Irland in der Neuzeit

Irish workhouses – nur scheinbar eine Zuflucht

Portumna Workhouse, Irish Workhouse
Written by Ina Brecheis

Es gab sie bereits vor der großen irischen Hungersnot von 1845, aber erst während der Hungerkatastrophe gelangten sie zu zweifelhafter Berühmtheit. Die Rede ist von den irish workhouses. Diese Arbeitshäuser für hungernde und arme Iren gab es zur damaligen Zeit landauf und landab. Einige sind noch heute zu besichtigen und geben einen Einblick in eines der düstersten Kapitel irischer Geschichte. In diesem Artikel möchte ich mit Euch die Geschichte der irish workhouses erkunden, das Leben und Sterben in ihnen und Euch verraten, wo Ihr noch heute intakte Arbeitshäuser finden könnt.

Irish Poor Laws – Grundlage der Irish Workhouses

Zwar gab es bereits vor der Vereinigung des Königreichs Großbritannien mit dem Königreich Irland im Jahr 1800 Gesetze, welche die Armut in Irland betrafen. So gab es etwa seit 1703 workhouses, die für die Ausbildung von Waisenkindern vorgesehen waren. Diese Arbeitshäuser gingen nach und nach in die sogenannten workhouses of industry über, die es fortan in jedem irischen County gab. Allerdings waren es erst die Irish Poor Laws von 1838, die maßgeblich zu einer flächendeckenden Verbreitung der workhouses in Irland führten.

Die Irish Pool Laws sahen außerdem vor, dass Irland geographisch in sogenannte poor law unions unterteilt wurde. Diese unions waren kleine Verwaltungsdistrikte, die meist nach der größten Stadt oder dem größten Dorf, in der sich meist auch das workhouse befand, benannt wurden. 163 solcher unions gab es in Irland. 130 von ihnen wurden vor der großen irischen Hungersnot erbaut.

Die Idee hinter den irish workhouses

Der Gedanke hinter den irish workhouses war, armen und hungernden Iren Arbeit zu geben. Allein schon der Bau und die Belieferung der Arbeitshäuser waren für Händler und Arbeitskräfte vor Ort ein einträgliches Geschäft. In diesen Arbeitshäusern sollte man in sehr einfachen Verhältnissen leben können und notdürftige Verpflegung erhalten. Das alles im Austausch für Arbeit, die vorwiegend dem Selbsterhalt dienen sollte. Alleine schon deshalb um örtlichen Betrieben keine Konkurrenz zu machen.

Allerdings wollte man die Armenhäuser nicht als staatliche Armenpflege verstanden wissen und so gab es einige Regelungen, die abschreckend wirken sollte. Etwa die Regelung, wonach Eheleute und Familien getrennt wurden und in unterschiedlichen Bereichen untergebracht waren. Erst viele Jahre nach der irischen Hungersnot änderte sich diese Regelung. Es war außerdem ein Stigma, in einem workhouse zu leben, das man nicht so leicht wieder loswerden konnte. Um Menschen davon abzuhalten, längere Zeit in den workhouses zu leben, gab es Bestrebungen, sie mit ein wenig Geld dazu zu bewegen auszuwandern. Das ging vorwiegend von den örtlichen Landbesitzern aus, die wenig erfreut darüber waren, für den Unterhalt der workhouses zur Kasse gebeten zu werden. Da war das Bezahlen einer Schiffspassage günstiger. Auch in diesen “coffin ships” wartete auf viele nur der Tod.

dunbrody famine ship

Das Dunbrody Famine Ship; Creating Agency: Fáilte Ireland

Die Architektur der irisch workhouses

Für den Bau der workhouses wurde eigens ein Architekt engagiert. Der Engländer George Wilkinson erarbeitete eine Vorlage für die Arbeitshäuser, die man dann für die verschiedenen örtlichen Gegebenheiten anpassen konnte. Zumeist bestanden die Arbeitshäuser in Irland aus einem frontalen Hauptgebäude, in dem die Verwaltung untergebracht war. Dieses befand sich in einigem Abstand zum eigentlichen Arbeitshaus, das selbst wie ein H geformt war. In diesem befanden sich dann die Wohnmöglichkeiten, Schule und Krankentrakt. Dazwischen zwei freie voneinander getrennte Höfe zur körperlichen Ertüchtigung von Frauen und Männern. Um die workhouses herum gab es Felder, auf denen die Bewohner arbeiteten.

Irish workhouses zur Zeit der irischen Hungersnot

Immer wieder kam es zu Hungersnöten in Irland wegen Missernte. Die große Hungersnot in Irland (1845-1849) aber, die etwa 1 Million Menschen das Leben kostete und nochmals circa 1 Millionen Menschen in die Emigration zwang, hat sich nachhaltig in das kollektive Gedächtnis der Grünen Insel eingebrannt. Schuld an dieser Hungerkatastrophe war ein Pilz, der die Kartoffel auf den Feldern der irischen Pächter verderben ließ. Die Kartoffel war damals Hauptnahrungsmittel der armen irischen Bevölkerung. Das geerntete Getreide hingegen wurde zum Großteil nach England verschifft. Wer die Pacht wegen der schlechten Ernte nicht mehr bezahlen konnte, musste gehen. Viele englischen Landbesitzer waren nicht traurig darüber, ihre irischen Pächter loszuwerden. So konnten sie leichter über ihr Land verfügen.

