Südirland Sehenswürdigkeiten

Spike Island Cork – Irlands Alcatraz

Spike Island Ireland
Written by Nadja Uebach

Die Grüne Insel zieht dich insbesondere mit ihrer unglaublichen Vielseitigkeit in ihren Bann. Egal, wie oft und wie lange du in Irland unterwegs bist, es gibt immer etwas Neues zu entdecken! Einer dieser Orte, der dir die Chance gibt, Irland von einer komplett anderen Seite kennenzulernen, ist Spike Island.

Die kleine Insel im Hafen von Cork blickt auf eine faszinierende Geschichte zurück, die sich bis ins mittlere 7. Jahrhundert verfolgen lässt. Wenn die Felsen und Mauern auf Spike Island sprechen könnten, würden sie spannende Geschichten von Mönchen, Sträflingen und Soldaten erzählen. Wie sich der Ort eines frühchristlichen Klosters zu einer Gefängnisinsel verwandelt hat, die mittlerweile in ganz Europa als Irlands Alcatraz bekannt ist, erfährst du hier.

Der Ursprung: Spike Island als Klosterinsel

Auf der Grünen Insel gibt es viele einsame und abgelegene Orte. Orte, die vor mehreren Tausend Jahren als Orte des Glaubens auserkoren wurden. Neben den heutzutage bekannten Klosterruinen auf Skellig Michael und im Tal von Glendalough, war auch die 103 Hektar große Insel Spike Island einer dieser besonderen Orte.

Es wird angenommen, dass der Bischof von Lismore, Saint Mochuda, Mitte des 7. Jahrhunderts ein kleines Kloster in der Abgeschiedenheit der Insel im Süden Irlands gründete. Selbst, wenn es dafür keine eindeutigen Beweise gibt, sprechen einige frühchristliche Schriften, wie beispielsweise die Aufzeichnungen des Moanasticon Hibernicum dafür. Die im 12. Jahrhundert erbaute Kirche des Saint Rusien, deren Ruinen heute noch zu sehen sind, deutet zudem auf eine starke christliche Bedeutung von Spike Island hin und bestärkt die Theorie der Klosterinsel.

Perfekter Unterschlupf für Schmuggler

In den darauf folgenden Jahrhunderten wechselte das kleine Eiland vor der Küste Corks mehrmals den Besitzer. Aufgrund der eher undurchsichtigen Eigentumssituation und der Tatsache, dass die Insel während dieser Zeit nicht bewohnt war, war sie der perfekte Unterschlupf für Schmuggler und Piraten.

Es wurden sogar mehrere Hundert Meter lange Schmuggler-Tunnel unter der Insel entdeckt. Der größte Teil des Tunnelsystems aus dem 16. Jahrhundert ist aus Sicherheitsgründen für Historiker und Forscher nicht zugänglich. In einem anderen Teil der unterirdischen Gänge fand man jedoch Spuren jahrelanger Nutzung. Zunächst galten die Gänge als das perfekte Versteck für Schmuggelware. Während sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts von den Engländern zur Lagerung von Schießpulver verwendet wurden. In der Zeit von Irlands großer Hungersnot wurden in den Gängen sogar Gefangene in unmenschlichen Zuständen eingesperrt.

Militärische Vergangenheit von Spike Island

Die Lage der Insel, direkt vor dem Hafen von Cork zeigte sich bereits während der Glorreichen Revolution nützlich. Als Irland durch Oliver Cromwell auf eine besonders brutale Art und Weise der englischen Krone unterworfen wurde.

Wichtiger Stützpunkt auf dem Weg nach Amerika

Das erste provisorische Fort der Insel wurde 1779 von den Engländern erbaut. Im Rahmen des amerikanischen Bürgerkriegs nutzte England den Hafen von Cork als einen sicheren Ort seine Streitflotten zu versammeln. Bevor die Schiffe in Richtung Amerika aufbrachen. Schätzungsweise lagen in Cork teilweise bis zu 400 Schiffe vor Anker. Durch den militärischen Stützpunkt auf Spike Island schützten die Engländer den strategisch wichtige Hafen vor Angriffen. Nachdem der amerikanische Unabhängigkeitskrieg am 3. September 1783 durch den Frieden von Paris offiziell zu Ende ging, wurde die errichtete Verteidigungsanlage auf Spike Island zerstört.

Die erste Festung – Fort Westmorland

Sechs Jahre später begann Oberst Charles Vallancey unter dem Auftrag des 10. Earl von Westmorland, John Fane, mit dem Bau der ersten dauerhaften Festungsanlage auf der südirischen Insel. Aufgrund des anhaltenden Kriegs zwischen England und Frankreich dauerte der Bau des Fort Westmorland bis 1982. Die Festung war mit den damals modernsten und effektivsten Verteidigungsgeschützen ausgerüstet, um den Hafen der Stadt Cork zu schützen.

Spike Island als zentraler Verteidigungspunkt

Zwei Jahre später wurde die kleine Insel zu einem der wichtigsten Verteidigungspunkten von Cork erklärt. Etwas später legte Sir Eyre Coote den Grundstein zur Vergrößerung des bestehenden Forts. Zukünftig sollten bis zu 3.000 Soldaten auf Spike Island stationiert werden. Bis zum Jahr 1817 entstanden somit nicht nur zwei Kasernenblöcke, sondern zudem vier Lagerbauten. Die für den Bau benötigten Rohstoffe stammten größtenteils von der Insel selbst. Durch den Abbau dieser Baustoffe wurde die Höhe der Insel schätzungsweise um sieben Meter verringert.

