Nordirland Sehenswürdigkeiten

Mount Stewart House und Garden

Mount Stewart
Written by Neil Saad

Die großen, historischen Herrenhäuser Irlands zeichnen ein Bild des prachtvollen Lebens vergangener Zeiten. Zeiten, in denen eine reiche Oberschicht ihren Wohlstand in wundervoller Architektur und weitläufigen Gartenlandschaften ausdrückte. Darunter sind zahlreiche dieser Anwesen heute beliebte Besucherattraktionen. Dazu gehört Mount Stewart House & Garden auf der Ards Halbinsel östlich von Belfast. Umweht von frischer Meeresluft und inmitten einer herrlichen Landschaft unterhielt die Familie Stewart für zweihundert Jahren ihren Familiensitz. Dabei wird bei einem Besuch dieses Idylls im Norden Irlands die Leidenschaft der Familie für das Haus und seinen Garten spürbar.

Mount Stewart House & Garden auf der Ards Halbinsel

Mount Stewart House & Garden befindet sich auf der Ards Halbinsel östlich von Belfast. Die Halbinsel erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung in die Irische See. Nördlich von ihr liegt die Bucht von Belfast. Währenddessen trennt der Strangford Lough im Süden und Westen die Peninsula von der irischen Landmasse ab. Auf der Halbinsel herrscht ein mildes, maritimes Klima. Ausgezeichnete Bedingungen für einen großen Garten.

Das herrschaftliche Anwesen liegt im Norden der Ards Halbinsel. Lediglich eine Straße trennt das Anwesen von den seichten Ufern des Strangford Lough. Mount Stewart House & Garden ist durch die Nähe ein ideales Ziel für einen Tagesausflug von Belfast. In lediglich dreißig Minuten ist die Strecke zwischen Belfast und dem idyllischen Fleckchen am Strangford Lough zurückgelegt. Von Dublin aus beträgt die Fahrtzeit gute zweieinhalb Stunden.

Mount Stewart House

Creating Agency: Tourism Ireland

Die Geschichte von Mount Stewart House

Die einflussreiche Familie Stewart

Mount Stewart House & Garden geht auf die Familie Stewart zurück. Im Jahr 1744 erwarb der Stoffhändler Alexander Stewart ein Stück Land und baute für seine Familie ein standesgemäßes Haus. Zunächst wurde dieses unter dem Namen Mount Pleasant bekannt. Ursprünglich stammte die Familie aus Schottland, siedelte aber im Zuge der gezielten englischen Besiedelung Irlands auf die Grüne Insel über. Dort machte Alexander Stewart sein Glück und verdiente ein stattliches Vermögen. Zudem erweiterten die Stewarts gekonnt ihren politischen und gesellschaftlichen Einfluss. Somit erhielt Alexanders Sohn Robert einen Grafentitel. Dessen Sohn, wiederum ein Robert, schaffte es Anfang des 19. Jahrhunderts gar zum englischen Außenminister.

Nach dem Tod des Grafen Robert ging das Anwesen an seinen Sohn Robert über. Jedoch lebte dieser nur noch ein Jahr. Hierdurch kam das Haus nach seinem Tod in den Besitz seines Halbbruders Charles Vane und seiner zweiten Ehefrau Lady Frances Anne Vane-Tempest. Diese stammte Ihrerseits aus einer wohlhabenden Familie. Dadurch häufte sich der familiäre Wohlstand und Charles und Frances bauten Mount Stewart House großzügig aus und um. Zahlreiche Erweiterungen, die heute zum Gebäude gehören, stammen aus dieser Zeit.

Charles und Edith Vane-Tempest-Stewart

Allerdings erwarb die Familie mit der Zeit weitere prunkvolle Anwesen in England. Insbesondere die Nachkommen von Charles und Frances lebten andernorts, unter anderem in England und Wales. Deshalb geriet der einstige Familiensitz zum Nebensitz und stand teilweise gar leer. Jedoch erlitt das Anwesen nicht das Schicksal anderer Herrensitze und verfiel nicht. Vielmehr zog Charles Vane-Tempest-Stewart mit seiner Ehefrau Edith zu Beginn des 20. Jahrhunderts an den Strangford Lough. Die beiden, äußerst wohlhabend und gesellschaftlich hoch angesehen, renovierten das Haus zu dem heutigen Standard.

