkung auf Männer im Allgemeinen. Die schöne, blonde Kriegerkönigin beherrschte ihr Land nicht nur mit ihrem Mut und ihren kriegerischen Fähigkeiten, sondern ebenso mit einem strategischen Einsatz der „Gunst ihrer Schenkel“.

Königin Maeve und ihre (Ehe-)Männer

Dementsprechend hatte sie im Lauf ihrer Herrschaft auch mehrere Ehemänner. Zuerst verheiratete ihr Vater, der Hochkönig, Maeve mit Conchobar mac Nessa, dem König von Ulster. Doch Maeve war nicht glücklich mit dieser Ehe und verließ Conchobar. Daraufhin verheiratete ihr Vater Maeves Schwester mit dem verlassenen Conchobar, was Maeve vor Eifersucht und Wut rasend  machte.

Sie ertränkte ihre schwangere Schwester, das Kind jedoch kam trotzdem lebend zur Welt. Es war ein Junge, der sein Leben lang Rache an Maeve üben wollte und sie später tatsächlich ermordete. Auch Conchobar selbst rächte sich, indem er Maeve bei einer Versammlung der Könige in Tara vergewaltigte. Damit kam es zum Krieg zwischen dem Hochkönig samt seiner Tochter Maeve, die unterdessen Königin von Connacht war, und dem König Conchobar von Ulster.

Später heiratete Maeve Eochaid Dála, betrog ihn aber mit ihrem Leibwächter Ailill mac Máta. Ihr Ehemann kam ihr auf die Spur, duellierte sich mit dem Leibwächter, fand dabei den Tod, und der ehemalige Leibwächter wurde zum neuen Ehemann und König von Connacht.

Gemeinsam bekamen Maeve und Ailill sieben Söhne.

Ein Königspaar und die Frage nach der Macht

König Ailill wurde eine ganz besondere Eigenschaft – beziehungsweise das Fehlen einer Eigenschaft – zugeschrieben. Er wurde niemals eifersüchtig, konnte gar nicht eifersüchtig werden. Die beste Voraussetzung also für eine glückliche Ehe mit der schönen Maeve. Trotzdem entbrannte eines Tages ein Streit zwischen Königin Maeve und ihrem Mann Ailill.

Es ging um die Frage, wer von ihnen beiden mehr besaß. Um die Wichtigkeit dieser Frage zu begreifen, muss man wissen, dass Besitz in ihrer Kultur quasi gleichbedeutend war mit Herrschaft. Je mehr Besitz ein Herrscher hatte, desto größer war seine Macht, desto bedeutender seine Herrschaft. Die eigentliche Frage war also: Welcher der beiden Ehepartner war der mächtigere Herrscher, die Königin von Connacht oder doch der König? Für eine so dominante, leidenschaftliche Frau wie Maeve war das eine durchaus eine entscheidende Frage!

Als die beiden sich nun gegenseitig ihre Besitztümer aufzählten, stellte sich heraus, dass Ailill seine Frau in einer einzigen Sache übertraf: Er besaß einen prächtigen Stier mit weißen Hörnern – und Maeve hatte nichts, was mit diesem vergleichbar war. Das konnte sie unmöglich auf sich sitzen lassen!

Königin Maeve und der Rinderraub von Cooley

Umgehend sandte Maeve ihre Boten über die gesamte Insel, um einen noch prächtigeren Stier zu finden, als der ihres Mannes war. Tatsächlich wurde ein passendes Tier gefunden. Sein Besitzer war Daire Mac Fiachna of Cooley. Maeve bot dem Mann große Reichtümer wie Gold und Landbesitz, wenn er ihr nur den Stier überließ. Doch der Besitzer verweigerte ihr den Kauf!

Obendrein lebte er im Königreich Ulster. Und war damit ein Untertan ihres einstigen Mannes und ewigen Feindes, des Königs Conchobar von Ulster. Diese Tatsache besiegelte sein Schicksal, das Schicksal des Stieres und des ganzen Landes. Denn Maeve war nicht gewillt, die Absage zu akzeptieren. Sie raubte den Stier und entfachte damit erneut einen Krieg gegen Ulster.

Auf beiden Seiten fielen in der Schlacht viele kampftüchtige Männer und schlussendlich mussten Connachts Krieger den Rückzug antreten, doch es gelang dem Heer, auch den Stier mit nach Connacht zu bringen. Wie genau dieser Kampf ablief, und wie sich schlussendlich die beiden prächtigen Stiere gegenseitig umbrachten, lest Ihr hier.

Die Kriegerkönigin stirbt

Später besiegte die Kriegerkönigin auch Chu Chulainn, Irlands mächtigsten Krieger zu jener Zeit. Er war es gewesen, der Ulster in dem Kampf um den Stier zum Sieg geführt hatte. Doch letztendlich wurde selbst dieser Held ein Opfer von Maeves Zorn.

Mittlerweile aber war Maeves Neffe, Furbaide Ferbens, zum Mann herangewachsen und hatte nur eines im Sinn: Endlich den Mord an seiner Mutter zu rächen. Er beobachtete die gefürchtete Kriegerin, studierte ausführlich ihre Gewohnheiten und fand so heraus, dass sie regelmäßig in demselben See ein Bad nahm. Sorgfältig maß er die Entfernung zwischen der Badestelle und dem Seeufer und übte heimlich mit seiner Schleuder. Das heißt, er übte, auf genau diese Entfernung einen auf eine Stange gespießten Apfel zu treffen.

Sobald er seine Treffsicherheit ausreichend trainiert hatte, schlich er zur Badezeit hinunter ans Seeufer. Doch in seiner Aufregung hatte er vergessen, seine Munition, nämlich Steine, mit sich zu nehmen! Mit dem Mut der Verzweiflung nahm er deshalb ein Stück alten, harten Käse aus seiner Tasche, legte ihn seine Schleuder, schwang diese durch die Luft – und Maeve sank tödlich getroffen ins Wasser.

Das Grab am Knocknarea

Culleenamore Strand Knocknarea Sligo

Im Hintergrund der Knocknarea Mountain (Foto: Yvonne Treptow-Saad)

Bestattet wurde sie in einem beeindruckenden Hügelgrab auf dem Gipfel des Berges Knocknarea. Der Knocknarea liegt im Nordwesten Irlands im County Sligo und ist dort, neben dem Ben Bulben die höchste Erhebung. Mit einem Durchmesser von fünfundfünzig und einer Höhe von zehn Metern ist der Grabhügel einer der größten des Landes.

Der Legende nach ist die schöne, furchteinflößende Kriegerin hier in aufrechter Position und in voller Kampfausrüstung begraben. Ihr Gesicht ist nach Norden gewandt. So blickt sie noch im Tode dem verhaßten Feind in Ulster direkt ins Angesicht.

Und, so berichtet die Legende, jeder Besucher des Grabes sollte einen eigenen Stein mit auf den Berg bringen und auf ihr Grab legen, um Maeves immerwährenden Zorn zu besänftigen. Dadurch wurde die eigentlich flache Hügelspitze mittlerweile um einen neuen kleinen Steinhügel ergänzt.

Grab am Knocknarea

Maelor at English Wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons

Falls auch Ihr einmal zum Grab der legendären Kriegerkönigin pilgern wollt, findet Ihr hier Einzelheiten zum sogenannten queen maeves trail.

Und zum guten Schluss noch ein Zitat des bekannten und vielzierten irischen Poeten William Butler Yeats:

The wind has bundled up the clouds high over Knocknarea and thrown the thunder on the stones for all that Maeve can say.”

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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