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Das Doolough Valley und seine tragische Vergangenheit

Doolough Valley
Written by Nadja Uebach

Die schwarze Oberfläche des Sees schmiegt sich wie ein dunkler Spiegel an die schroffen Hänge der aufragenden Hügelketten. Von der Sanftheit der Grünen Insel scheint das Doolough Valley meilenweit entfernt zu sein. Während man einen Fuß vor den anderen setzt, ist die Einsamkeit dieser unberührten Wildnis spürbar, die Stille ist endlos und die Stimmung tief bewegend. Wie an vielen Orten in Irland liegt das nicht nur an dem majestätisch eindrucksvollen Landschaftsbild, sondern insbesondere an der Vergangenheit. Einer Vergangenheit, die im Doolough Valley bis heute von den Berghängen widerzuhallen scheint und dabei nicht selten für Gänsehaut sorgt.

Auf welche tragische Geschichte dieser Ort zurückblickt und was das Tal trotz seiner düsteren Vergangenheit zu einer landschaftlichen Besonderheit macht, verraten wir Euch in den nächsten Zeilen.

Das Doolough Valley und seine Landschaft

Das Tal, das nach dem See Doo Lough oder auf Irisch Dúloch (schwarzer See) benannt ist, liegt nahe der windgepeitschten Westküste Irlands in der Grafschaft Mayo. Zwischen den markanten Gipfeln des Mweelrea Massivs im Westen und der Sheeffry Hills im Osten verläuft das Doolough Valley zwischen Louisburgh im Norden und der Ortschaft Leenane im Süden. Obwohl es nicht direkt an der Küste liegt, ist das Tal als Discovery Point auf dem Wild Atlantic Way verzeichnet und in jedem Fall einen kurzen oder etwas längeren Abstecher wert.

Am Boden des Tals spiegeln der weitläufige See Doo Lough und der etwas kleinere Glenullin Lough die dramatischen Umrisse der Landschaft auf ihren dunklen Oberflächen wider und sorgen damit für eine besonders mystische Atmosphäre. Obwohl das Valley in unmittelbarer Nähe zu beliebten Orten wie der Clew Bay oder Connemara liegt, wird es selbst im Sommer nicht zu stark besucht. Besonders bei einem Spaziergang oder einer ausgedehnten Wanderung durch das Tal ist es diese Einsamkeit, die dafür sorgt, dass man die Gewalt der Natur hier mit allen Sinnen spüren kann. Wer keine Zeit zum Wandern hat, folgt der schmalen Straße R335 einmal komplett durch das Tal. Allerdings lohnt es sich, das Auto mindestens einmal abzustellen, um an diesem besonderen Ort tief durchzuatmen und die Landschaft auf sich wirken zu lassen.

Doolough Valley

© Joseph Carr Photography, Fáilte Ireland

Die tragische Geschichte des Doolough Valley

Hinter der idyllischen und eindrucksvollen Kulisse des Doolough Valley verbirgt sich eine schmerzhafte Geschichte, die Menschen bis heute berührt. Während der Großen Hungersnot in Irland spielte sich im Jahr 1849 eine der traurigsten Episoden dieser finsteren Epoche der irischen Geschichte ab.

Während die Hungersnot die gesamte Insel fest im Griff hatte, waren abgelegene und ländliche Gegenden wie Mayo besonders schwer davon betroffen. Viele der ohnehin bereits armen Iren litten nicht nur an Hunger, sondern hatten zudem ihr Zuhause und ihr Einkommen verloren. Im Rahmen der sogenannten englischen Poor Law stand den ärmsten der Armen eine gewisse Grundversorgung zu. Um zu gewährleisten, dass diese Grundversorgung nur an die Menschen ausgehändigt wurde, die es tatsächlich nötig hatten, schickte die englische Regierung regelmäßig Abordnungen zur Kontrolle nach Irland.

Am 30. März 1849 kamen zwei dieser Abgeordneten in Louisburgh an, um die dortige Bevölkerung zu kontrollieren. Am Abend sollten sich alle bedürftigen Menschen in Louisburgh versammeln, um diese Zuwendungen weiterhin zu erhalten. Doch bevor diese verabscheuenswerte Kontrolle überhaupt stattfinden konnte, nahmen die Abgeordneten eine Essenseinladung in der 19 Kilometer entfernten Delphi Lodge an. Man beschloss kurzerhand, die Kontrolle am Morgen des Folgetages an der Delphi Lodge durchzuführen.

Eine Karawane des Leids

Die Menschen, die bereits begonnen hatten, sich in Louisburgh zu versammeln, wurden nun am nächsten Morgen um sieben Uhr am anderen Ende des Tals erwartet. Es setzte sich eine Karawane von schätzungsweise sechshundert Männern, Frauen und Kindern in Bewegung. Menschen, die unterernährt, schwach, teilweise krank und nicht der Witterung gemäß gekleidet waren, liefen durch die Dunkelheit der Nacht. Ihr einziger Antrieb: Die wenigen Almosen nicht zu verlieren, die ihnen kaum das Überleben sicherten.

Es ist nicht bekannt wie viele Menschen am nächsten Morgen die Delphi Lodge erreichten. Alle, die sich jedoch pünktlich um sieben Uhr vor der Lodge versammelt hatten, wurden erneut abgewiesen. Es hieß, die Abgeordneten nahmen soeben ihr Frühstück ein. Man schickte die Versammelten unverrichteter Dinge und, ohne eine Stärkung oder zumindest etwas Wasser zu erhalten, nach Louisburgh zurück.

Aus Zeitungsberichten weiß man, dass man im Anschluss sieben leblose Körper aus dem Doolough Valley geborgen hat – darunter Männer, Frauen und Kinder. Von weiteren dreizehn Menschen heißt es, dass sie nie wieder zu Hause bei ihren Familien ankamen. Offiziellen Angaben zufolge kostete dieser Kraftmarsch durch das Tal zwanzig Menschen das Leben. Doch laut regionaler Erzählungen und Überlieferungen schätzt man die Dunkelziffer mittlerweile um einiges höher.

Doolough Valley

So idyllisch war es im Doolough Valley nicht immer © Joseph Carr Photography, Fáilte Ireland

Zum Gedenken der Opfer

Auf etwa halber Höhe des Doo Lough erinnert heute ein einfaches Steinkreuz an die Qualen und das Leid, das die Menschen im März 1849 erleiden mussten. Sogar heutzutage besuchen zahlreiche Iren in der Region regelmäßig diesen Ort, um den Opfern in der Abgeschiedenheit des Tals zu gedenken. Zusätzlich findet jedes Jahr im Mai eine Gedenkwanderung von Louisburgh durch das Doolough Valley bis zur Delphi Lodge statt.

Doolough Valley: Tragische Idylle

Das Doolough Valley ist mit seinen eindrucksvollen Bergen, mystischen Seen und seiner Stille, ein Ort zum Durchatmen. Sobald man das Tal betreten hat, rückt der Alltag in weite Ferne und der Geist kommt zur Ruhe. Doch mit jedem Meter breiten sich in dieser Stille die Geschichten von sechshundert Menschen aus, die bis heute unseren Respekt und unsere Anteilnahme verdient haben, sodass ihr Schicksal nie in Vergessenheit gerät.

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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