Irlands Natur

Galley Head: Zauberhafte Landzunge im County Cork

Galley Head
Written by Nadja Uebach

Die schmale Straße schlängelt sich dem Atlantik entgegen, das Tosen der Wellen heißt Euch mit seiner rauen Wildheit willkommen, der heisere Schrei einer Möwe hallt durch die Luft und der Geschmack salziger Freiheit benetzt die Lippen, während Ihr um die letzte Kurve biegt, wo die schroffen Kanten zerklüfteter Klippen über dem Meer aufragen und sich die markanten Umrisse des Leuchtturms gegen den Himmel abzeichnen. Als eine der imposantesten Landzungen in West Cork ist Galley Head mit seinem gleichnamigen Leuchtturm ein mehr als lohnenswerter Stopp auf Eurer Irlandrundreise. Welche Geschichten sich um diesen Ort ranken und was Galley Head so besonders macht, erfahrt Ihr in den nächsten Zeilen.

Galley Head Leuchtturm – Am Anfang stand das Unglück

Obwohl die sanften grünen Felder im Kontrast zu den dunklen Felsen und dem Blau des Atlantiks besonders an sonnigen Tagen einen friedlichen Anblick bieten, markiert die Landzunge ein Küstengebiet, das im 19. Jahrhundert für unzählige Schiffsunglücke bekannt war. Aus diesem Grund erhoben sich bereits im Jahr 1849 Stimmen, die nach einem Leuchtturm verlangten. Diese Forderung wurde zunächst zweimal von der Leuchtfeuerverwaltung Trinity House abgelehnt. Erst 1871 gelang es Lord Bandon, den Antrag auf einen Leuchtturm an diesem Abschnitt durchzusetzen.

Mit der tief in den Atlantik reichenden Landzunge bot sich der heutige Standort des Galley Head Leuchtturms auf der Halbinsel Dundeady Island südlich von Clonakilty für den Bau eines Leuchtfeuers an. Hier sollte der neue Leuchtturm nahe der Ruine der ehemaligen Normannen Burg Dún Deidi entstehen. Nachdem man sich mit dem Besitzer der Felder entlang der Küste geeinigt hatte, begann 1873 die Konstruktion des Turms, den man fünf Jahre später mit einer Höhe von insgesamt dreiundfünfzig Metern fertigstellte.

Galley Head

© Kieran Hayes

Der zur damaligen Zeit einzigartigen Kombination aus einer achteckigen Optik der Laterne und einem Kohle-/Gasbrenner verdankte der Leuchtturm seine ungewöhnliche Lichtfrequenz von sechs bis sieben dicht aufeinanderfolgenden Lichtblitzen und einer etwa vierzig Sekunden langen Dunkelheit. Das Licht des Leuchtturms hatte je nach Wetterlage eine maximale Reichweite von rund dreißig Kilometern, was Galley Head zur Zeit der Inbetriebnahme zum leistungsstärksten Leuchtturm auf der ganzen Welt machte. Bis heute gehört Galley Head gemeinsam mit dem benachbarten Leuchtturm auf Fastnet Rock zu den stärksten Leuchtfeuern Europas.

Moderner Leuchtturm in West Cork

Galley Head

© Kieran Hayes

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ersetzte man das mit Kohle und Gas betriebene Licht in Galley Head durch eine Paraffin-Leuchte, wodurch man die Reichweite um acht Kilometer ausbaute. Im Rahmen dieser Erneuerung, änderte man auch die ungewöhnliche Sequenz des Leuchtturms auf fünf Lichtblitze, die alle fünf Sekunden den Himmel erleuchteten.

Nur sechzig Jahre später zog die Elektrizität am Leuchtturm von Galley Head ein und mit ihr erlosch die Notwendigkeit einer ganzen Mannschaft aus Leuchtturmwärtern. Bis ins Jahr 1997 lebte allerdings nach wie vor ein Leuchtturmaufseher in einem der kleinen Wärtercottages direkt am Leuchtturm, um sich vor Ort um die Instandhaltung zu kümmern.

Heutzutage ist das Leuchtfeuer auf den Klippen von Galley Head ans Netzwerk irischer Leuchttürme angeschlossen und wird somit komplett automatisiert betrieben. Die ehemaligen Cottages der Leuchtturmwärter können nach ausgiebiger Renovierung und Modernisierung mittlerweile von meeresliebenden Irlandreisenden als Unterkunft gemietet werden. Der Leuchtturm selbst ist für die Öffentlichkeit in der Regel nicht zugänglich. Allerdings finden in regelmäßigen Abständen Tage der offenen Tür statt, an denen man gemeinsam mit dem ehemaligen Leuchtturmwärter der Galley den Turm besichtigt und dabei einiges über das Leben auf den Klippen erfährt.

