Irische Schriftsteller

John O’Donohue und das Anam Cara

John O’Donohue und das Anam Cara
Written by Nadja Uebach

Es ist unsere Seele, die uns als Lebewesen auf dieser Erde und unser Leben ausmacht. Durch unsere Seele sind wir tief mit der Natur und mit den Menschen um uns herum verbunden. Der irische Poet, Philosoph und ehemalige Priester John O’Donohue geht in seinem Buch Anam Cara auf genau diese Verbindung der Seele ein. John war zu seinen Lebzeiten ein gefeierter Autor, Verfechter einer authentischen, tiefen und bedeutungsvollen Lebensweise und ein Ire, den die Landschaft seiner Heimat und die darin enthaltene Weisheit nie losgelassen hat. In seinen literarischen Werken verknüpft er das keltische Erbe seiner Vorfahren mit seinen philosophischen Erkenntnissen, wodurch er die alten Lehren bis über seinen Tod hinaus mit unserem modernen Dasein vereint.

Wer war John O’Donohue, der schüchterne Gelehrte aus der Grafschaft Clare? Was hat ihn dazu bewogen dem Priester-Dasein den Rücken zu kehren und stattdessen das Buch Anam Cara zu schreiben? Ein Buch, das auch noch Jahrzehnte nach seinem plötzlichen Tod als Bestseller gilt. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Antworten auf diese Frage.

John O’Donohue – Wer war der Ire?

John O’Donohue wurde am 1. Januar 1956 als das erste von vier Kindern geboren. Gemeinsam mit seinen Eltern, Patrick und Josie und seinen Geschwistern lebte er in der Abgeschiedenheit des Burren in der Nähe des Black Head. Nach einer bescheidenen Kindheit begann er das Noviziat in Maynooth, wo er unter anderem Diplome in Philosophie und Theologie erhielt. Im Juni 1981 fand seine Priesterweihe statt und nachdem er ein Jahr später sein weiterführendes Priesterstudium abgeschlossen hatte, begann er seinen Werdegang als Geistlicher im Westen Irlands.

Im September 1985 zog O’Donohue nach Deutschland um an der Universität in Tübingen seinen Doktortitel der Philosophie in Theologie zu machen. Zu diesem Zweck arbeitete er in der baden-württembergischen Universitätsstadt an seiner Dissertation über den deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Fünf Jahre später kehrte O’Donohue nach Irland zurück und beschäftigte sich mit den Werken des mittelalterlichen, deutschen Theologen und Mystiker Eckhart von Hochheim (auch bekannt unter dem Namen ‚Meister Eckhart‘). Die Erkenntnisse und Arbeiten von Hegel und Eckhart begleiteten O’Donohue sein gesamtes weiteres Leben.

Vom Priesteramt zum Leben danach

Mit dem Abschluss seines Doktoratsstudium arbeitete der geistliche Ire weiterhin in Diözesen in der Grafschaft Galway. Zuletzt war O’Donohue in Salthill tätig, lehnte im Jahr 1995 jedoch eine Versetzung in die Pfarrei Lahinch ab und schied aus dem aktiven Priesterdienst aus. Die Gründe für den Rücktritt sind offiziell nicht bekannt, allerdings werden Meinungsverschiedenheit mit dem amtierenden Bischof sowie der Wunsch nach mehr Zeit fürs Schreiben vermutet. O’Donohue selbst sagte einst, dass Priester zu werden die beste Entscheidung seines Lebens war – die zweitbeste war es von dem Priesteramt zurückzutreten.

Schreiben und Werke

Nachdem John O’Donohue sein Priesteramt niedergelegt hatte, zog er sich komplett in die Einsamkeit Connemaras in der Grafschaft Galway zurück. Hier bewohnte er seit Beginn seiner Priesterzeit ein kleines Cottage mit Blick auf einen abgelegenen See und den Bergen in der Ferne. John verbrachte seine Zeit in der Natur und in der Gemütlichkeit seines bescheidenen Heims. Er konzentrierte sich auf die Reise zu sich selbst, auf das Meditieren, das Dichten und das Aufschreiben seiner philosophischen Erkenntnisse.

John O’Donohue und das Anam CaraNach einem 1994 veröffentlichten Gedichtband, entstand in den folgenden Jahren sein erstes Buch Anam Cara – das Buch der keltischen Weisheit. Das Werk erschien in der englischen Originalfassung am Todestag von Prinzessin Diana 1997. Laut der Irish Independent verkaufte sich das Buch zunächst sehr schleppend, doch sobald der Medienrummel um den Unfall der Königin der Herzen abgeklungen war, erlebten die irischen Buchläden einen regelrechten Ansturm. Noch im selben Jahr erschien Anam Cara auf Deutsch und hielt sich national sowie international monatelang in den Bestsellerlisten. Bis heute gilt das philosophische Werk von John O’Donohue als eines der lesenswertesten Bücher in seinem Genre.

