Irland in der Neuzeit

Die irische Rebellion 1798

Irische Rebellion von 1798
Written by Neil Saad

Die Beziehungen zwischen Irland und dem Nachbarn England sind traditionell belastet. Dabei blicken Iren und Engländer gleichsam auf 750 wechselhafte Jahre zwischen der ersten Invasion der Engländer und dem Unabhängigkeitskrieg zurück. In dieser langen Zeit unternahmen die Iren nicht weniger als fünfzehn Versuche, den unliebsamen Herrscher gewaltsam zu stürzen. Dabei erreichten die Iren neben Leid und umso größerer Repression nichts. Hierunter war die irische Rebellion 1798 eine dieser fehlgeschlagenen Unternehmungen. Zwar sorgte ihr Aufflammen für einen heftigen Flächenbrand, endete jedoch für die Iren schon bald im Desaster.

Die Spuren der irischen Rebellion von 1798 sind bis heute sichtbar. Insbesondere an Irlands Ostküste, dem Epizentrum des Aufstands, erinnern zahlreiche Orte und Gedenkstätten an die verlorene Sache von 1798. Auf einer Rundreise durch Irlands historischen Osten lassen sich diese Orte ideal erkunden. Interessante Sehenswürdigkeiten sind dabei der Vinegar Hill sowie das National 1798 Rebellion Centre in Enniscorthy. Wir blicken im Artikel auf den Aufstand in Irland von 1798.

Die Situation in Irland vor 1798

Seit der anglo-normannischen Invasion Irlands Mitte des 12. Jahrhunderts vergrößerte sich über die Jahrhunderte die Macht der englischen Krone auf der Grünen Insel. Zunächst ging diese Machtausweitung mit der Zurückdrängung der ursprünglichen, irischen Lebensweise einher. Später zerstörte das protestantische England das katholische Erbe Irlands. Dabei unterdrückte England sowohl den Glauben als auch die damit verbundenen Traditionen. Zudem diskriminierten die Machthaber katholische Iren und protestantische Andersdenkende.

Hierbei waren es die Penal Laws, die ab Ende des 17. Jahrhunderts die Macht der protestantischen Engländer festigten. Sie schlossen Katholiken weitestgehend vom wirtschaftlichen und politischen Leben aus. Somit ließen sie ihnen keinerlei Anteilhabe und Mitbestimmung. Vielmehr führte eine wohlhabende, protestantische Kaste das Land. Formell galt Irland als selbständiges Königreich mit eigenem Parlament. Jedoch unterlag dieses der Kontrolle Englands.

Währenddessen tat sich in der Welt Revolutionäres. Die amerikanische Revolution (1765) und die französische Revolution (1789) zeigten den Iren, dass Aufstände Großes bewirkten. Deshalb fanden sich Ende des 18. Jahrhunderts in Irland – wieder einmal – Revolutionäre zusammen, die nichts Geringeres als die gewaltsame Befreiung von Irland planten. Diese Iren sammelten sich unter dem Banner der Society of United Irishmen, welche schließlich die irische Rebellion 1798 anführten.

Irlands historischer Osten Wexford Rebellion 1798

Symbolische Statue eines irischen Rebellen von 1798 in Wexford Town (Foto: Neil Saad)

Die Gründung der United Irishmen

Die irische Unabhängigkeit vor Augen

Die United Irishmen gründeten sich 1791 in Belfast. Dabei waren die Gründer vor allem Protestanten und Presbyterianer, die als Andersdenkende galten. Dadurch wurden sie faktisch wie Katholiken behandelt. Dementsprechend standen sie dem in ihren Augen totalitären und geschlossenem Herrschaftssystem ablehnend gegenüber. Beeinflusst durch die französische Revolution waren ihre Hauptziele die Unabhängigkeit Irlands sowie die Gleichberechtigung aller Bürger. Die Gruppe fand mit den Jahren hohe Zuspruch in der Bevölkerung und wuchs stetig. Ab 1794 unterwarf sich jedes Mitglied mittels Schwur diesen Zielen. 1797 zählte die Gruppierung 300.000 Mitglieder.

