Wer Irland besucht, trifft immer wieder auf historische Stätten, in denen sich das einstige, regionale Machtgefüge aus Kleinkönigreichen und Provinzen widerspiegelt. Verteilt über die Provinzen, Ulster, Meath, Leinster, Munster und Connacht sind die Königssitze heute noch erkennbar. Sie versprühen trotz ihres Alters und Verfalls den Charme ihrer früheren Bedeutung. Ihnen haftet noch immer ein mystischer Glanz an. So auch dem Navan Fort in Armagh, dem alten Königssitz von Emain Macha. Hier, außerhalb der Stadt Armagh, können Irlandreisende nicht nur die Überreste des Sitzes des Königs von Ulster entdecken. Viel mehr gibt das angeschlossene Museum und Besucherzentrum tiefe Einblicke in die Geschichte des Ortes, seiner Nutzung und der Menschen seit dem 1. Jahrhundert vor Christus.
Emain Macha: Das Navan Fort in Armagh
Irlands alte Könige herrschten über einen Flickenteppich aus Kleinkönigreichen. Darunter die mächtigsten Könige schwangen sich regelmäßig auf, eine der historischen Provinzen Irlands unter sich zu vereinen. Wiederum nur die Größten, jene wie der legendäre Brian Ború, erlangten den Ruhm eines Hochkönigs. Die Könige der Provinzen besaßen ihren eigenen Königssitz. Jene waren rituelle Orte und Zentren ihrer Macht. Hierbei befand sich der Königssitz der nördlichen Provinz Ulster außerhalb der heutigen Stadt Armagh im gleichnamigen County Armagh. Heute als Navan Fort bekannt, bezeichneten die Menschen es für Jahrtausende als Emain Macha.
Hierbei ist Macha der Name einer irischen Göttin. Was die genaue Bedeutung des Zusatzes Emain ist, bleibt bislang eine offene Fragestellung der Forschung. Die häufigste Vermutung besagt, dass die Übersetzung „Die Zwillinge der Macha“ bedeutet und sich auf den Erdhügel des Navan Forts und eine zweite Erhebung beziehen. Eine weitere Vermutung bezieht sich auf eine legendäre Überlieferung aus dem Sagenkreis rund um die Göttin. Jene beschreibt wie Machas Gatte damit prahlte, seine Ehefrau könne schneller rennen als ein Pferd. Trotz ihrer Schwangerschaft, trat sie zum Rennen an und gewann dieses. Durch die Anstrengung setzten die Wehen ein und ihre Zwillinge waren geboren. Jedoch verstarb Macha, wodurch dem Ort ihres Todes und der Geburt ihrer Zwillinge der Name Emain Macha verliehen wurde.

Historischer Königssitz (Photographer/Creator: Patrick Hughes/ Copyright: @Visit Armagh/ABC Council)
Das historische Emain Macha: Sitz der Könige von Ulster
Um das Jahr 100 vor Christus, also vor über 2.000 Jahren, bauten die Menschen auf eine seichte Anhöhe eine hölzerne Konstruktion aus massiven Holzpfählen. Diese füllten sie mit schweren Steinen aus und umgaben sie mit Erde. Ein gewaltiges Steinkonstrukt, welches künftig den Sitz des Königs der Provinz Ulster markierte. Umgeben wurde dieses mit großen Erwällen. Im Inneren der Wälle befanden sich neben dem Steintempel weitere Holzgebäude. In dieser Anlage hielten die Könige Treffen ab und mutmaßlich fanden rituelle Zeremonien statt. Archäologische Ausgrabungen konnten die Entstehung und den Aufbau von Emain Macha, diesem historischen Sitz der Könige von Ulster außerhalb von Armagh sehr gut nachvollziehen. Ebenfalls war die Datierung anhand von Holzresten verlässlich. Dennoch nimmt man an, dass der Ort bereits zuvor als rituelle Stätte genutzt wurde. Deshalb taucht der Ort in den vielen Legenden aus der Provinz Ulster regelmäßig auf.
Der irische Krieger Cú Chulainn und Emain Macha
Im Legendenzyklus von Ulster ist Emain Macha der Wohnort des Königs Conchobar Mac Nessa und seiner Frau, der Göttin Macha. Jener Conchobar ist es, der sie dem Rennen aussetzt, welches schließlich zur Geburt der Zwillinge und ihrem Tode führt. Er macht Emain Macha auch zum Sitz des Ordens der Red Branched Knights. Deshalb taucht der Ort regelmäßig in den Erzählungen rund um den Helden Cú Chulainn und den Rinderraub von Cooley auf.
St. Patrick und das Navan Fort in Armagh
Die Stadt Armagh ist eng mit dem Nationalheiligen St. Patrick verwoben. Während seiner Mission, kam er auch nach Emain Macha. Dabei war sich der Missionar der rituellen Bedeutung des heidnischen Ortes bewusst. Mit der Erlaubnis des lokalen Clanführers, nutzte er die Stätte für seine Missionarsarbeit. Hierdurch gelang ihm die Transformation vieler Menschen vom heidnischen Glauben zu den Lehren des Christentums. Daraus resultierte die spätere Bedeutung von Armagh als frühes Zentrum des katholischen Glaubens in Irland vor der Reformation im Hochmittelalter. Heute findet sich in der Stadt und somit nur wenige Kilometer vom Navan Fort entfernt die St. Patrick’s Cathedral von Armagh.
Den alten Königssitz besichtigen
Besucher auf Irlandrundreise finden das Navan Fort im County Armagh, weniger als drei Kilometer außerhalb der Stadt Armagh. Der Ort liegt auf der kürzesten Verbindungsstrecke zwischen Dublin und dem nordwestlichen County Donegal. Dabei ist er gute 90 Minuten von der irischen Hauptstadt entfernt. Dies stellt die Hälfte der Strecke zwischen Dublin und Derry an der Grenze zu Donegal dar. Dadurch ist eine Fahrtpause mit Besuch des Navan Forts und der Stadt Armagh eine ideale Gelegenheit sich nicht nur kurz die Beine zu vertreten.
Das Navan Fort bietet ein Besucherzentrum samt Museum mit Außenbereich. Hierin werden die historischen Zusammenhänge anschaulich erläutert. Dazu kommen auch die mythologischen Aspekte und Legenden nicht zu kurz. Der Außenbereich des Museums bietet Nachbauten, die Besucher weit in die Vergangenheit zurückführen. Dies macht einen Besuch zu einem informativen und unterhaltsamen Erlebnis. Das Besucherzentrum ist über einen Weg durch saftige Weiden mit dem Navan Fort selbst verbunden. Nach nur wenigen Minuten kann die alte Stätte der Könige von Ulster aus nächster Nähe bestaunt werden. Die einst mächtigen Erdhügel, heute teils mit Bäumen gesäumt, vermitteln noch immer einen bleiben den Eindruck der einstigen Größe. Dazu schwingt bei jedem Besuch ein Hauch der mystischen Erzählungen um Könige, Göttinnen und Helden durch die Luft. Ein Besuch des Navan Forts in Emain Macha im County Armagh ist jedenfalls empfehlenswert.
Details zu den Öffnungszeiten und Eintrittspreisen finden sich auf der Webseite des Besucherzentrums.
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