Irische Mythologie

Dagda’s Harfe

Dagdas Harfe
Written by Monika Dockter

Das Symbol der irischen Harfe ziert nicht nur unsere Website der Grünen-Insel hier, sondern auch das Wappen Irlands, viele irische Firmenlogos – das bekannteste davon sicherlich das der Firma Guinness – und zahllose irische Münzen, Dokumente und Souvenirs. Auf welche Weise die keltische Harfe eine solche Bedeutung gewann, lest ihr in dem  Artikel Irland Wappen und Geschichte. Denn hier und heute widmen wir uns nur einer ganz speziellen irischen Harfe: DAGDA’s HARFE. Um diese besondere Harfe nämlich rankt sich eine jahrhundertealte Legende voller Mystik und Magie. Aber lest selbst!

Dagda, der göttliche Krieger

Vor vielen, vielen Jahren lebte ein göttliches Volk an den steilen Küsten und in den tiefen Wäldern der grünen Insel. Man nannte dieses Volk die Thúata de Danann, und Dagda war für lange Zeit ihr Führer. Nun galten diese Wesen mit dem goldenen Haar und den blauen Augen als mächtige, erbarmungslose Krieger. Diesen Ruf verdankten sie neben ihren außergewöhnlichen Körperkräften auch ihren magischen Fähigkeiten.

Ungezählte Feinde fielen durch den Speer des Lugh, der – wer immer ihn auch schleudern mochte – niemals sein Ziel verfehlte. Auch gegen das Lichtschwert des Nuada konnte kein Kämpfer etwas ausrichten, und sei er noch so stark und fähig: Der Augenblick, in dem jenes Schwert in seinen Körper drang, brachte ihm unausweichlich den Tod. Eine Quelle des Lebens dagegen war der Kessel des Dagda: ein Bronzekessel voller Nahrung, welcher niemals leer wurde und den Hunger eines jeden tapferen Mannes stillte, der daraus aß. Ein ganz besonderer Schatz für den göttlichen Dagda jedoch war seine Harfe.

Dagda’s magische Harfe

Die Harfe war ein wahrlich prächtiges Instrument: Gefertigt aus dem Holz der magischen Eiche und aufs Reichste verziert mit Gold und Juwelen. Der Name des kostbaren Instrumentes war Uaithne. Doch es gab nur einen, der die Harfe Uaithne auch spielen konnte – der mächtige Dagda selbst.

Seine Finger entlockten ihr die betörendsten Melodien. Ihre fröhlichen Töne ließen die Menschen alle Sorgen vergessen, brachten sie dazu, zu lachen und vor Freude zu tanzen. Sie besaßen gar die Macht, Wunden zu heilen und die Jahreszeiten zu ändern.

Jedoch spielte der Dagda auch Melodien, bei denen eine tiefe Traurigkeit auf seine Zuhörer fiel, sodass alle zu weinen begannen, und andere, die seine Zuhörer wie ein Wiegenlied in den tiefsten Schlaf lullte. Und nicht zuletzt rief Dagda mit der Harfe seine Krieger zu den Waffen. Sobald sie den Klang der Saiten hörten, wandelte sich alle Mattheit oder Furcht vor dem Feind in eine große Kampfeslust, und sie zogen siegesgewiss in die Schlacht.

Dagda’s Harfe wird gestohlen

In eben dieser Weise verhielt es sich auch bei einem ihrer zahlreichen Kämpfe gegen den Erzfeind, die Formorianer. Streitlustig drängten die Krieger hinter Dagda her auf das Schlachtfeld. Sie zückten ihre Schwerter – der Kampf konnte beginnen. Schon lichteten sich die Reihen der Feinde, als diese eine List ersannen.

Während ihr König und ein Teil der Truppen weiter kämpften, schlichen die übrigen formorianischen Kämpfer auf Dagda’s unbewachte Festung. Sie wollten die magische Harfe stehlen. Hatten sie dieses wunderwirkende Instrument erst einmal in ihrem Besitz, so dachten sie nämlich, wären sie in Zukunft die Gewinner aller Schlachten!

In der Tat war es nicht schwer, die Harfe zu stehlen. Doch wohin nun mit dem prächtigen Instrument? An welchem Ort war es sicher davor, wieder von seinem eigentlichen Besitzer zurückerobert zu werden? Noch wussten die Diebe ja nicht, ob der Rest ihrer Truppen diesen Kampf gegen Dagda wirklich gewinnen würde…

So nahmen sie mit der Harfe auch ihr gesamtes Hab und Gut, ihre Frauen und Kinder mit sich und versteckten sich in einer weit entfernten Gegend auf einer verlassenen Burg.

