Tom Crean aus Anascaul: Arktisheld aus dem County Kerry - ☘ gruene-insel.de
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Tom Crean aus Anascaul: Auf den Spuren des Arktishelden

Tom Crean Anascaul
Written by Neil Saad

Wer über die Dingle-Halbinsel reist und durch das kleine Anascaul kommt, der erlebt ein beschauliches, fast schon verschlafenes Dorf. Eingefasst in eine beeindruckende Landschaft zwischen Bergen und dem Meer scheinen die Uhren langsamer zu ticken. Das Leben geht hier seinen Gang und die Menschen folgen seinen Rhythmus. Im Ortskern stolpern aufmerksame Besucher über einen winzigen Park. Hierin steht zentral die Statue eines Mannes, den die Plakette als Tom Crean ausweist. Hierbei handelt es sich um das berühmteste Kind des Ortes. Dennoch ist es ein Name, der den meisten Menschen zunächst nichts sagt. Denn Tom Crean aus Anascaul auf der Halbinsel im County Kerry war ein Mann weniger Worte. Jedoch machten seine Taten ihn zu einem Helden. Wer also war er? Und wo kann man sein Erbe heute hautnah erleben?

Wer war Tom Crean aus Anascaul?

Wenn von den großen Entdeckern der Antarktis gesprochen wird, fallen Namen wie Roald Amundsen, Robert Falcon Scott und Ernest Shackleton. Bedeutende Personen, die am Anfang des 20. Jahrhunderts maßgeblich beteiligt waren, als der damals unerforschte Südpol nach und nach auf die Landkarten der bekannten Welt hinzukam. Doch ein Name, der oft im Schatten dieser Berühmtheiten steht, ist Tom Crean aus Anascaul, einem kleinen Dorf im County Kerry. Tom Crean wurde 1877 geboren. Aufgewachsen in einer einfachen Bauernfamilie, trat er mit 15 Jahren in die britische Royal Navy ein. Ohne besondere Bildung oder Verbindungen, aber mit eisernem Willen und außergewöhnlicher Zähigkeit, wuchs er zu einem der größten, aber am wenigsten bekannten Helden der Antarktis.

Anascaul Kerry Ireland

Hauptstraße in Anascaul, County Kerry (Foto: @myemeraldblog)

Die Entdeckung des Südpols

Im frühen 20. Jahrhundert versuchten mehrere Forscher und Abenteurer parallel, den damals noch unerreichten Südpol als erster zu erreichen. Aufgrund der lebensfeindlichen Bedingungen im ewigen Eis der Antarktis waren diese Exkursionen immense Herausforderungen ihrer Zeit. Der Brite Robert Falcon Scott unternahm zwei Expeditionen. Die Discover Expedition von 1901 bis 1904 brachten ihn weiter südlich als andere jemals gekommen waren. Bei seiner zweiten Reise, der Terra Nova Expedition von 1910 bis 1913 erreichte er schließlich den Südpol. Allerdings war ihm zu seiner großen Enttäuschung der Norweger Roald Amundsen wenige Wochen zuvor gekommen.

Tom Crean aus dem beschaulichen Anascaul nahm an beiden Scott-Reisen teil. Nachdem er auf der ersten Antarktisreise schon seine Zähigkeit und Zuverlässigkeit bewiesen hatte, stand er bei Scott in hoher Gunst. Deshalb rekrutierte dieser Crean für seine zweite Reise als einen der ersten um sich dessen Dienste zu sichern.

Tom Crean und die Terra Nova Expedition: Von Anascaul bis (fast) an den Südpol

Tom Crean gehört zu einer Unterstützerkolonne der Expedition. Dadurch kam er bis auf 270 Kilometer an den Südpol heran. Seine Unterstützergruppe war die letzte, die Scott auf dem insgesamt 1.390 Kilometer langem Weg noch begleitete, eher dieser mit nur fünf Gefährten die letzten Kilometer zurücklegte. Auf dem beschwerlichen Rückweg erkrankte ein Mitglied der Unterstützergruppe. Daraufhin machte sich Tom alleine auf den Weg, um von der nächsten Versorgungsstation Rettung zu organisieren. In 18 Stunden durchquerte er solo die Kälte des Eises. Lediglich einige Kekse und ein Stück Schokolade dienten ihm als Nahrung. Schließlich erreichte er völlig erschöpft sein Ziel. Von hier aus startete eine Rettunsmission um die verbliebenen Mitglieder seiner Gruppe sicher nach zu holen. So rettete der bescheidene Tom Crean aus Anascaul durch seine Widerstandsfähigkeit und seinen Mut, alleine das Eis zu queren, das Leben seiner Kameraden. Hierfür erhielt er nach seiner Rückkehr später hohe Auszeichnungen vom englischen König.

Dem Leiter der Expedition, Robert Falcon Scott, war eine sichere Rückkehr vom Südpol nicht vergönnt. Er und seine Gruppe starben auf dem Weg zurück. Auch hier war es Tom Crean, trotz der erlittenen Entbehrungen Teil des Suchtrupps, der aufbrach, Scott zu finden. Allerdings fanden sie lediglich das eingeschneite Zelt samt der Leichen.

Tom Crean Anascaul

Erinnerungstafel in Anascaul (Foto: @myemeraldblog)

Durchquerung der Antarktis

Das Rennen um die Entdeckung war nach dem Erfolg Amundsens und dem Tode Scotts beendet. Dennoch boten sich anderen Entdeckern neue Ziele. So wollte der Ango-Ire Ernest Shackleton als erster die Antarktis komplett durchquren. Shackleton kannte Tom Crean von der Discovery Expedition und rekrutierte den Mann aus Anascaul für seine eigene Mission. So kehrten beide in 1914 in die Antarktis zurück.

