Irland in der Neuzeit

Die tragische Geschichte des Passagierschiffs RMS Leinster

Written by Jessica Jirschik

Die tragische Geschichte des Passagierschiffs RMS Leinster ist bis heute das schwerste Schiffsunglück in der irischen See. Wie die RMS Lusitania, versank auch das Passagierschiff RMS Leinster aufgrund eines U-Boot-Angriffs der Deutschen während des Ersten Weltkriegs. Wir erzählen Euch, wie es zu dem Unglück kam.

Der Bau der RMS Leinster

Die RMS Leinster wurde bei Laird Brothers in Birkenhead zusammen mit ihren Schwesternschiffen, der RMS Ulster und der RMS Munster 1895 erbaut. Benannt nach den vier historischen Provinzen Irlands, waren die drei Schiffe der ganze Stolz der City of Dublin Steam Packet Company. Die im Jahr 1822 gegründete Reederei hatte ihren Sitz in der irischen Hauptstadt. Obwohl das Unternehmen bis dahin ausschließlich auf den Fähr- und Postverkehr von Dublin zu britischen Häfen spezialisiert war, erhielt es 1850 erstmals Aufträge von der britischen Admiralität zum Transport an private Gesellschaften. So gelangten die Schiffe der Reederei zu dem RMS Namenszusatz, der für „Royal Mail Steamer“ (Deutsch: Königlicher Postdampfer) steht.

Zahlen und Fakten zur RMS Leinster

  • 115,2 Meter lang
  • konnte bis zu 24 Knoten erreichen
  • Stapellauf am 12. September 1896
  • Fertigstellung im Januar 1897
  • war insgesamt 20 Jahre im Dienst
  • mit 6-Pfünder-Geschütz und zwei Kanonen ausgerüstet

Nachdem es bereits zu etlichen Schiffsunglücke durch Angriffe von deutschen U-Booten gekommen war, versah man die RMS Leinster und ihre noch übrigen Schwesternschiffe mit einem Tarnanstrich. Trotz der unruhigen Zustände auf See verkehrten die Passagierschiffe weiterhin. Gerüchten zufolge wurde die RMS Leinster auch militärisch genutzt. Inwieweit dieses Gerücht der Wahrheit entspricht, ist heute nicht mehr herauszufinden.

Leinster_RMS_1897

postcard, Public domain, via Wikimedia Commons

Der Untergang der RMS Leinster

Am 10. Oktober 1918 um 08:50 Uhr legte die Leinster vom Carlisle Pier in Kingstown ab. Das Ziel hieß Holyhead. Der gebürtige Ire Kapitän William Birch hatte das Kommando und zählte mit seinen 61 Jahren zu den erfahrensten und vertrauensvollsten Seefahrern bei diesen gefährlichen Bedingungen. Die RMS Leinster stach bei strahlendem Sonnenschein und einem kräftigen Südostwind das letzte Mal in See.

Insgesamt befanden sich 771 Menschen an Bord. Davon waren 180 Zivilisten. Der Rest bestand aus Besatzungsmitgliedern, Artilleristen der Royal Navy, Angehörige der Marine, des Heeres, der Luftstreitkräfte, Soldaten, Offiziere, Ingenieure, Ärzte und Krankenschwestern.

Die tragische Geschichte des Passagierschiffs RMS Leinster

Um 09:50 erreichte die Leinster die Kish-Sandbank und das Kisk-Bank-Feuerschiff in der Dublin Bay. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Passagierschiff erst 16 Meilen zurückgelegt. Jetzt sahen Passagiere an Deck den ersten Torpedo, der auf die Backbordseite zuhielt, und das Schiff knapp am Bug verfehlte. Bei dem Angreifer handelte es sich um das deutsche U-Boot UB 123, das seit einem halben Jahr unter dem Kommando des 27-jährigen Oberleutnants zur See Robert Ramm stand.

Nach dem ersten Fehlschlag traf gleich der zweite Torpedo die Backbordseite des Schiffs und schlug in den Postraum ein. Der heftige Einschlag riss auch den Rumpf der anderen Schiffsseite auf. Kapitän Birch gab den Befehl, beizudrehen, um die Leinster zurück nach Kingstown zu steuern. Sowohl das Wendemannöver als auch die reduzierte Geschwindigkeit machten die RMS Leinster zu einem noch leichteren Ziel des feindlichen U-Boots.

