Irland in der Neuzeit

Irische Auswanderer – die Grüne Insel erobert die Welt

Irische Auswanderer
Written by Nadja Uebach

Eine Insel im Nordatlantik, in etwa so groß wie Bayern mit einer Landschaft und Geschichte, die Menschen aus aller Welt begeistert – ein Volk, das Fremde nicht nur in der eigenen Heimat willkommen heißt, sondern den Zauber Irlands in die Welt hinausträgt. Nicht nur Irland ist irisch, die grüne Seele erleuchtet auch die entlegensten Orte der Welt mit ihrer Herzlichkeit, dem einzigartigen Humor und der besonderen Atmosphäre, in der man sich sofort wohlfühlt. Von Nepal über Argentinien, Peru und Amerika bis nach Australien haben irische Auswanderer fast in jedem Land ihre Spuren hinterlassen. Weshalb so viele Iren ihre Heimat verließen und wie sich die Welt dadurch verändert hat, erfahrt Ihr in den nächsten Zeilen.

Von Irland in die ganze Welt – irische Auswanderer und ihre Geschichte

Es ist bekannt, dass viele Iren bereits im frühen Mittelalter ihre Heimat verlassen haben, um woanders ihr Glück zu finden. Handfeste Aufzeichnungen dieser Auswanderer sind allerdings erst ab dem 18. Jahrhundert vorhanden. Seitdem haben mehr als neun Millionen Inselbewohner Irland verlassen – wobei die Dunkelziffer aufgrund nicht erfasster Abwanderungen weitaus höher liegen könnte. Nicht alle irischen Auswanderer verließen die Insel jedoch freiwillig. Als der Inselstaat der englischen Krone unterlag, war der Transport in die Kolonien für irische Straftäter ein beliebtes und oft verhängtes Urteil.

Zu Beginn waren die Gründe einer Auswanderung eher politischer oder religiöser Natur und führte die Iren überwiegend in das heutige Schottland. Zudem wird mittlerweile vermutet, dass es irische Mönche waren, die sowohl die Färöer Inseln als auch Island zuerst besiedelten.

Nachdem sich die englische Krone nach und nach die Kontrolle über Irland sicherte und die irische Kultur, Religion und sogar Sprache zu verdrängen versuchte, machten sich viele Iren auf den Weg in weiter entfernte Länder. Ihren Höhepunkt erreichte die irische Auswandererbewegung zu Zeiten der großen Hungersnot, in denen die Bevölkerung der Grünen Insel stark abfiel. Der Großteil der Inselbewohner trat die lange Reise über den Atlantik an, um in Nordamerika Fuß zu fassen, während andere zu Verwandten nach England oder andere europäische Länder auswanderten.

annie moore cobh, sehenswürdigkeiten in irlands süden

Annie Moore, Cobh; © Ina Brecheis

Auch nach der Hungersnot nahm die Einwohnerzahl der Insel immer weiter ab. Dafür waren hauptsächlich der Osteraufstand, der darauffolgende Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg sowie weitverbreitete Armut der ländlichen Bevölkerung verantwortlich. Während Nordamerika und England weiterhin die beliebtesten Auswanderungsländer waren, suchten sich immer mehr Iren auch exotischere Ziele, wie beispielsweise Argentinien oder Neuseeland.

Irische Auswanderer in allen Ländern

In Ländern, wie den Vereinigten Staaten, England, Australien oder Argentinien, die für irische Auswanderer immer wieder beliebte Ziele waren, hinterließen die Iren bleibende Spuren. Diese sind bis heute in der Kultur und insbesondere der Abstammung der Bevölkerung deutlich sichtbar. So haben viele einflussreiche und berühmte Persönlichkeiten, wie beispielsweise Barack Obama, Che Guevera, Meryl Streep und Robert De Niro irische Wurzeln.

Iren in Nordamerika

Über eine Zeitspanne von vielen Jahrzehnten wanderten mehrere Millionen Iren nach Amerika aus. Mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft stachen sie an der Westküste der Grünen Insel in See, um ihre Reise im Hafen von New York oder an der kanadischen Ostküste zu beenden. Anstatt gut bezahlter Jobs, ausreichend Nahrung und erschwinglichem Wohnraum, erwartete die Iren in der ‚Neuen Welt‘ jedoch meist erneut Armut. Viele Iren hausten in von Armut geprägten Gegenden und verrichteten körperlich schwere Arbeiten für nichts weiter als einen Hungerlohn. Insbesondere in New York grenzte man die irische Bevölkerung immer mehr vom Sozialleben ab, bis sie sich schließlich zu einer Randgruppe entwickelten, die in vielen Haushalten und Einrichtungen, wie beispielsweise Restaurants, keinen Einlass erhielt.

Doch getreu nach dem irischen Hunger nach Leben, gelang es den Einwanderer, das Ruder für ihr Volk in Amerika herumzureisen. Die irische Community hielt zusammen und verbesserte nach und nach ihr Ansehen. Währenddessen lebten sie ihre Traditionen und Kultur unverändert fort. Die ersten irischen Pubs wurden eröffnet, der St. Patrick’s Day wurde gefeiert und irische Volksmusik war schon bald an vielen Orten zu vernehmen. Im Laufe der Jahre haben sich diese Traditionen fest in das amerikanische Leben integriert. So findet beispielsweise die größte Parade zum St. Patrick’s Day nicht etwa jedes Jahr in Dublin, sondern in New York statt. Auch die berühmte irische Pubkultur ist im amerikanischen Nachtleben nicht mehr wegzudenken. Kein Wunder, denn während einer Volksumfrage in den USA bekannten sich etwa 11% der gesamten Bevölkerung zu ihren irischen Wurzeln. Während die Iren in Kanada seit mehreren Jahren die viertgrößte Bevölkerungsgruppe des Landes sind.