Insbesondere die Inneneinrichtung geht auf das Wirken der beiden zurück. Hierbei diente das Haus der Familie als repräsentatives Statussymbol. Regelmäßig ging die Elite der irischen, englischen und europäischen Politik in Mount Stewart ein und aus. Vor allem die Gastgeberin verstand es, sich und ihren Mann in das rechte, gesellschaftliche Licht zu rücken. Dazu war Edith Vane-Tempest-Stewart die erste, die die weitläufigen Außenanlagen in einen wahren Garten verwandelte.

Das Mount Stewart House

Das Mount Stewart House in seiner heutigen Form ist das Ergebnis extensiver Umbauten und Erweiterungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Dabei blieb der ursprüngliche, gregorianische Stil weitestgehend erhalten. Hauptmerkmale des Hauses sind die kunstvollen Balustraden an der Hausfront sowie die zierenden Säulen im Eingangsbereich.

Zentrales Element des Hauses ist das Esszimmer. In dem prunkvoll ausgestatteten Raum bewirteten die Stewarts eine große Anzahl, gewichtiger Personen aus Gesellschaft und Politik. Allzu lebendig lassen sich diese vergangenen Szenen vorstellen, wenn Besucher durch die angrenzenden Räume streifen. Szenen, wie eine Gesellschaft im Musikzimmer andächtig lauscht oder über politische Belange debattiert. Dabei ist die Inneneinrichtung weitestgehend ursprünglich erhalten. Prächtige Artefakte aus zweihundert Jahren weltpolitischer Geschichte zeigen sich stolz an den Wänden und sind als Ausstellungsstücke in den Räumen verteilt.

Neben dem Hauptgebäude ist der Stable Block, ein im Stile des Hauses erbauter Stall, erwähnenswert. In der südöstlichsten Ecke des Anwesens, nahe dem Strangford Lough, steht der Temple of the Winds. Dieser Turmbau ist dem Tempel der Winde in Athen nachempfunden. Er diente als Statussymbol und zeigte die Weltgewandtheit der Familie Stewart.

Ein Rundgang durch die Gärten der Familie Stewart

Für den Garten zeichnet Edith Vane-Tempest-Stewart verantwortlich. Zwar entstammt sie keinem gärtnerischen Hintergrund, brachte aber die Leidenschaft und Inspiration mit, einen der prächtigsten Gärten Irlands zu gestalten. Bevor Edith und ihr Gatte Charles das Ruder in Mount Stewart übernahmen, war das Anwesen von einer großen Parkanlage umgeben. Ein gärtnerisches Muster existierte nicht. Dafür waren bewaldete Areale und landwirtschaftliche Nutzflächen um das Haus herum angelegt. Somit stammt die heutige Schönheit des Gartens von Grund an aus ihrer kreativen Feder. Aus dieser Feder entstand ein abwechslungsreiches Idyll. Große Gehölze, teils gepflanzt vor einhundert Jahren, bilden bis heute eine Grundstruktur. Sie brechen Sichtachsen, dominieren Gartenteile und sorgen dafür, dass der Garten ein geschlossenes Reich für sich ist. Innerhalb dieses Reiches entstanden über die Jahrzehnte unterschiedliche Bereiche, die wie Räume für sich stehen oder sich als Ganzes zu einem Puzzle fügen.

Mount Stewart Garten

© Tourism Ireland by Art Ward

Der italienische Garten und der spanische Garten

Auffälligster Teil des Gartens ist der italienische Garten aus dem Jahr 1919 südlich vor dem Haus. Dieser typisch förmliche Garten trägt alle Stilmuster eines italienischen Gartens der Renaissance im 15. Jahrhundert. Streng geschnittene Einfassungen, klare und symmetrische Formen und sich wiederholende Bepflanzungen, gesäumt von Skulpturen. Hierbei experimentierte Edith Vane-Tempest-Stewart über Jahre mit verschiedenen Pflanzen, um die richtige Auswahl für den Garten zu treffen. Die salzige Meeresluft und die kühlen Winter machten einigen das Leben schwer. Letztlich blieben die härtesten Pflanzen übrig und prägen seit dem die Gestaltung des italienischen Gartens. Durch diesen experimentellen Mix unterscheidet sich der italienische Garten deutlich von vergleichbaren Gärten.

