Irland erlebt seit den frühen 2010er-Jahren ein Whiskey-Revival. Während der Durst nach Irish Whiskey bereits in der Dekade davor weltweit wuchs, bestand die Anbieterlandschaft seinerzeit aus lediglich drei Großbrennereien. Im Schatten weiter wachsender Giganten wie Jameson und Bushmills begannen ab 2010 kleine, junge Enthusiasten damit, ebenfalls wieder Whiskey in Irland herzustellen. Handwerklich, innovativ und mit viel Unternehmergeist. Dabei entstand die erste Craft-Brennerei Irlands am westlichsten Rand der Grünen Insel. Die Dingle Distillery machte sich auf, Dingle Whiskey und Gin zu brennen und den Motor für das Irish Whiskey Revival anzutreiben. Wir blicken in unserem Artikel auf die Brennerei und ihre Geschichte.
Die Dingle Distillery im County Kerry
Die Dingle Distillery liegt am Rande von Dingle Town am westlichen Ende der Dingle-Halbinsel, im County Kerry. Dort, wo Wellen sachte an das Ufer schlagen und wo einst der bekannte Delfin Fungie durch die Gewässer schwamm, überblickt die Brennerei den Dingle Harbour. Hierbei liegt sie fußläufig eine gute Viertelstunde vom Ortszentrum entfernt.
Gründung der Dingle Distillery: Whiskey und Gin crowdfinanziert in Kerry
Die Dingle Distillery ist das Kind dreier Männer, die in den 90er Jahren ihr Glück zunächst als Braumeister fanden. Sie gründeten in 1997 eine Craft-Brauerei im Großraum Dublin. Ein schwieriges Unterfangen. Denn den irischen Biermarkt dominierten seinerzeit die großen, mächtigen Brauereien mit ihren etablierten, klassischen Biermarken. Bemerkenswerterweise setzten sie sich entgegen aller Unkenrufe mit ihrer Idee durch. Ihre kleine Brauerei wurde eine der ersten kommerziell erfolgreichen Craft-Brauereien Irlands.
Auf ihren Brauerfolg aufbauend, erwarben sie in 2010 eine alte, stillgelegte Sägemühle am Ortsrand von Dingle. Genau wie die Bierwelt in den 1990ern war zu jener Zeit der Whiskey-Markt in Irland zwischen wenigen, sehr großen Brennereien aufgeteilt. Hierin war eigentlich kein Raum für kleine Craft-Brennereien. Dennoch wiederholten die drei Gründer ihren Erfolg. Ein zweites Mal führten sie ein kleines Craft-Unternehmen gegen die Großen der Industrie ins Feld. Jedoch waren die Bedingungen ungleich schwieriger. Denn nach der Bankenkrise in 2008 und der darauf folgenden Rezession waren Unternehmenskredite rar.
Deshalb starteten sie eine der ersten irischen Crowdfunding-Kampagnen. Der Deal: Kampagnenteilnehmer gaben 6.000 Euros und erhielten fünf Jahre nach Produktionsstart ein 200-Liter-Fass mit Whiskey. Dabei geriet die Idee zu einem sagenhaften Erfolg. Fünfhundert Fässer mit der künftigen Spirituose verkaufte die Dingle Distillery. Mit dem Geld aus der Kampagne starteten die drei Gründer die Produktion von Dingle Whiskey und Gin. Die Fassbesitzer wurden als die Dingle Founding Fathers bekannt. Diesen Namen tragen stolz die Flaschenetiketten der Whiskeys, welche die Found Fathers aus ihren Fässer abfüllen. Zudem zieren alle Namen der Founding Fathers eine Wand in der Brennerei.
Der Wrenboy der Dingle Distillery: Symbol für Dingle Gin und Whiskey
Zum markanten Wiedererkennungszeichen der Dingle Distillery wurde der Wrenboy. Dabei bezieht sich das Symbol des Wrenboy auf die lange Tradition des alljährlichen Wren’s Day in Dingle. Hierzu verkleiden sich die Menschen am 26. September, dem Wren’s Day, mit Strohkostümen, ziehen durch die Straßen und sammeln Geld für gute Zwecke. Diese Tradition geht Jahrhunderte zurück. Hierbei sind die Ursprünge des Brauchtums weitestgehend unklar. Vermutet wird eine keltisch-druidische Tradition. Dieses vermischte sich über die Jahrhunderte mit christlichen Bräuchen. Einstmals vielerorts auf der Grünen Insel gefeiert, ist Dingle heute eine der letzten Festungen des Wren’s Day. Auf ihrer Suche nach etwas, das einen lokalen Bezug zwischen ihrer Brennerei und dem Ort schuf, wählten die drei Gründer den Wrenboy als ihr zukünftiges Logo.