Tom Crean und die Endurance Expedition: Schiffbruch im antarktischen Eismeer

Die Endurance Expedition von Ernest Shackleton geriet zu einem Desaster. Ihr Schiff geriet in die malmenden Fänge des Packeises und konnte nicht mehr befreit werden. Nach Monaten gefangen im Eis, sank es. Die Mannschaft um Shackleton und Crean rettete sich an Land, welches sie jedoch nicht weiter überqueren konnten. Nach weiteren Monaten des Ausharrens, entschied sich die Gruppe, mit den noch vorhandenen Rettungsbooten fünf Tage quer durch das Eismeer zu rudern um Elephant Island zu erreichen. Dort verstärkten sie die Seetüchtigkeit eines der Rettungsboote. Anschließend machte sich eine ausgewählte Gruppe auf die gefährliche Seereise ins 1.500 Kilometer entfernte South Georgia um Hilfe zu organisieren. Natürlich war Tom Crean aus Anascaul einer der Ausgewählten für diese Mission.

Durch gewaltige Wellen, eisige Kälte und ohne nennenswerte Vorräte und Navigationsmöglichkeiten durchquerte die Gruppe das Meer. Nach 16 Tagen erreichten sie entgegen aller Wahrscheinlichkeiten South Georgia. Dort endete ihr Leid noch nicht. Shackleton wählte Tom Crean und ein weiteres Mitglied der Reisegruppe für die nächste Etappe ihrer Rettungsmission. In weiteren 36 Stunden überquerten sie das von Gletschern durchzogene und unerforschte South Georgia. Letztlich erreichten sie völlig erschöpft eine bemannte Walfängerstation. Von dort aus entsandten sie ein Boot zur Rettung der auf Elephant Island zurückgelassenen Crew.

Die Geschichte mit den Hundebabys

Heute zeigt die Statue von Tom Crean in Anascaul den Antarktishelden mit Hundewelpen auf dem Arm. Dahinter steckt eine Anekdote von der Endurance Expedition. Eine der Schlittenhündinnen war zu Beginn der Reise schwanger und gebar ihre Welpen. Hierbei war es Tom Creans Aufgabe, sich um das Wohl der Schlittenhunde zu kümmern – und somit auch um die Neugeborenen.

Tom Crean: Sein Vermächnis entdecken

Die Endurance Expedition sollte Tom Creans letzte Mission sein. Er kehrte zurück in seine Heimat, das County Kerry. Er ließ sich in seinem Geburtsort Anascaul nieder und eröffnete sein eigenes Pub. Dabei suchte er trotz all seiner Taten nie den Ruhm. Über das erlebte sprach er so gut wie nie. Vielmehr passte er sich dem beschaulichen Rhythmus in West Kerry an und ließ das ewige Eis hinter sich.

Sein Pub, das South Pole Inn, ist heute eine Institution in dem kleinen Dorf auf der Dingle Peninsula. Im Inneren blicken viele Bilder und Erinnerungsstücke auf die Antarktisexpeditionen zurück. Darum hinterlässt ein Stop in Anascaul, an der Statue des Helden und im South Pole Inn bei Besuchern einen schönen Eindruck von seinem Lebenswerk.

Tom Crean Brewery Kenmare

Die Brauerei von Enkelin Aileen Crean in Kenmare ((Foto: @myemeraldblog)

Ausstellung im Kerry County Museum und Craft Beer-Brauerei

Im Kerry County Museum in Tralee widmet sich eine Dauerausstellung dem Leben und den Expeditionen von Tom Crean aus Anascaul. Im Tom Crean Room erfahren Besucher alles über sein Leben. Zudem können anhand der Darstellungen die verschiedenen Reisen nachvollzogen werden.

Außerdem lebt mit Aileen Crean eine direkte Nachfahrin des Antarktisforschers im County Kerry. Zusammen mit ihrem Ehemann Bill betreibt sie im Ortszentrum von Kenmare eine kleine Brauerei. In der Tom Crean Brewery Kenmare stellt das Paar eine schöne Bandbreite an verschiedenen Craftbieren her. Dazu verwenden sie das Gesicht von Aileens Großvater im Logo. Ihre Brauerei können Interessierte besuchen. Während einer Tour gibt es nicht nur Bier zu probieren. Vielmehr erzählen Bill und Aileen mit Herzblut und Humor die Geschichte von Tom Crean aus Anascaul, aber auch ihre ganz persönliche Geschichte.

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Über den Autor

Neil Saad

Bereits seit 2009 bereiste ich Irland mehrmals im Jahr und zu jeder Jahreszeit. Im Herbst 2021 zog ich schließlich auf die Grüne Insel und lebe seit dem im Kingdom of Kerry. Besonders das Wandern in Irland hat es mir hier angetan und so erkunde ich zu Fuß die irischen Gebirge und Wanderwege. Aber auch auf klassischen Road Trips liebe ich es, das Land immer wieder neu zu entdecken. Dabei bevorzuge ich das Prinzip des Slow Travel, denn gerade in Irland ist weniger ganz oft so viel mehr. Mit der Liebe zur grünen Insel kam auch der Wunsch, über Land und Leute zu schreiben und möglichst viele Menschen daran teilhaben zu lassen.

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