Der dritte Torpedo traf die Steuerbordseite mit einer so schweren Detonation, dass das Schiff nahezu zerriss. Ein bereits zu Wasser gelassenes, voll besetztes Rettungsboot wurde in Stücke gerissen. Der Kapitän und ein Großteil der Passagiere wurden über Bord geschleudert oder starben auf der Stelle. Umherfliegende Trümmer trafen die flüchtenden Menschen, Wasser drang in die Innenräume und die RMS Leinster erreichte eine gefährliche Schlagseite nach Backbord. Vier Minuten nach dem dritten Treffer versank das Schiff auf dem Grund des Meeres.

Die Überlebenden des Angriffs auf die RMS Leinster

Die Überlebenden flüchteten sich in Rettungsboote oder klammerten sich mit letzter Kraft an Wrackteilen und Flößen fest. Viele Menschen ertranken sofort, weitere starben durch Erschöpfung und Unterkühlung. Obwohl das Unglück so nah an Land passierte, trafen die Rettungsschiffe erst eineinhalb Stunden nach dem Unglück ein. Darunter waren die britischen Zerstörer Lively, Mallard und Seal sowie die Yacht Helga. 270 Überlebende konnten gerettet werden. Für die übrigen 501 Passagiere, darunter Kapitän Birch, kam jede Hilfe zu spät. In den Tagen und Wochen nach dem Untergang der RMS Leinster spülte das Meer immer wieder Leichen an die irische Küste.

Die Folgen des Schiffsunglücks der RMS Leinster

Die Versenkung der Leinster sorgte nicht nur in Irland, sondern weltweit zu einer noch größeren Anfeindung des Deutschen Kaiserreichs. Beginnende Waffenstillstandsverhandlungen scheiterten an dem Schiffsunglück. Die Antwort des amerikanischen Präsidenten war eindeutig. So hieß es, er könne

„[keinen] Waffenstillstand in Erwägung […] ziehen, solange die bewaffneten Streitkräfte Deutschlands ihre gesetzwiderigen, unmenschlichen Handlungen fortsetzen. In der gleichen Stunde, wo die deutsche Regierung sich an die amerikanische mit Friedensvorschlägen wendet, sind die deutschen U-Boote damit beschäftigt, auf der See Schiffe zu versenken und nicht nur diese Schiffe selbst, sondern auch die Rettungsboote, worin die Passagiere und Mannschaften ihr Leben zu retten versuchten.“

Die deutsche Regierung zeigte sich in ihrem Schreiben 21. Oktober 1918  reuevoll und teilte Wilson mit, dass die U-Boot Kommandanten Befehl erhalten hätten, keine Passagierschiffe mehr zu torpedieren. Offensichtlich erhoffte man sich davon erneut Verhandlungen zu einem Waffenstillstand, doch Wilson blieb hart. Der nicht autorisierte geplante Flottenvorstoß und das Fehlen von Reserven sowie Verbündeten zwang Deutschland schließlich in die Defensive. Wilsons Bedingungen wurden in vollem Maße akzeptiert.

Die Opfer der RMS Leinster

Der Angriff auf die RMS Leinster war eines der größten zivilen Schiffsunglücke im Ersten Weltkrieg nach der Lusitania. Bis heute ist es der größte Verlust von Menschenleben auf einem irischen Schiff. Das schwerste Schiffsunglück in der Irischen See trieb die City of Dublin Steam Packet Company finanziell in den Ruin.

2002 gründete sich in Dún Laoghaire die Organisation „The Friends of the Leinster“ , um am Gedenken an das Schiff und die Toten festzuhalten. Im Oktober 2003 fanden, anlässlich des 85. Jahrestags der Katastrophe, zahlreiche Gedenkveranstaltungen in Dún Laoghaire und Holyhead statt. Am 30. Mai 2008 brachte das staatliche irische Postunternehmen Briefmarken mit dem Bild der Leinster anlässlich des 90. Jahrestags ihrer Versenkung heraus. Am Freitag darauf fand in der St. Michael’s Roman Catholic Church in Dún Laoghaire ein Gedenkgottesdienst für die Opfer und ihre Familien statt.

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Über den Autor

Jessica Jirschik

Wenn es wahr ist, dass wir schon einmal gelebt haben, dann war mein Zuhause definitiv Irland. Seit meiner Jugend zog mich ein undefinierbarer Sog auf die Grüne Insel, doch erst 2017 konnte ich meinen Traum, einer Irlandrundreise wahrmachen. Seitdem ist der Sog nur noch stärker geworden. Wenn es regnet, denke ich an Irland. Im Pub kann es für mich nur Guinness sein. Laute Musik, Geschichten und Gesseligkeit gehören für mich zum Glücklichsein. Im Herzen bin ich eine waschechte Irin.

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