St. Patrick's Day in Dublin feiern

St. Patrick’s Day Parade © Allen Kiely Photography

Irische Auswanderer im Vereinigten Königreich und Europa

Bereits seit dem Mittelalter war es für die Iren natürlich am einfachsten auf die Nachbarinsel auszuwandern. Die Überfahrt nach England war nicht nur günstiger, sondern aufgrund der kurzen Dauer auch weitaus angenehmer. Während die ersten irischen Migranten einen politischen oder religiösen Antrieb zur Auswanderung hatten, so ließen sich die Iren nach der großen Hungersnot und zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem aus wirtschaftlichen Gründen auf der Nachbarinsel nieder. Heutzutage äußern sich die kulturellen Einflüsse der Iren im Vereinigten Königreich insbesondere durch die zahlreichen Irish Pubs, den St. Patrick’s Day Veranstaltungen und den Irisch sprechenden Gegenden, die im Norden seit mehreren Jahrhunderten bestehen. Etwa 10% der Bevölkerung in England sind entweder in Irland geboren oder haben irische Vorfahren (mindestens ein Großelternteil).

Auch in anderen europäischen Ländern haben sich die Iren über mehrere Jahrhunderte hinweg ein Zuhause erschaffen. Besonders Frankreich und Spanien scheint es den Inselbewohnern angetan zu haben. Mittlerweile zelebrieren auch die meisten Länder den irischen Nationalfeiertag und in vielen größeren Städten in Europa finden Paraden und andere Veranstaltungen statt.

Irische Auswanderer auf der ganzen Welt

Es gibt nicht viele Länder, die keine irisch-stämmige Bevölkerung haben. Diese stammt allerdings nicht etwa aus der heutigen Zeit, in der es denkbar einfach ist, auch die entlegensten Ecken der Erde zu erreichen, sondern aus einer Zeit, in der das Reisen noch deutlich beschwerlicher war.

Vielleicht liegt es am Abenteuergeist der Iren oder an den Bedingungen der Heimat, die man zu verbessern erhoffte – oder sicherlich ein bisschen von beidem. Doch egal, auf welchem Kontinent, ein bisschen Grüne Insel gibt es fast überall. So geben beispielsweise rund 30% aller Einwohner Australiens an, in Irland geboren zu sein oder von Iren abzustammen. Da verwundert es nicht, dass es unzählige irische Pubs in Australien gibt und Sydney jedes Jahr am 17. März in sämtlichen Grüntönen erstrahlt. Sogar Südamerika ist mit einer beachtlichen irisch-stämmigen Bevölkerung der Grünen Insel kulturell ganz nah. Allen voran Argentinien – ein Land, in dem es nicht nur Pubs und Paddy’s Day Paraden gibt, sondern bis vor kurzem auch einige irische Schulen vorhanden waren.

Den neuesten Schätzungen zufolge haben etwa 50 bis 80 Millionen Menschen irische Vorfahren. Was die irische Bevölkerungsgruppe im Verhältnis zur Größe des Heimatstaates zu einer der größten der Welt macht.

Globale irische Kultur – Traditionen und Pubkultur

Als eine relativ kleine Insel im Nordatlantik hat die irische Bevölkerung die Welt für sich und ihre einzigartige Kultur erobert. Dank der steten Migrationswelle, die irische Auswanderer auf allen Kontinenten verteilt hat, und einem unverwüstlichen Bewusstsein für die eigene kulturelle Identität, ist das Irisch-Sein mittlerweile ein globales Kulturphänomen. Immerhin ist der St. Patrick’s Day der einzige Nationalfeiertag eines Landes, der in diesem Maße international gefeiert wird. Kein anderes Kulturerbgut ist weltweit so oft vertreten wie das Irish Pub, das Menschen auch in den entlegensten Gegenden mit einem frischgezapften Guinness versorgt.

Sogar viele Nicht-Iren sind begeistert von den Traditionen der Grünen Insel, lieben Besuche im Irish Pub und zelebrieren alles, was irisch ist, ohne in Irland zu sein. Da es dabei nicht selten um Menschen mit fraglicher irischer Abstammung und bestimmte Stereotypen geht, wird diese Erscheinung oft mit einem neckischen Augenzwinkern als ‚Plastic Paddys‘ (Plastik Iren) bezeichnet. Ein Phänomen, das woh in gewisser Weise mit dem Münchner Oktoberfest zu vergleichen ist, das ebenfalls auf der ganzen Welt stattfindet, allerdings lediglich einen verallgemeinerten Einblick in die bayerische Kultur gewährt.

Nichtsdestotrotz sind die Iren stolz darauf, ein bisschen irische Gastfreundschaft in sämtliche Länder zu tragen und die Welt somit ein wenig herzlicher und vor allen Dingen grüner zu machen. Roy Budd hat das sehr treffend formuliert: „You don’t have to be Irish to be Irish!“ (Man muss kein Ire sein, um irisch zu sein).

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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