Irische Schriftsteller

Sean O’Casey: Autor und irischer Freiheitskämpfer

Written by Monika Dockter

Sean O’Casey war ein Mann, der sein Leben lang für Freiheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit kämpfte. Und zwar mit den Waffen eines guten irischen Schriftstellers – einem wachen Geist, einer scharfen Beobachtungsgabe und der Treffsicherheit seiner Worte. Verpackt waren diese Waffen meist in ein Schauspiel. Sean O‘Casey gilt als der erste irische Dramatiker, der das Leben der Arbeiterklasse in Dublin auf die Bühne brachte. Gemeinsam mit seinen Anti-Kriegs-Dramen machte ihn dies weit über die englischsprachige Welt hinaus bekannt.

Der junge Sean O’Casey

Dabei hatte er durch seine Geburt und Bildung alles andere als gute Chancen dafür. Als John Casey wurde der Sohn von Michael und Susan Archer am 30. März 1880 geboren. Seine Eltern waren Protestanten, die Familie lebte im (armen) Norden Dublins. John war gerade einmal sechs Jahre alt, als sein Vater starb und die Mutter mit dreizehn Kindern alleine zurückließ. Die Familie verarmte zusehends weiter, die Kinder genossen kaum etwas an formaler Schulbildung.

Insbesondere John, der unter einer schwachen Sehkraft litt. Erst im Alter von dreizehn Jahren brachte er sich selbst das Lesen und Schreiben bei. Dennoch hatte er bereits von Kindheit an großes Interesse am Theater. Schon als Zehnjähriger führte er gemeinsam mit einem Bruder vor der Familie Theaterstücke auf. Einmal bekam er sogar eine kleine Rolle auf der Bühne, die etliche Jahre später zum weithin bekannten Abbey Theatre wurde.

Abbey Theatre Dublin

© Abbey Theatre_Ros Kavanagh

 

Mit vierzehn Jahren verließ John Casey die Schule und arbeitete in den unterschiedlichsten Jobs, unter anderem neun Jahre lang als Bahnbediensteter bei der irischen Eisenbahngesellschaft.

Seans politisches Interesse und erste Aktivitäten

Wie viele andere junge Männer seiner Zeit interessierte sich John für alles, was seine Irische Nationalität betraf. 1906 trat er in die Gaelic League (ein kultureller Interessenverband) ein, erlernte die irische Sprache sowie das Dudelsackspielen und änderte seinen Namen zunächst in Seán O Cathasaigh, später in Sean O’Casey.

Außerdem schloss er sich verschiedenen politischen Organisationen wie einer Gewerkschaft, der Irish Republican Brotherhood und 1914 der Irish Citizen Army an.

Mit der Zeit wurden seine politischen Ansichten jedoch zunehmend sozialistisch. So verließ er sowohl die Gaelic League als auch die Army wieder und konzentrierte sich auf die Lebensbedingungen der einfachen Arbeiter.

Ernsthaft zu schreiben begann Sean, als im Jahr 1917 sein Freund Thomas Ashe in einem Hungerstreik starb. Damals verfasste er zwei Klagelieder: eines in Versen und eines in Prosa. Außerdem schuf er politische Flugblätter und Lieder und schrieb eine Kolumne für die Zeitschrift Irish Worker.

Sean O’Caseys erste Stücke auf der Bühne

Die folgenden Jahre verbrachte der junge Autor damit, Theaterstücke zu schreiben. Seine sozialistische Einstellung prägte diese Stücke sowohl vom Thema als auch von der Handlung. Sie spielten in der großstädtischen Arbeiterszene, stellten deren Probleme und Konflikte auf sehr realistische und dramatische Weise dar. Was vermutlich der Grund dafür war, dass das Abbey Theatre in Dublin sie anfänglich alle ablehnte.

Doch Sean war hartnäckig. Er gab nicht auf, und schlussendlich akzeptierte das Abbey Theatre ein erstes seiner Dramen: The Shadow of a Gunman kam 1923 auf die Bühne. In diesem Zweiakter (zu deutsch: Der Schatten eines Rebellen) verarbeitet Casey das Scheitern des irischen Osteraufstandes 1916, auch im Hinblick auf die sozialen Probleme. Das Stück wurde ein großer Erfolg, die Einnahmen daraus bewahrten das Abbey Theatre sogar vor seiner drohenden Schließung.

Sean O'Casey

National Gallery of Ireland, Public domain, via Wikimedia Commons

Im Jahr 1924 folgte Juno and the Paycock und 1926 The Plough and the Stars. Gemeinsam bilden diese drei Stücke die sogenannte Dubliner Trilogie. Diese brachte dem jungen Schriftsteller endlich auch den ersehnten finanziellen Erfolg. Er beendete seinen Job als Straßenarbeiter und widmete sich ganz dem Schreiben.