Ein Sultan aus der Türkei und Galley Head Lighthouse

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der weiße Turm, der hier an der Küste West Corks über dem Atlantik thront kaum von anderen irischen Leuchttürmen. Sobald jedoch die Leuchte in Betrieb ist, zeigt sich sofort eine Besonderheit, die in ihrem Ursprung auf den Besuch eines türkischen Sultans zurückzuführen ist. Die Rede ist von einem Leuchtkegel, der sein Licht nicht nur aufs Meer hinauswirft, sondern auch ins Landesinnere. So werden die grünen Hügel und schmalen Straße von Rathbarry und Castlefreke nachts in das warmweiße Galley-Licht getaucht.

Überlieferten Erzählungen zufolge ist diese Rundumbeleuchtung auf einen Besucher aus der Türkei im nahe gelegenen Schloss Castle Freke zurückzuführen. Der dort ansässige Lord Carbery hatte mehrer Wochen lang einen türkischen Sultan zu Gast, der sich in der irischen Landschaft zunehmend wohlfühlte. Eines Tages führte ihn sein Weg an den Rand der kleinen Dundeady Halbinsel, um den dortigen Turm genauer zu inspizieren. Nachdem der Sultan herausfand, dass es sich dabei um einen Leuchtturm handelte, soll er den ansässigen Lord gefragte haben, warum das Licht nicht auch seine Ländereien bescheint. Diese Frage diente für den Lord wohl als Denkanstoß, denn schon kurze Zeit später, veranlasste er, dass die Laterne des Leuchtturms rundum verglast wurde, sodass sein Leuchtfeuer auch landeinwärts zu sehen war.

Das Licht der Galley und seine Fans

Im Zuge der Umrüstung auf ein elektrisches List, wurden diese Scheiben gestrichen, um zu verhindern, dass der Lichtkegel Autofahrer und Anwohner blendet. Allerdings waren es genau diese Anwohner, die das Licht der Galley vermissten und forderten, dass es erneut über Land scheinen darf, wenn auch weniger intensiv. Daraufhin tauschte man lediglich die obere Hälfte der Scheiben aus, um den Bürgern ihren Wunsch zu erfüllen und gleichzeitig die Autofahrer nachts nicht zu behindern. Noch heute kann man den Lichtkegel von den Ruinen des Castle Freke und den umliegenden Ländereien sehen – eine Tatsache, die den türkischen Sultan sicherlich freuen würde.

Galley Head ein Ort zum Durchatmen

Neben dem Leuchtturm und den damit verbundenen Geschichten ist Galley Head außerdem ein Ort der Ruhe und Entspannung. Von einem kleinen Parkplatz aus geht es zunächst an der Straße entlang zu einem Aussichtspunkt mit einer kleinen Bank inmitten eines Gerstenfeldes. Besonders abends hat man diesen Ort nicht selten für sich allein, um einfach nur zu sein, tief durchzuatmen und den Blick über den Horizont, die zerklüftete Küste und natürlich den Leuchtturm wandern zu lassen, der im Licht der untergehenden Sonne erstrahlt.

In der anderen Richtung führt ein kleiner Trampelpfad an den Rand der Klippen, die sich wie knochige Finger lang und kantig in den Atlantik erstrecken. Im Sommer lädt das weiche Gras zum Verweilen, Picknicken und Seele baumeln lassen ein. Während der Wind und die Wellen, die weit unten gegen den Fels schlagen, im Herbst und Winter die gewaltigen Kräfte der Natur verkörpern und der Alltag in weite Ferne rückt.

Wer etwas mehr Zeit hat, wandert entlang der Klippen auf eine kleine Anhöhe, wo sich mit einem Blick zurück der Leuchtturm aus einer ganz anderen Perspektive zeigt. In der Ferne leuchtet der helle Sand des Long Strand Beach und aus den Wellen grüßt mit etwas Glück die ansässige Robbe, die dafür bekannt ist, Besucher auf ihrem Spaziergang hier zu begleiten. Auf einem Feldweg geht es wieder zurück zur Straße und an den Parkplatz von Galley Head, einem Ort, der sich über die Jahre ganz unbemerkt einen Platz im Herzen vieler Menschen erobert hat!

Galley Head

© Kieran Hayes

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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