Irische Mythologie

Feen in Irland – mehr als süße kleine Wesen

Feen_in Irland
Written by Monika Dockter

Feen – wahrscheinlich denken nicht wenige von uns bei diesem Begriff an süße, elfenhafte kleine Wesen mit transparenten Flügeln in bester Disney-Manier. Insbesondere die Iren sind ja bekannt für ihren Glauben an derartige mystische Wesen. Aber denken sie dabei wirklich an Feen nach Disney-Art oder doch eher an so etwas wie übermächtige Wesen, die das Leben der Menschen beeinflussen können? Und woher stammen sowohl dieser Glaube als auch die unerschöpflichen Geschichten, die sich um diese Wesen ranken? Fragen wie diesen wollen wir hier auf den Grund gehen.

Feenglaube im heutigen Irland

Vor etwas mehr als zwanzig Jahren, im Jahre 1999, stoppte ein wildwachsender Weißdornbusch, von denen es in Irland unzählige Exemplare gibt, den Straßenbau im County Clare. Damit machte er weltweit Schlagzeilen, schaffte es sogar bis in die New York Times. Und weshalb? Der Weißdornbusch genau auf der geplanten Route der neuen Straße war bekannt als Treffpunkt für Feen. Anwohner schlossen sich zusammen, um das Beseitigen des Busches zu verhindern.

Wenn der Busch niedergemacht wird, werden die Fairies kommen, argumentierten sie. Sie werden die Straße und alle, die sie benutzen, verfluchen, werden Bremsen versagen und Autos zusammenprallen lassen, eben all den Unsinn verursachen, für den die Fairies in ihrem Zorn bekannt sind.

Ihre Argumentation hatte Erfolg: Die Straße wurde um den Busch herum angelegt, der noch heute am Straßenrand zu sehen ist. Und dies ist bei weitem nicht der einzige Fall, in dem ein irisches Bauvorhaben geändert wurde, um die Feen nicht zu verärgern. In den Fünfzigerjahren wurde gar eine Flughafen-Landebahn aus diesem Grunde verlegt.

Eines wird dabei überdeutlich: Bis heute glauben viele Iren an die Existenz eines mystischen unsichtbaren Feenvolkes. Und es scheint ganz und gar nicht so, als hielten sie diese für niedliche und harmlose kleine Wesen nach Disney-Art. Eher für unsichtbare, aber mächtige Wesen, die gerne mit den Menschen interagieren – und zwar nicht unbedingt zu deren Bestem.

Um eine genauere Vorstellung davon zu bekommen, betrachten wir zunächst einmal, woher das Volk der Feen der Legende nach stammt.

Der Ursprung des Feenvolkes, auch genannt Little People oder Aes Sidhe

Das sogenannte Buch der Invasionen (Lebor Gabála Erenn) aus dem 11. Jahrhundert enthält die Geschichte der ersten, mythischen Bewohner der Insel. Danach war das göttliche Volk der Túatha Dé Danann mit unter den ersten Stämmen, die über die Insel herrschten. Diesem Volk der Göttin Danu entstammen bekannte mystische Persönlichkeiten wie der Sonnengott Lugh und der Fruchtbarkeitsgott Dagda. Falls Ihr mehr über sie und ihre übernatürlichen Fähigkeiten erfahren wollt, lest gerne hier nach.

Doch die Herrschaft der Túatha Dé Danann dauerte nicht ewig: Eines Tages landeten die Milesier, Kelten aus dem Gebiet der Iberischen Halbinsel, an der Küste Irlands. Es kam zum Kampf zwischen den beiden Völkern, aus dem die Milesier als Sieger hervorgingen. Fortan betrachteten sie sich als Herrscher über die Insel. Aber auch für die Nachkommen der Göttin Danu wurde eine Lösung gefunden: Während die Milesier das Land selbst regierten, würden sie hinfort über die Anderswelt herrschen, jene in den Erdhügeln versteckten Paläste und Städte des unterirdischen Reiches.

Und in diesen Hügeln, den so bezeichneten Sid, leben sie der Legende nach bis heute. Aufgrund ihrer geschwächten Kräfte zwar nicht mehr als Götter, aber eben als Feen oder auch Aes Sidhe.

Wo sind irische Feen zu finden?

Damit wären wir auch bereits bei der Frage angelangt, in welchen Wohnstätten die Iren ihre Feen bis heute vermuten.