Zu seinen Lebzeiten folgten vier weitere Bücher, die allesamt großen Anklang fanden und Johns Leserschaft zunehmend vergrößerten. Zwei Bücher wurden nach seinem Tod veröffentlicht und enthalten Aufzeichnungen sowie Mitschriften von Gesprächen und Vorträgen des irischen Poeten. Trotz seines Welterfolges bevorzugte John O’Donohue ein einfaches und unerkanntes Leben. Bis zu seinem Tod blieb er Connemara treu und hatte sogar Pläne das kleine Cottage gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin zu vergrößern. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Veröffentlichte Werke von John O’Donohue

  • Echos of Memory (1994)
  • Anam Cara (1997)
  • Eternal Echos (1998)
  • Conamara Blues (2000)
  • Divine Beauty: The Invisible Embrace (2003)
  • Benedictus: A Book of Blessings (2007)
  • The Four Elements: Reflections on Nature (2010)
  • Walking on the Pastures of Wonder (2015)

John O’Donohue – der Mensch hinter der Philosophie

Während John in seinen Büchern von Seelenheil, Inspiration und insbesondere einer bedingungslosen, tiefen und echten Liebe sprach; fand er selbst diese Liebe erst spät. Obwohl der Ire nie viel über sein Privatleben preisgab, weiß man von ihm, dass er nie geheiratet hat, allerdings auch kein einsames Leben gelebt hatte. Während er sich zum Schreiben und Meditieren in die Natur und in die Stille zurückzog; und in seiner eigenen Gesellschaft am kreativsten war, so war er kein schüchterner Mensch. Im Gegenteil. Seine Vorträge und Interviews sind Zeugen eines ganz besonderen Charismas und einer Ausstrahlung, die Zuhörer vom ersten Wort an in ihren Bann zu ziehen schien.

Erst wenige Monate vor seinem Tod traf er eine Frau, mit der er die Liebe zu empfinden schien, die er jahrelang gesucht hatte. Allem Anschein nach plante er mit seiner deutschen Partnerin eine gemeinsame Zukunft in Irland. Tragischerweise sollten diese Pläne nie Realität werden. Denn in der Nacht vom 4. auf den 5. Januar 2008 starb John O’Donohue unerwartet und nur drei Tage nach seinem 52. Geburtstag im Schlaf. Ein Trost für viele O’Donohue Fans: Der Mensch, der seine Seele mit Liebe erfüllte, war in seinen letzten Momenten an seiner Seite.

Anam Cara – der Auftakt einer Berufung

Mit seinem Buch Anam Cara – das Buch keltischer Weisheiten fand John O’Donohue nach seiner aktiven Zeit als katholischer Priester eine neue und vielleicht sogar die für ihn bestimmte Berufung. In dem Buch vereint der irische Poet und Philosoph alles, was ihn auszumachen schien.

Mit viel Gefühl und unglaublicher Wortgewandtheit verflechtet er die Stränge philosophischer Erkenntnisse seiner Mentoren Eckhart und Hegel mit alten keltischen Konzepten. Seine eigenen Gedanken und Gedichte runden das Werk auf eine sehr persönliche und empfindsame Art und Weise ab. Eine Art, die sich wie ein roter Faden durch seine literarischen Werke zieht und den Charme John O’Donohues widerspiegelt.

Seelenfreunde als Schlüssel zur Spiritualität

Anam Cara ist die englische Form des alten irischen Wortes anamchara. Anam bedeutet Seele und Cara wird als Freund/Begleiter übersetzt, demnach geht es hier um sogenannte Seelenfreunde. Der Begriff wird oft als Synonyme zu Seelenverwandten verwendet, ist allerdings viel mehr als das.

Bei den alten Kelten wurde das Konzept eines Anam Cara zunächst im Sinne eines spirituellen Lehrers geprägt. Jemand, dem man sich ohne Rückhalte öffnen konnte, der alles von einem sehen konnte und der weniger mit der Person, als mit der Seele kommuniziert. Ein Anam Cara steht jenseits romantischer Gefühle. John O’Donohue beschreibt in seinem Buch eine Liebe, die tiefer geht, echter ist und sich von der ersten Minute an vertraut – wortwörtlich ‚wie zuhause‘ – anfühlt.

Neben dem Konzept dieser besonderen Seelenliebe, taucht O’Donohue zudem tief in die keltische Verbindung zur Natur ein. Die Landschaft spielte bei den Kelten eine große Rolle, genauso wie die Kreisläufe der Natur – Jahreszeiten, Tag und Nacht, Geburt und Tod – nichts in der keltischen Welt ist linear. Unsere Seelen sind nicht nur miteinander, sondern mit den Gewalten der Natur verbunden. Eine Verbindung aus der zu jedem Lebensabschnitt Kraft, Inspiration, Kreativität und nicht zuletzt Liebe geschöpft werden kann!

John O’Donohue und das Geschenk des Anam Cara

John O’Donohue mag mit seinem Austritt aus dem Priesteramt ein unkonventionelles, sehr privates und zurückgezogenes Leben geführt haben; und sicherlich hätte er dieser Welt um sie viel mehr bereichern können, wäre er nicht viel zu früh aus diesem Leben geschieden. Doch mit Anam Cara – dem Buch der keltischen Weisheit hinterlässt er das womöglich größte philosophische Geschenk unserer Zeit. Ein Geschenk, das Menschen berührt, Leben verändert und Seelen Frieden und Liebe finden lässt!

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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