Kelten Irland / Frühgeschichte Irland

Fomori – einäugige, gewalttätige Dämonen belagern Irland

Written by Monika Dockter

Die Fomori – mit dieser Bezeichnung entführen wir Euch heute wieder einmal tief in die Welt der irischen Mythologie. Man findet das Volk der Fomori auch unter den Begriffen Fomoraig, Fomorianer, Formorianer und Formoren. Alle gemeinsam jedenfalls stehen für ein Volk von übernatürlichen Wesen, das Irland in den Jahrhunderten vor seiner Christianisierung heimsuchte. Eine dunkle Macht aus der Unterwelt, die stets Unheil brachte und bis heute in zahllosen Legenden – beispielsweise in der von Balor of the Evil Eye  – auftaucht. Hier gehen wir der sagenhaften Herkunft dieses Volkes und seinem Einfluss auf die Besiedlung der grünen Insel auf die Spur.

Die Bezeichnung „Fomori“

Mittelalterliche Überlieferungen deuten den Namen folgendermaßen: Die erste Silbe, fo, bedeutet unter, unterhalb, tiefer, darunter, und die zweite, mor, kommt vom irischen Wort mur, das Meer. Demnach lautet die Bedeutung die unter dem Meer. Eine weitere Bedeutung wäre die Unterwelt-Riesen, basierend auf mór für groß, riesig. Eine dritte Möglichkeit deutet mor als Alptraum, Phantom, Dämon. Demnach sah man in diesen Wesen also Dämonen aus der Unterwelt.

Aber welchen Ursprung die Bezeichnung auch immer hat, in jedem Fall stehen die Fomori stets für Dunkelheit und Tod, Dürre und Überschwemmung, Chaos, Gewalt, Zerstörung und Unheil. Damit sind sie das genaue Gegenteil ihrer späteren Widersacher, der Thúata de Danann als Götter der Natur und Fruchtbarkeit, der Magie und der Künste.

Aussehen und Eigenschaften der Fomori

Meist treten die Fomori als Riesen in Erscheinung, oft mit fehlenden Gliedmaßen wie einem Arm oder Bein. Oder, wie im Fall von Balor of the Evil Eye, mit nur einem Auge.

Häufig ist ihre Gestalt reptilienähnlich oder gehörnt – beispielsweise tragen sie auf ihrer menschlichen Gestalt den Kopf einer Ziege oder eines Stieres – immer aber werden sie als riesige, monsterartige Wesen beschrieben.

Als „dunkel und schön“ werden nur diejenigen Fomori beschrieben, die sich später mit den Thúata de Danann verheirateten oder Kinder bekamen.

Balor Evils Eye

Die Herkunft der Fomori

Laut Legende reicht die Geschichte der Fomori zurück bis zur biblischen Sintflut. In dieser Flut war, abgesehen von Noah und seiner Familie in der Arche, alles menschliche Leben auf Erden vernichtet worden. Demzufolge stammten alle künftigen Völker von Noahs drei Söhnen ab, und die Fomori waren Nachkommen seines Sohnes Ham.

Unter ihrem ersten König, Cichol Gri-cenchos, landeten sie etwa hundert Jahre nach der Sintflut mit sechs Booten, etwa hundert Personen, an der irischen Küste. König Cichol Gri-Cenchos  wird übrigens als Kopffüßler beschrieben – als Riese ohne Rumpf, dessen Beine direkt am Kopf angewachsen sind. Sie lebten vom Fisch- und Vogelfang und verteidigten die Insel gegen andere eindringende Stämme.

In der Legende der irischen Invasionen werden diese Kämpfe ausführlich beschrieben.

Die Invasionen Irlands

Das sogenannte Buch der Invasionen ist Teil des Books of Leinster und wurde etwa 1160 nach Christus niedergeschrieben. Es berichtet von den verschiedenen Stämmen, die quasi in Invasionswellen nach Irland kamen. Die Fomori jedoch gehörten zu keiner dieser Wellen, sondern waren, als die erste davon anrollte, bereits auf der Insel.

Mit dem Stamm von Partholón erreichten dreihundert Jahre nach der Sintflut die ersten Eindringlinge die irische Küste. Sie besiegten die Fomori und brachten in Form von Pflug und Ochsen die Landwirtschaft nach Irland. Doch eine Seuche raffte Partholóns Volk dahin, und wieder herrschten die Fomori über das Land.