Irlands Alcatraz – das größte Gefängnis der Welt

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brach in Irland die Große Hungersnot aus und mit ihr stieg die Kriminalitätsrate ins Unermessliche. Viele Menschen machten sich durch den Diebstahl von Lebensmitteln oder Obdachlosigkeit strafbar. Die Festung auf Spike Island wurde kurzerhand zum Gefängnis umfunktioniert und hauste innerhalb weniger Monate mehr als 2.000 Gefangene. Während dieser Zeit galt das Inselgefängnis als das größte Gefängnis der Welt.

Hunger, Brutalität und Tod

Während die gefährlichsten Häftlinge auf Spike Island lediglich auf ihre Verschiffung in eine der weit entfernten britischen Sträflingskolonien warteten, war das Inselgefängnis für viele Iren die letzte Station auf ihrer Lebensreise. Schätzungsweise wurden zwischen 1850 und 1854 rund 1.000 Sträflinge in Massengräbern auf der Insel begraben. Die meisten von ihnen starben an Folgen der einseitigen Ernährung, die überwiegend aus Milch und Brot bestand; und der körperlich harten Sträflingsarbeit, die während der Haft verrichtet wurde.

Als besonders berüchtigt galt Block B, der Folterblock des Gefängnisses. Die Häftlinge in diesem Block waren in Ketten gelegt und von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Zu dieser Uniform gehörte zudem eine Maske, die lediglich zwei Schlitze für die Augen aussparte. Diese Art von Einzelhaft sorgte in Kombination mit regelmäßigen Auspeitschungen und anderen unmenschlichen Foltermethoden dafür, dass viele der Insassen den Verstand verloren. 1883 wurde das damalige Gefängnis schließlich geschlossen und die Insel wieder für militärische Zwecke genutzt.

Freiheitskämpfer auf Spike Island

Als der irische Unabhängigkeitskrieg mit dem Osteraufstand im Jahr 1916 seinen Auftakt nahm, erklärte man Spike Island erneut zur Gefängnisinsel. Die Crew des deutschen Schiffs „Aud“, das Waffen im Auftrag der irischen Freiheitskämpfer auf die Grüne Insel schmuggelte, zählte zu den ersten Insassen.

In den darauf folgenden Jahren zählte das Inselgefängnisse viele Personen, die sich in dem Kampf um die Unabhängigkeit Irlands von der englischen Krone beteiligten zu seinen Häftlingen. Laut dem Gefängnisregister waren beispielsweise Richard Barrett und Sean Collins, der Bruder des berühmten Freiheitskämpfers Michael Collins und viele weitere Mitglieder der IRA auf Spike Island inhaftiert. Das Jahr 1921 sah mehrere spektakuläre Fluchtversuche. So brach Richard Barrett beispielsweise gemeinsam mit sechs anderen inhaftierten Unabhängigkeitskämpfern mit einem einfachen Ruderboot aus.

Nach der Unterzeichnung des Anglo-Irischen Vertrags im Dezember 1921 blieb das britische Militär noch bis Juli 1938 auf der kleinen Insel stationiert. Die irischen Regierung führte das Gefängnis anschließend noch bis 2004 weiter. Fünf Jahre später übergab das Justizministerium Spike Island an die Regierung der Grafschaft Cork, um diesen geschichtsträchtigen Ort als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Faszinierendes Museum für Besucher

Seit 2015 haben Besucher die Möglichkeit, mit einem Boot von Cobh aus auf Spike Island überzusetzen. Auf mehreren Touren wird die bewegte Geschichte der alten Festungs- und Gefängnismauern auf eine faszinierende Art und Weise zum Leben erweckt.

Besonders spannend und beeindruckend zugleich sind die „After Dark Touren“. In kleine Gruppen entdecken Besucher nach Einbruch der Dunkelheit das Gelände und die teilweise spärlich beleuchteten Gebäude des ehemaligen Gefängnisses. Gänsehaut ist dabei vorprogrammiert!

Spike Island erhiehlt 2017 im Rahmen der World Travel Awards die Auszeichnung zu Europas bester Touristenattraktion. Seitdem sind die Touren auf die Insel sehr gefragt. Selbst, wenn Eintrittskarten direkt auf der Insel gekauft werden können, empfiehlt es sich, besonders in den Sommermonaten die Karten im Voraus online zu buchen.

Die Besichtigung mit einem erfahrenen Tour- oder Audioguide erzählt ganz persönliche Geschichten. Geschichten der Menschen, die auf Spike Island stationiert oder inhaftiert waren. Menschen, die auf der Insel gelebt, gekämpft und gearbeitet haben. Aufregende Geschichten, die auf dem kleinen Eiland ihren Anfang nahmen oder hier in einem anonymen Massengrab zu Ende gingen.

In jedem Fall geht ein Trip auf Spike Island unter die Haut und zeigt Irland von einer Seite, die weniger grün aber mindestens genauso beeindruckend ist, wie der Rest der Insel.

Ist Spike Island barrierefrei?

Die Betreiber der Gefängnisinsel Spike Island sind sehr bemüht, ihr Museum für alle Menschen zugänglich zu machen. Die Fähren, mit deren Hilfe Besucher auf die Insel gelangen, sind über Rampen für Rollstuhlfahrer zugänglich. Pro Überfahrt haben bis zu vier Rollstühle auf der Fähre Platz, daher diese Information unbedingt bei der Buchung mit angeben. Auf der Insel selbst sind fast alle Bereiche mit dem Rollstuhl zu erreichen. Allerdings weisen die Betreiber darauf hin, dass es einen kurzen steilen Abschnitt auf dem Weg vom Pier zum Eingang zu überwinden gilt. Sanitäre Anlagen für Rollstuhlfahrer stehen sowohl am Pier als auch im Café des Museums zur Verfügung. Weitere Informationen findet Ihr HIER!

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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