Zum ersten natürlich in ihren Feenhügeln, die ihnen ja damals von den Milesiern zugewiesen wurden. Besonders markant unter diesen Hügeln sind die weltbekannten Grabhügel im Osten Irlands oder auch der irische „Tafelberg“ Benbulben. In der Gegend des Letzteren sah William Butler Yeats, der weltbekannte Poet, die Wohnstätte sehr vieler Feen.

Ähnlich verhält es sich mit den irischen Feen-Forts, den zahllosen Ring-Forts, die sich über ganz Irland verteilen. Nüchtern betrachtet handelt es sich dabei um Reste kreisförmiger Wohnhäuser aus der Eisenzeit. Der Legende nach jedoch sind sie Treffpunkt und Zuhause der Feen. Und Unglück oder Tod werden jeden treffen, der es wagt, eines von ihnen zu zerstören. Falls ihr Euch also schon einmal gewundert habt, dass diese ringförmigen Anlagen in Irland nicht irgendwelchen Flurfördermaßnahmen oder Ähnlichem zum Opfer gefallen sind – hier habt ihr den Grund.

Und last, but not least, wären da die oben genannten Weißdornbüsche. Sie sind nicht nur für die Feen von Bedeutung, sondern auch für viele Menschen, die sich hier der unsichtbaren Welt näher fühlen. Nicht selten befinden sich diese Büsche genau neben einer heiligen Quelle und die Menschen suchen sie auf, um die unsichtbare Welt, seien es nun die Heiligen oder die Feen, um Dinge wie Heilung und Ähnliches zu bitten. Als sichtbares Zeichen dieser Bitte binden sie dann ihre Rags – Papier- und Stofffetzen, Stofftiere und dergleichen – an den Busch, der damit zum Rag Tree wird. Ein weithin sichtbares Zeichen, wie sich christliche Tradition mit den alten, heidnischen Bräuchen vermischen kann.

Benbulben

Tafelberg Benbulben im County Sligo

Wie sehen die Feen in Irland aus und wie leben sie?

Im Bezug auf das Aussehen der Feen gibt es verschiedene Theorien.

Für die einen ähneln die irischen Feen äußerlich großgewachsenen Menschen. Genau wie diese auch kommen sie als Säuglinge zur Welt und sind sterblich, sie betätigen sich als Handwerker und als Krieger. Außerdem sind sie überaus gutaussehend. In dieser Version also gleichen sie äußerlich sehr den Elfen aus Tolkiens „Herr der Ringe“.

Irische Feen sind stets äußerst musikalisch und auf Ästhetik bedacht. Bringen sie ein Kind zur Welt, das ihnen äußerlich nicht gefällt, können sie es mit einem menschlichen Baby vertauschen (näheres dazu in dem Beitrag „Das sind bekannte irische Fabelwesen“).

Fairies können sehr liebenswürdig sein und Glück bringen, doch auch genau das Gegenteil. Wer sie verärgert oder ihr Eigentum, ihre Wohnungen, zerstört, muss mit extremer Vergeltung rechnen. Siehe die eingangs erwähnte Geschichte aus dem Straßenbau.

In der modernen irischen Folklore jedoch ähneln die Feen inzwischen mehr der Disney-Variante. Sie sind kleine, zarte Wesen, die an den schönsten Orten in der Natur zu hause sind. Als solche sind die Geschichten um das magische Wesen „Fee“ wesentlich kindgerechter. Märchenwege wie im Malahide Castle und der Erica’s Fairy Forest in Cavan bringen dem kindlichen Besucher die Magie dieser Wesen näher.

W.B.Yeats und die Feen in Irland

Doch auch große irische Persönlichkeiten ließen sich bereits von dem Gedanken an Feen verzaubern. Der Literaturnobelpreisträger William Butler Yeats beispielsweise, und sein Schriftstellerkollege Samuel Beckett. Deshalb möchte ich hier mit einem Gedicht von W.B. Yeats schließen, das er über die Feen verfasste.

Aus „The Stolen Child (Das gestohlene Kind)“:

Come away, O human child!

To the waters and the wild

With a faery, hand in hand.

Fort he world’s more full of weeping

Than you can unterstand.

 

 

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

Kommentar

  • Danke, dass ich diese offensich wunderbare Seite gefunden habe. Bei meinem ersten Ankommen auf der grünen Insel, fühlte ich ein so vollkommenes wohlfühlen und seitdem komme ich immer wieder um auch mal länger zu bleiben. Der Südwesten, die Halbinsel Beara hat eine besondere Faszination.

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