Das Stück Juno and the Paycock gewann außerdem den britischen Hawthornden– Preis und gehört seitdem zum Repertoire zahlloser Theaterbühnen auf der Welt. Auch verfilmt wurde es bereits, von keinem geringeren als Alfred Hitchcock.

Gegenwind für den sozialkritischen Schriftsteller

Aber das letzte Stück der Trilogie hatte auch noch eine ganz andere Auswirkung: Es rief in Dublin einen Skandal hervor. Das Publikum interpretierte es als Kritik am irischen Osteraufstand und an dessen tapferen Kämpfern. Außerdem trat im zweiten Akt eine Prostituierte auf, ein weiterer Grund zur Empörung der Öffentlichkeit. Die Presse griff das Theaterstück mit scharfen Worten an, und nicht einmal W.B. Yeats gelang es, den Skandal zu beruhigen.

So war es nur eine logische Konsequenz daraus, dass das Abbey Theatre O’Caseys nächstes Stück zurückwies. Nur ein Jahr nach The Plough and the Stars veröffentlichte O’Casey das Drama The Silver Tassie. Yeats als Leiter des Abbey Theatre lehnte die Aufführung ab. Offenbar war Yeats der Ansicht, die Stücke seines Schriftstellerkollegen befassten sich zu stark mit den Problemen der eigenen Zeitgeschichte. Themen wie dem irischen Kampf um Unabhängigkeit, der wirtschaftlichen Depression und dem Krieg, so wie in dem genannten Antikriegsdrama The Silver Tassie.

Im Streit wandte Sean sich vom Abbey Theatre und seinem Leben in Dublin ab und lebte fortan in England, wo The Silver Tassie und seine folgenden Stücke tatsächlich auf die Bühne kamen. Allerdings wurden die Stücke aus den späteren Jahren niemals so bekannt und erfolgreich wie seine Dublin-Trilogie.

Sean O’Casey privat

Sean O'Casey

Wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons

Bereits während seine Dublin-Trilogie im Abbey Theatre aufgeführt wurde, reiste O’Casey nach England, um seinen Preis für Juno and the Paycock entgegen zu nehmen (siehe oben). Außerdem wollte er die geplante Verfilmung dieses Dramas überwachen.

Während der Dreharbeiten begegnete er der Schauspielerin Eileen Reynolds Carey. Die beiden heirateten und bekamen zwei Söhne sowie eine Tochter. Bis 1938 lebte die Familie gemeinsam in London, danach zog sie ins englische Totnes. Von diesem Zuhause aus unternahm der Schriftsteller seine Reisen.

Denn in den 1930er Jahren war er ein gefragter Redner an englischen und amerikanischen Universitäten. Außerdem verfasste er zahlreiche Zeitungsartikel, die seine Bekanntheit förderten.

Gesammelte Werke

1949 erschien eine Sammlung aller bisherigen Theaterstücke Sean O’Caseys. Darüber hinaus stammen zahlreiche Texte über das Theater aus seiner Feder.

Zusätzlich verfasste O’Casey in seinen späteren Jahren eine umfangreiche, aus sechs Bänden bestehende Autobiographie. Nach seinem Tod wurde die Autobiographie Mirror in My House verfilmt. Der Titel dieses Films aus dem Jahr 1965 lautet Young Cassidy, und unter den Schauspielern finden sich bekannte Namen wie der von Maggie Smith (bekannt aus Harry Potter und Downton Abbey).

Sean O’Caseys Vermächtnis

Sean O'Casey

georama, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Der Schriftsteller und Dramatiker starb am 18. September 1964 an einem Herzinfarkt. Zu dem Zeitpunkt lebte er in Torquay, Devon, sein Grab befindet sich im  Golders Green Crematorium in London.

Doch auch Dublin erinnert sich bis heute an den großen Dramatiker und Verfechter von Freiheit, Frieden und sozialer Gerechtigkeit: Eine Fußgängerbrücke über die Liffey trägt seinen Namen, Sean O’Casey Bridge.

Und nicht zuletzt sind es natürlich seine  Worte, die über seinen Tod hinaus bleiben. Worte wie das folgende Zitat:

Laughter is wine for the soul – laughter soft, or loud and deep, tinged through with seriousness. Comedy and tragedy step through life together, arm in arm, all along, out along, down along lea. A laugh is a great natural stimulator, a pushful entry into life; and once we can laugh, we can live. It is the hilarious declaration made by man that life is worth living.

Lachen ist Wein für die Seele – Lachen leise oder laut und tief, von Ernsthaftigkeit durchdrungen. Komödie und Tragödie schreiten gemeinsam Arm in Arm durch das Leben. Ein Lachen ist ein großer natürlicher Stimulator, ein drängender Einstieg ins Leben; und wenn wir einmal lachen können, können wir leben. Es ist die urkomische Erklärung des Menschen, dass das Leben lebenswert ist.

 

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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