Südlich an den italienischen Garten schließt sich der spanische Garten an. Jener ist gleichfalls förmlich, aber in der Bepflanzung eher mediterran gestaltet. Seinen Namen bezieht er von den spanischen Fliesen, welche eine Loggia am Ende des Gartens dekorieren.

Skulpturen und Haustiere

Östlich an den italienischen Garten grenzt ein bemerkenswerter Teil der Anlage: die Dodo Terrace. Auf dieser befindet sich eine Sammlung zahlreicher Betonskulpturen, die Edith Vane-Tempest-Stewart zusammentrug. Hierbei stellen diese verschiedene Tiere und Figuren dar, welche die Herrin von Mount Stewart selbst designte. Ihren Namen trägt die Dodo Terrace aufgrund einer Karikatur von Ediths Vater, dem englischen Politiker Sir Henry Chaplin. Eine Zeitung zeichnete ihn im Zuge einer politischen Debatte als Dodo. Zu den weiteren Darstellungen gehört beispielsweise Winston Churchill oder Ediths Ehemann Charles.

Südlich an die Dodo Terrace grenzt der Peace Garden an. Hier liegen die Haustiere der Familie begraben. Umgeben von hohen Bäumen passt sich der schlichte Stil und die düstere Atmosphäre an das Thema an. Ein für die Stewarts emotionaler Ort zum Verweilen, weniger zum Entdecken. Diese Hälfte des Gartens schließt mit dem Mairi Garden, einer schönen Pflanzensammlung ohne tongebenden Stil, ab. Der Mairi Garden ist nach Charles und Ediths Tochter benannt.

Shamrock Garden und der versunkene Garten

Nordwestlich des Hauses liegt mit dem versunkenen Garten der älteste Gartenteil. Auch hier trainierte Edith Vane-Tempest-Stewart ihr Händchen für Gartendesign. Das Resultat ist ein aufgeräumter Garten mit förmlich geschnittenen Gehölzen. Jedoch gerade im zeitigen Frühjahr überrascht der versunkene Garten durch ein Meer an Farben.

Etwas weiter westlich vom versunkenen Garten liegt der Shamrock Garden. Dieser ist von einer hohen Koniferenhecke umgeben, die der Form eines Kleeblatts nachempfunden ist. Hierin ist allerlei Symbolik zu finden. Eine Eibe zur irischen Harfe geschnitten und ein in Rot blühendes Beet in der Form der roten Hand von Ulster sind die prominentesten Gestaltungen.

Mount Stewart Shamrock Garten

© Tourism Ireland by Art Ward

Der Landschaftspark von Mount Stewart

Der Nordteil des Anwesens ist ein weitläufiger Landschaftspark. Hier liegt der alte Fischteich, der von Bäumen umgeben einen zentralen Anlaufpunkt darstellt. Verschiedene Wege führen durch den Park und um den Teich herum. Das Gelände läuft vom Teich aus bergan. Auf der Kuppe des niedrigen Hügels befindet sich die Grabstätte der Familie, ein Mausoleum genannt Tir n’an Og, dem mystischen Land der ewigen Jugend.

Das Anwesen befindet sich heute in der Obhut des National Trust. Dieser übernahm im Jahr 1957 die Gärten und schließlich 1977 das gesamte Anwesen. Die letzte Erbin der Stewarts, Mairi Bury, verstarb 2009.

Über die Öffnungszeiten könnt Ihr Euch auf der offiziellen Website informieren.

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Über den Autor

Neil Saad

Bereits seit 2009 bereiste ich Irland mehrmals im Jahr und zu jeder Jahreszeit. Im Herbst 2021 zog ich schließlich auf die Grüne Insel und lebe seit dem im Kingdom of Kerry. Besonders das Wandern in Irland hat es mir hier angetan und so erkunde ich zu Fuß die irischen Gebirge und Wanderwege. Aber auch auf klassischen Road Trips liebe ich es, das Land immer wieder neu zu entdecken. Dabei bevorzuge ich das Prinzip des Slow Travel, denn gerade in Irland ist weniger ganz oft so viel mehr. Mit der Liebe zur grünen Insel kam auch der Wunsch, über Land und Leute zu schreiben und möglichst viele Menschen daran teilhaben zu lassen.

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