Theobald Wolfe Tone – Anführer der United Irishmen

Gründungsmitglied und Anführer der United Irishmen war Theobald Wolfe Tone. Dieser junge Mann strebte vor allem nach irischer Unabhängigkeit. In verschiedenen Schriften sind seine Ideen und Forderungen aus den Anfangsjahren der United Irishmen dokumentiert. Dabei gerieten seine Schriften und jene weiterer Mitglieder durch Spitzel an die Regierung. Es folgten Festnahmen und die Flucht führender Mitglieder nach Frankreich und in die Vereinigten Staaten. Tone floh 1795 nach Amerika.

Kooperation mit der französischen Republik

Während dies die United Irishmen zunächst lahm legte, verlor Tone seine Ziele nicht aus den Augen. Deshalb nahmen die United Irishmen Gespräche mit der französischen Republik über eine Invasion Irlands auf. Gemeinsam mit den französischen Soldaten rechneten sich die Rebellen gute Chancen aus, die Soldaten der Regierung zu besiegen. Tatsächlich setzten im Dezember 1796 gut 15.000 französische Soldaten die Segel in Richtung Bantry Bay. Jedoch scheiterte die Landung an der stürmischen See. Es folgten der Abbruch der Aktion und der Rückzug der Flotte. Dadurch war die Invasion gescheitert.

Für die Regierung war dies jedoch ein Alarmsignal. In der Folge reagierte sie auf die wachsende Bedrohung durch die United Irishmen mit Härte. Überfälle, Folter und Tötungen waren dabei die Regel. All dies erleidend, bereiteten die United Irishmen nichtsdestotrotz einen neuen Aufstand vor. Sie fühlten, die Zeit war reif und schmiedeten den Plan für die irische Rebellion 1798.

Irische Rebellion 1798 – der Verlauf des Aufstandes

Der Plan der United Irishmen sah vor, die Hauptstadt Dublin einzunehmen. Gleichzeitig sollten lokale Aufstände im Umland von Dublin für Landgewinn sorgen. Dadurch versprachen sich die Aufständischen eine bessere Verteidigungssituation bei Gegenangriffen. Die Rebellen, wegen ihres kurzen Haarschnitts auch Croppy Boys oder Croppies genannt, waren vor allem einfache Leute. Dementsprechend ärmlich war ihre Bewaffnung und ihre soldatische Ausbildung. Die überwiegende Mehrheit besaß einfache Lanzen (englisch: pike) und kaum Erfahrung im Umgang damit.

Der Beginn der Rebellion auf den Straßen von Dublin

Planmäßig griffen die Rebellen am 23. Mai 1798 die irische Hauptstadt an. Allerdings war der Aufstand zu diesem Zeitpunkt bereits zum Scheitern verurteilt. Verräter in den eigenen Reihen gaben entscheidende Informationen über den geplanten Aufstand an die königstreue Regierung weiter. Deshalb besetzten englische Soldaten die geplanten Stützpunkte der irischen Rebellen und erwarteten diese dort. Dadurch gerieten nahezu alle Aufrührer umgehend in Gefangenschaft.

Die irische Rebellion 1798 greift auf das Land über

Trotz des schnellen Endes des Angriffs in Dublin startete am Folgetag in den umliegenden Regionen der Aufstand. Dabei standen die Grafschaften Kildare, Wicklow, Carlow und Wexford im Zentrum der Aktivitäten. In Kildare breiteten sich die Aufständischen früh aus und besetzten die Grafschaft weitläufig. In Wicklow entstand in der unwegsamen Landschaft der Wicklow Mountains eine Art Festung. Aus ihren Verstecken in den Bergen heraus unternahmen die Rebellen Angriffe auf die englischen Garnisonen. Währenddessen nahmen ihre Verbündeten in Wexford nach und nach beinahe sämtliche Städte der Grafschaft ein.

Während die erste Phase des Aufstands außerhalb Dublins erfolgreich verlief, formierte sich der Gegenangriff. In den folgenden Wochen fanden teils große Schlachten statt, bei denen die irischen Rebellen jedoch dem anrückenden Militär unterlagen. Hierbei fanden erwähnenswerte Schlachten in Antrim, Ballynahinch und New Ross statt. In der Folge mussten die Aufständischen ihre territorialen Gewinne unter hohen Verlusten aufgeben. Schließlich zog sich eine verbliebene Armee in Enniscorthy am Vinegar Hill zusammen. Dort standen sie am 21. Juni einer englischen Übermacht gegenüber. Sie unterlagen und der eigentliche Aufstand endete mit riesigen Verlusten.

