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Das Tullynally Castle und seine Geschichte

Tullynally Castle
Written by Monika Dockter

Tullynally Castle – sein Anblick ist bestens dazu geeignet, Fans von Downton Abbey oder der Geschichte des „kleinen Lord“ ins Schwärmen zu bringen. Mit seinen zahllosen Türmen und Türmchen, Kaminen, Erkern und Zinnen wirkt das Schloss wie  aus dem Märchen. Tatsächlich umfasst der Gebäudekomplex mehr als 120 Zimmer und ist somit in Irland das größte „Haus“ in Privatbesitz. Damit nicht genug, befindet es sich seit mehr als 370 Jahren im Besitz derselben Familie und ist bis heute zum Teil privat bewohnt.

Falls ihr noch mehr Einzelheiten über das Schloss und seine faszinierende Geschichte erfahren wollt, lest gerne weiter.

Das Schloss auf dem Hügel des Schwans

Wie sein Äußeres, so erinnert auch der Name des Schlosses an ein Märchen.  Tullynally ist eine Abwandlung des gälischen Tulaigh an Eallaigh – der Hügel des Schwans – und erinnert damit an die Legende der „Kinder des Lir“.

Vom Schlosshügel nämlich blickt man hinunter auf den Lough Derravaragh und somit auf den Schauplatz der Legende der vier Schwäne, die eigentlich die Kinder des sagenhaften Königs Lir waren, von ihrer eifersüchtigen Stiefmutter aber zu einem Dasein als Wasservogel verdammt. Bis heute ist es übrigens auf der grünen Insel wegen dieser Legende verboten, Schwäne zu töten.

Tullynally Castle – Das Gebäude

Tullynally Castle

© Thomas Pakenham, Fáilte Ireland

Wie gesagt umfasst das Schloss im Gesamten heute circa 120 Zimmer, die sich insgesamt auf drei Stockwerke plus teilweise vierstöckige Türme verteilen. Zum Vergleich: Unser deutsches „Märchenschloss“ Neuschwanstein sollte ursprünglich 200 Innenräume besitzen, von denen jedoch der größte Teil niemals fertiggestellt wurde.

Allerdings besaß das Gebäude nicht von Anfang an diese Ausmaße. Das ursprünglich zweistöckige, zu Verteidigungszwecken befestigte Haus aus dem 17. Jahrhundert ist heute nur ein Teil der Gesamtanlage. Damals hieß das Schloss nach seiner Besitzerfamilie Pakenham Hall. Um 1780 wurde das Haus durch ein zusätzliches Stockwerk erweitert. Als eines der ersten Häuser auf den britischen Inseln besaß Pakenham Hall ein zentrales Heizsystem. Durch Lüftungsgitter wurde die große Halle mit Heißluft warm gehalten.

Die größte bauliche Veränderung erfolgte im 19. Jahrhundert: Drei- und vierstöckige Türme wurden angebaut, die Mauern mit Zinnen versehen und etliche zweistöckige Gebäudeflügel hinzugefügt, in erster Linie Wirtschaftsgebäude wie Küchen und Stallungen, aber auch private Räume. So entstand im Lauf der Jahrzehnte der riesige, neugotische Gebäudekomplex des heutigen Schlosses.

Tullynally Castle und die Geschichte „seiner“ Familie

Wenn sich ein Haus seit bald 400 Jahren im Besitz derselben Familie befindet, sind deren Geschichten so untrennbar miteinander verbunden, dass man bei Tullynally Castle getrost von „seiner“ Familie sprechen kann, meine ich. Hier also zur Geschichte von beiden:

Im Jahr 1665 erhielt der britische Captain Henry Pakenham die Ländereien für seine Verdienste in der Armee Cromwells und erbaute das erste Wohnhaus Pakenham Hall. Zwei Generationen später heiratete Henrys Enkel Thomas eine reiche Erbin aus der Nachbarschaft, was nicht nur das Familienvermögen enorm vergrößerte, sondern ihm letztlich auch den Titel eines „Earl of Longford“ verschaffte. Er ließ sowohl das Haus als auch die Gärten erweitern.