Sie besiegten auch die Nemedier, die als nächster Stamm irischen Boden betraten. Als Tribut mussten die Nemedier zwei Drittel ihrer Kinder, ihres Getreides und ihres Viehs an die Fomori entrichten. Doch es kam zum Aufstand und einer heftigen Seeschlacht mit großen Verlusten auf beiden Seiten. Nach einer schändlichen Niederlage gelang es nur einem einzigen Schiff der Nemedier zu entkommen. Die dreißig Überlebenden, unter ihnen Britain der Kahle, der Ahnherr Britanniens, zerstreuten sich in alle Welt.

Danach kam der Stamm der Fir Bolg, der jedoch in Frieden mit den Fomori lebte.

Den Fir Bolg wiederum folgte das göttliche Volk der Thúata de Danann. In der ersten Schlacht von Mag Tuired entrissen sie den Fir Bolg die Herrschaft, weigerten sich aber, den Fomori Tribut zu zahlen, um in Frieden zu leben. Die zweite Schlacht von Mag Tuired sollte dieses Problem aus der Welt schaffen.

Der Untergang der Fomori

So kam es zum unausweichlichen Kampf nach dem Prinzip Gut gegen Böse: Das finstere Heer der Riesen oder Monster aus der Unterwelt gegen dasjenige der göttlichen Einwanderer. Balor of the Evil Eye persönlich hatte das Kommando über die Fomori, Heerführer der Thúata de Danann war sein eigener Enkelsohn Lugh. Lugh entstammte der Verbindung von Balors Tochter Ethniu mit einem Thúata de, und hatte trotz Balors Versuch, ihn als Säugling zu ertränken, überlebt (hier lest ihr die ganze Geschichte dazu).

Mutig starrte Lugh seinem mörderischen Großvater ins Auge. Man sagte, die starke Flanke der Fomori anzugreifen war, wie seinen Kopf gegen die Klippen zu schlagen oder seine Hand in ein Schlangennest zu stecken, doch Lugh kannte keine Furcht. Sowie Balor sein todbringendes Auge öffnete, schleuderte Lugh einen Stein exakt in dieses Ziel. Der einäugige Riese ging zu Boden und riss dabei viele seiner eigenen Krieger mit in den Tod. So wurde Balors Armee besiegt, die überlebenden Fomori in die See getrieben, wo sie ertranken. Die finstere Herrschaft über die grüne Insel war endgültig vorbei.

Doch der Ruf der mystischen Fomori überlebte. In späteren Jahren bezeichnete man beispielsweise die Wikinger als Fomori und ebenso die irischen Piraten beziehungsweise die seefahrenden Plünderer vor Irlands Küste.

Legendäre Gestalten unter den Fomori

Neben der Legende des einäugigen Balor existieren noch viele weitere Geschichten um diese mächtigen, finsteren Gesellen. Um Ethniu beispielsweise, die Tochter des Balor, und den ersten Fomori-König, die beide oben bereits erwähnt werden.

Oder Bress, auch Eochu genannt. Er ist der Sohn eines Fomorenkönigs und einer Prinzessin der Thúata de Danann. Nach der ersten Schlacht von Mag Tuired wird er zum König der Thúata de Danann, doch unter seiner geizigen und ungerechten Herrschaft geht das Land beinahe zugrunde. Bress verliert den Thron und flieht zum Volk seines Vaters, den feindlichen Fomori. An deren Seite kämpft er in der zweiten Schlacht von Mag Tuired und wird besiegt. Doch indem er dem Sieger Lugh verrät,  welcher Tag der günstigste zum Bestellen der Felder ist, kann er wenigstens sein eigenes Leben retten. In diesem Zusammenhang wird Bress manchmal auch den Fruchtbarkeitsgöttern zugerechnet, genau wie Lugh.

Ein weiterer bekannter Name aus den Legenden um die Fomori ist Tethra. Tethra, was so viel wie quakendes, plapperndes Geräusch bedeuten kann, ist ein Synonym für das Meer. Aus diesem Grund wird der Fomori Tethra oft auch mit dem Meeresgott Manannan mac Lir gleichgesetzt, und die Fische des Meeres als Tethras Herde bezeichnet. Mit seinem singenden Schwert Orna kämpft auch er an Balors Seite in der zweiten Schlacht von Mag Tuired. Er fällt, und mit seinem Tod wird er zum Herrscher über Mag Mell, die Ebene der Freuden. Damit ist Tethra zumindest einer der mystischen Herrscher über die keltische Anderswelt.

Für diejenigen unter euch, die noch mehr über diese sagenumwobenen Gestalten aus vorchristlicher Zeit erfahren wollen, hier der Titel eines deutschen Buches, das sich mit diesem Thema befasst: „Die irische Helden- und Königssage bis zum siebzehnten Jahrhundert“ von  Rudolf Thurneysen.

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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