Irlands historischer Osten Vinegar Hill Enniscorthy

Der historische Vinegar Hill bei Enniscorthy war Schauplatz einer bedeutenden Schlacht im Jahr 1798. (Foto: Neil Saad)

Nach der Niederschlagung: das Ende der Rebellion?

Nach der vernichtenden Niederlage am Vinegar Hill lieferten sich flüchtende Rebellen vereinzelte Kämpfe mit ihren Verfolgern. Jedoch war der irische Aufstand 1798 nach weniger als einem Monat faktisch beendet. Die höchsten Schätzungen gehen von 50.000 gefallenen Rebellen und sie unterstützende Zivilisten aus. Dennoch war nicht überall der letzte Wille gebrochen.

Die Wicklow Mountains zeigten sich früh als ein ideales Rückzugsgebiet für die lokalen Rebellen. Das abgeschiedene und kaum erschlossene Gelände war für die Regierungstruppen nicht kontrollierbar. Dagegen kannten die Aufständischen „ihr“ Gebirge wie die eigene Westentasche. Unter ihrem Anführer Michael Dwyer lieferten sich die Männer aus den Wicklow Mountains noch bis 1803 einen Guerillakrieg mit ihren Gegnern. Spuren davon sind noch heute im Glenmalure Valley zu besichtigen.

Irlands historischer Osten Glenmalure Rebellion 1798

Gedenkstein an die Rebellion von 1798 in Glenmalure (Foto: Yvonne Treptow-Saad)

Theobald Wolfe Tone und die französische Armee

Während in Irland die Vorbereitungen auf den Aufstand liefen, plante Theobald Wolfe Tone eine erneute Landung der französischen Flotte. Allerdings hatte das französische Militär unter der Leitung von Napoleon Bonaparte zu dieser Zeit andere Pläne. Tatsächlich entsandten die Franzosen dennoch drei weitere Flotten. Ihr Eingreifen fand allerdings erst nach der Niederschlagung des Aufstandes statt. Jedoch erzielte die erste Flotte trotzdem einen beachtlichen Teilerfolg. Eintausend Mann landeten in Killala an der Nordküste von Mayo. Dort eroberten sie ganze Landstriche und Castlebar. Schließlich rief der französische General Jean Humpert die Irische Republik aus. Sein Ziel: weitere Gebietsgewinne und der Einmarsch in Dublin. Allerdings erhielt er keine weitere Unterstützung. Seine kleine Armee unterlag bereits nach wenigen Wochen den nachrückenden Regierungstruppen.

Es folgten zwei weitere französische Flotten, die in Irland landeten. Den zweiten Versuch einer Invasion brachen die Befehlshaber nach der Landung in Donegal ab als sie von der Niederlage Humperts hörten. Sie flohen über die Nordsee nach Hamburg. Dort gerieten die United Irishmen an Bord in Gefangenschaft. An Bord eines Schiffes der dritten Flotte befand sich letztlich Wolfe Tone. Er landete ebenfalls in Donegal, geriet aber an ein englisches Kampfschiff. Bei der folgenden Seeschlacht vor Tory Island geriet Wolfe Tone in englische Gefangenschaft. Er wurde zum Tode verurteilt, starb jedoch zuvor in Gefangenschaft an ungeklärter Ursache. Der Führer der United Irishmen wurde 35 Jahre alt.

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Über den Autor

Neil Saad

Bereits seit 2009 bereiste ich Irland mehrmals im Jahr und zu jeder Jahreszeit. Im Herbst 2021 zog ich schließlich auf die Grüne Insel und lebe seit dem im Kingdom of Kerry. Besonders das Wandern in Irland hat es mir hier angetan und so erkunde ich zu Fuß die irischen Gebirge und Wanderwege. Aber auch auf klassischen Road Trips liebe ich es, das Land immer wieder neu zu entdecken. Dabei bevorzuge ich das Prinzip des Slow Travel, denn gerade in Irland ist weniger ganz oft so viel mehr. Mit der Liebe zur grünen Insel kam auch der Wunsch, über Land und Leute zu schreiben und möglichst viele Menschen daran teilhaben zu lassen.

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