Der Dingle Whiskey
Im Dezember 2012 startete in der Dingle Distillery die Produktion von Whiskey. Hierbei ist das allererste jemals abgefüllte Whiskeyfass mit Dingle Whiskey bis heute im Lagerhaus der Brennerei eingelagert. Schließlich erschienen die ersten Whiskeys im Jahr 2015. Seitdem kamen kontinuierlich limitierte Mengen neuer Abfüllungen auf den Markt. Dabei produziert die Brennerei neben Single Malt auch die typisch irische Variante Single Pot Still (mehr über die Terminologie könnt ihr in unserem Irish Whiskey ABC nachlesen).
Für die Produktion stehen der Brennerei drei kupferne Brennblasen zur Verfügung. Noch heute erzählen Bewohner aus Dingle von jenem Tag, als die drei gewaltigen Brenntöpfe auf großen Lkws wie auf einer Parade durch die engen Straßen des Dorfes fuhren. Letztlich kamen sie wohlbehalten an ihren Bestimmungsort und verrichten dort seit dem treu ihre Dienste. Zudem ist es bemerkenswert, dass die restlichen Bestandteile des Produktionsequipments hölzern sind. Sowohl der Maischebottich als auch die Gärbehälter sind aus Oregon-Kiefer gefertigt. Dabei ist der Maischebottich lediglich einer von zwei hölzernen Exemplaren in Irland. Diese rustikale Ausstattung macht es erforderlich, dass die Mitarbeiter sämtliche Produktionsschritte per Hand ausfüllen – inklusive der Entleerung des dampfenden Maischebottichs mit einer Schaufel. Eine schweißtreibende Arbeit.
Dingle Whiskey zeichnet sich durch einen ganz eigenen Brennerei-Charakter aus. Die braune Spirituose trägt eine Vielzahl warmer Fruchtnoten und gilt unter Kennern des irischen Wasser des Lebens als besonders bekömmlich. Zusätzlich erschienen in jüngeren Jahren verschiedene Abfüllungen, welche die Brennmeister zuvor in unterschiedlichen Fässern veredelten. Dadurch findet sich geschmacklich ein breites Spektrum wieder.
Dingle Gin: Eine Rezeptur, inspiriert von der lokalen Landschaft
Im Gegensatz zu Irish Whiskey hat Gin als ungelagerte Spirituose keine Mindestlagerzeit. Während die Whiskeys der jungen Dingle Distillery in den ersten Jahren als Rohbrand in Fässern lagerten, geriet der Dingle Gin zum beliebten Kultgetränk. Nicht nur in Dingle selbst. Wieder einmal trafen die drei Gründer der Brennerei den richtigen Zeitpunkt. Als sie neben der Whiskeydestillation mit dem Brennen von Gin begannen, explodierte parallel die weltweite Nachfrage nach dem aromatischen Getränk. Gleichzeitig gab es in Irland kaum nennenswerte irische Gins. Dadurch rannten die drei Männer mit dem Dingle Gin die offenen Türen der Pubs und Getränkeläden ein.
Für die Rezeptur des Dingle Gin suchten die drei Gründer wieder einen lokalen Bezug. Diesen fanden sie in der lokalen Umgebung der Brennerei. Deshalb fanden neben Wacholderbeeren ausgewählten Gewürzen und getrocknete Schalen von Zitrusfrüchten weitere Botanicals wie Fuchsienblüten und Weißdornbeeren den Weg in den Gin. Diese repräsentieren stolz die Landschaft von Kerry, welche seit Ewigkeiten Besucher anzieht und Einheimische stolz auf ihre Heimat macht. Somit ist der Dingle Gin ein Repräsentant dieser Natur und ihrer Schönheit.
Hergestellt wird der Dingle Gin auf einer separaten Brennblase aus Kupfer. Diese erhielt den Namen Aisling. Der irische Frauenname bedeutet übersetzt „Traum“ oder „Vision“. Darin spiegeln sich die Träume und Visionen der Gründer wieder. Eben jene, die es möglich machten, die erste, irische Craft-Brennerei zu bauen.
Die Dingle Distillery besuchen: Heimat des Gingle Whiskey und Gin
Wer die Heimat des Dingle Whiskey und Gin besuchen möchte, der kann eine Besichtigung auf seiner Rundtour über die Dingle-Halbinsel einplanen. Hierbei liegt die Brennerei unmittelbar an dem beliebtem Slea Head Drive. Parkmöglichkeiten vor Ort sind vorhanden. Allerdings sind es aus dem Ortskern lediglich 15 Minuten zu Fuß zu den Toren der Dingle Distillery.
Während einer Tour durch die Produktionsstätte erfahren Besucher alles über die Geschichte des Unternehmens, das historische Mühlengebäude sowie die Produktionsprozesse für Dingle Whiskey, Gin und Wodka. Mehr Informationen zu den Brennereiführungen bietet die Webseite der Destille.
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