Doch wohin sollten die irischen Familien ohne Grund, Nahrung und Geld gehen? Für viele blieb da nur der Gang in die irischen workhouses. Familien, welche die Schwelle der Arbeitshäuser überschritten, wurden getrennt. Väter und Söhne wurden in einen anderen Trakt verwiesen als Mütter und Töchter. Zu essen gab es auch hier kaum und bedingt durch die unhygienischen Zustände hatten Krankheiten wie Typhus und Cholera leichtes Spiel. Sie verbreiteten sich rasch unter den Bewohnern der Arbeitshäuser. Hinzu kam, dass diese mehr und mehr Menschen aufnehmen mussten. So mussten mit fortschreiten der Hungersnot in einem workhouse, das eigentlich nur für 800 Menschen ausgelegt war, 1.800 Platz finden. 1849 waren in allen irish workhouses insgesamt 923.000 Menschen untergebracht.

Der Tagesablauf in einem Arbeitshaus war hart und rigide. Um 7:30 Uhr begann die Arbeit und endete erst um 20:00 Uhr. Unterbrochen nur von einer kurzen Mittagspause. Aufgrund der schlechten Versorgung der ohnehin schon geschwächten Menschen kam es in den workhouses zu unzähligen Todesfällen. Massengräber mussten ausgehoben werden. Was ein gerade Verstorbene noch am Leib getragen hatte, kam einem Neuzugang zugute.

irische Hungersnot

Internet Archive Book Images [No restrictions], via Wikimedia Commons

Diese Arbeitshäuser in Irland kann man besichtigen

Viele der ehemaligen Arbeitshäuser wurden in Krankenhäuser umgewandelt. Einige gibt es nicht mehr und wieder andere hat man erhalten, um die Erinnerung an diese Zeit der Not niemals in Vergessenheit geraten zu lassen. Wer sich für dieses Kapitel der irischen Geschichte interessiert, dem sei ein Besuch in diesen Museen empfohlen:

Donaghmore Famine Workhouse Musem – Donaghmore

Dieses Museum befindet sich in einem irish workhouse im irischen County Laois. Es bewegt sich auf den Spuren derer, die in diesem Arbeitshaus gelebt und gearbeitet haben und dort ihr Leben gelassen haben. Auf der offiziellen Website des Museums gibt es mehr Informationen zu Öffnungszeiten und Eintrittspreisen.

Kilkenny Famine Experience – Kilkenny

Das ehemalige workhouse in Kilkenny beherbergt heute die Famine Experience und erzählt Geschichten einzelner Schicksale, die sich in seinen Mauern zugetragen haben. So etwas von drei Brüdern, deren Eltern ihre Kinder zurücklassen mussten, während sie selbst Richtung Amerika fuhren. Einer vielleicht besseren Zukunft entgegen. Wer das Museum besuchen möchte, sollte auf dieser Website die Öffnungszeiten checken.

Irish Workhouse Centre – Portumna

Auch das Irish Workhouse Centre in Portumna lässt den Alltag in einem irischen Arbeitshaus zur Zeit der großen Hungersnot lebendig werden. Die alten Schlafsäle sind so kläglich eingerichtet, wie sie es in der damaligen Zeit waren und einige Artefakte erzählen berührende Geschichten. Mehr Infos zum Museum gibt es auf der Homepage des Workhouse Centre.

The Dunfanaghy Workhouse Musem – Donegal

Auch dieses Museum befindet sich in einem ehemaligen Arbeitshaus. Auf den Spuren einer Bewohnerin, Hannah, erkundet man das Leben in dem workhouse im späten 19. Jahrhundert. Hier gibt es mehr über das Dunfanaghy Workhouse.

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Über den Autor

Ina Brecheis

Ich habe mich während meines Studiums in Dublin in Irland verliebt. Zuvor war da nur eine vage Anziehung zu diesem Land mit seiner lebensfrohen Musik und lebendigen Kultur. Dort war es dann um mich geschehen und ich habe eine unvergessliche Zeit auf der Grünen Insel verbracht. Seither zieht es mich immer wieder dorthin zurück. Umso mehr freue ich mich, über mein grünes Lieblingsland hier bei gruene-Insel.de zu schreiben.

Kommentar

  • Sehr interessanter Artikel, auch weil die Workhouses bisher im Ggs. zur irischen Hungersnot nicht bekannt waren. Eine schlimme Zeit ohne Hoffnung auf Besserung. Wenn man an die heutigen, romantischen Irland-Reisen denkt, käme einem diese Ära gar nicht ins Gedächtnis.

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