Dagda sucht seine Harfe

Siegestrunken versammelten sich Dagda und seine Krieger nach der Schlacht wieder auf ihrer Festung. Einmal mehr hatten sie die Formorianer ruhmreich geschlagen. Und noch ehe das Blut der Feinde auf ihren Schwertern vollständig getrocknet war, sollte Dagda auf seiner Harfe das Siegeslied anstimmen.

Wie groß war ihr Entsetzen, als sie feststellten, dass Uaithne verschwunden war! Auf der ganzen Festung gab es keine Spur von ihr – nur die Spuren der Eindringlinge, welche sie gestohlen hatten. Wutschnaubend begaben Dagda und zwei seiner Männer sich auf die Verfolgung der dreisten Diebe.

Es währte nicht lange, und sie hatten diese in ihrem Versteck aufgespürt.

Entdeckt!

Die Formorianer glaubten sich so sicher, dass sie gemeinsam ein Festmahl feierten. Ihre Beute – die magische Harfe – hing für alle sichtbar an der Wand des Festsaales. Plötzlich aber sprang die Tür des Saales auf und vor ihnen stand niemand anders als der in weiter Ferne geglaubte Dagda!

Der brauchte nur die Arme auszustrecken, und schon kam Uaithne von ihrem Platz an der Wand direkt auf ihren Besitzer zugeflogen. Ebenso rasch hatten sich die Formorianer von ihrem Schrecken erholt. Sie griffen nach ihren Waffen und stürmten mutig auf Dagda zu. Mit ihm alleine und nur zwei Begleitern würden sie wohl fertig werden!

„Ich glaube, es ist Zeit für etwas Musik!“, sagte Lugh, einer der Begleiter von Dagda deshalb, und Dagda griff in die Saiten seiner Harfe. Er spielte nur einen Akkord. Einen Akkord von herzzerreißender Trauer. Im Handumdrehen brachen die Frauen und Kinder im Saal in Tränen und lautes Heulen und Schluchzen aus. Und die starken, blutrünstigen Krieger verbargen ihre Gesichter in ihren Umhängen, damit niemand sah, dass es ihnen ebenso erging.

Sobald jedoch die Musik verklang und die Männer ihren Schmerz überwunden hatten, griffen sie erneut nach ihren Schwertern und drangen auf Dagda ein.

Dagda erobert seine Harfe zurück

„Ich glaube, es ist Zeit für etwas Musik!“, sagte diesmal Ogma, Dagdas zweiter Gefährte, und Dagda spielte seine Harfe. Diesmal spielte er die Musik der Freude.

Schon beim ersten Saitenklang verzogen sich die wilden, bärtigen Kriegergesichter zu einem albernen Grinsen. Kurz darauf lachte und tanzte die ganze Versammlung der Feinde durch den Saal, sodass Weinkelche und  Waffen gleichermaßen nutzlos zu Boden fielen. Freude und Übermut verdrängten jeden Gedanken an Feindseligkeit.

Doch wiederum verhallten die Töne der Harfe, die Krieger fanden ihre Fassung wieder und griffen an. Da schlug Dagda ein drittes Mal die Saiten von Uaithne an. Diesmal war ihre Musik so rein und süß und lieblich wie die Ruhe und der Frieden selbst, dass niemand ihrer Macht wiederstehen konnte. Ein tiefer, friedvoller Schlaf legte sich über die ganze Versammlung. Die Hände noch an der Waffe, fielen den Kriegern die Augen zu, sie sanken an Ort und Stelle zu Boden und bald übertönte ihr Schnarchen sogar die Musik.

Auf Zehenspitzen verließen Dagda, Ogma und Lugh die Festung und kehrten unbehelligt nach Hause zurück. Und niemals wieder unternahm jemand den Versuch, Dagda’s magische Harfe zu stehlen…

Zugabe

Als kleine Zugabe findet Ihr diese schöne Legende hier auch in musikalischer Form.

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Über den Autor

Monika Dockter

Als Schriftstellerin bedeutet Irland für mich Inspiration in ihrer schönsten Form. Ich finde diese Inspiration in den Worten begnadeter irischer „Storyteller“, zwischen den verschlungenen Wurzeln einer uralten Eiche und auf der Brücke über einen Bach, dessen Wasser vom Torf so braun ist wie der Ginster am Ufer gelb…
Für die gruene-Insel.de zu schreiben betrachte ich als einmalige Gelegenheit, etwas von der für mich so faszinierenden Atmosphäre dieses Landes weiterzugeben – und zwar an eingefleischte Irlandfans ebenso wie an solche, die genau das einmal werden wollen.

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