Der zweite Earl of Longford, ebenfalls ein Thomas Pakenham, war es, der im Jahr 1803 entschied, sein Haus mithilfe von Türmen und Zinnen in ein Schloss zu verwandeln und die oben erwähnten Baumaßnahmen einleitete. 1820 erfolgte ein zweiter Schub baulicher Verbesserungen im gotischen Stil. So entstand beispielsweise ein achteckiger Diningroom und eine prächtige Great Hall mit hervorragender Akustik, die bis heute für Konzerte genutzt wird.

Auf das Konto von Edward, dem dritten Earl, gehen die beiden neuesten Gebäudeflügel aus dem Jahr 1840, welche die Größe des Schlosses verdoppelten. Auf diese Weise drückte jeder seiner Besitzer dem Schloss seinen eigenen Stempel auf. So auch der heutige Eigentümer Thomas Pakenham, der sich besonders den Gärten des riesigen Besitzes verschrieben hat.

Die Gärten

Die gesamte Gartenfläche umfasst heute etwa fünf Hektar und unterteilt sich in ummauerte Gärten, Waldflächen und zwei künstlich angelegte Seen. Ein guter Teil der heutigen Pflanzungen entstand unter tatkräftiger Mitwirkung der gegenwärtigen Eigentümer und steht Besuchern offen.

So bezeichnet sich der Schlossbesitzer Thomas Pakenham selbst als „Baumfanatiker“ und pflanzte bereits mehr als 1000 Exemplare davon neu. Auf der „Jagd“ nach Samen reiste er nach China, Tibet und Nordindien, und pflanzte seine Ausbeute danach größtenteils entlang des sogenannten Forest Walk. Seine neueste Pflanzung besteht aus einer Sammlung von seltenen Magnolien, die man am Ufer des Lower Lake bestaunen kann.

Entlang des sogenannten Tree Trail wachsen Thomas Pakenhams Lieblingsbäume, von denen er einige selbst pflanzte, andere dagegen erfreuen dort bereits seit mehr als 200 Jahren ihre Bewunderer.

Auch für Besucherkinder haben Tullynallys Gärten einiges zu bieten. Der Children’s Discovery Trail überrascht die jungen Wanderer mit Sehenswürdigkeiten wie einem Krokodil, einer Lamafamilie, einem Löwen mit Damenkopf, einem Zauberer, der aus einem Baum auf sie herunterblickt und einer Böschung, um sich hinunterzurollen.

Die heutigen Blumengärten tragen die gestalterische Handschrift der mittlerweile verstorbenen Hausbesitzerin Valerie. Sie erneuerte viele der Pflanzungen und plante unterschiedliche Sommerhäuser, von denen ein jedes einen anderen Blick auf die Anlagen bietet.

Tullynally Castle

© Thomas Pakenham, Fáilte Ireland

Besichtigung des Schlosses

Tullynally Castle liegt bei Castlepollard im County Westmeath etwa 80 Kilometer entfernt von Dublin. Zu besichtigen ist das Schloss jeweils während der Sommermonate Mai bis September, die genauen Öffnungszeiten findet Ihr hier.

Auf der geführten Schlosstour seht Ihr die historisch bedeutsame und viel genutzte  Great Hall, den Dining room und Drawing Room, die Bibliothek und die viktorianischen Dienstbotenquartiere. Zusätzlich zu dem optischen Vergnügen kommt Ihr dabei in den Genuss von unzähligen Anekdoten aus der 370 Jahre alten Familiengeschichte der Pakenhams sowie natürlich ihrer Dienerschaft, der in sich geschlossenen Gesellschaft below the stairs…

Last but not least locken Euch möglicherweise auch die Tea Rooms mit Giftshop. Wo einst die Kutsch- und Jagdpferde des Earls residierten, genießt der Besucher heute Kaffee, Tee und hausgemachte Erfrischungen. Außerdem erhascht man von hier aus auch einen Blick auf den sehenswerten Uhrenturm des Schlosses.

Wer danach noch eine Weile länger in der Gegend bleiben möchte, kann sich an der malerischen Umgebung freuen. Tullynally Castle, der nächstgelegene Ort Castlepollard und der See Lough Derravaragh See liegen inmitten sanfter Kalksteinhügel, fast genau in der Mitte der grünen Insel. Abgesehen von seinem historischen Ortskern findet sich in Castlepollard eine sehenswerte Skulptur, die die Legende der Kinder des Lir darstellt.

Tullynally Castle

© Thomas Pakenham, Fáilte Ireland

 

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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