Irische Lieder

The Fields of Athenry – das ist die Bedeutung dieses melancholischen Irish Folk Songs

fields of athenry
Written by Heike Fries

Die Fields of Athenry liegen im County Galway in Irland. Aber auch ein bekannter irischer Folk Song trägt ihren Namen. Der Song The Fields of Athenry wurde von Pete St.John geschrieben und ist alles andere als uralt: Er stammt aus der absoluten Blütezeit des Folk in den 70ern. Die bekannteste Version stammt von Paddy Reilly aus dem Jahr 1983. Unzählige Bands fühlten sich seitdem dem Song verpflichtet. Die Fields of Athenry erklingen als Folk, Punk, Pop, Reggae und sogar Psychedelic Rock. Nicht zu vergessen natürlich die unzähligen, oft sogar mehrstimmigen, Versionen in den Fußballstadien auf der grünen Insel oder anderswo. Das ist die Bedeutung eines der bekanntesten irischen Folk Songs.

The Fields of Athenry

Die Bedeutung des Irish Folk Songs

Fields of Athenry beschreibt, wie eine kleine Familie aufgrund der großen Hungersnot in Irland auseinander gerissen wird. Der Song erzählt von Michael, der Mais vom Feld eines anderen gestohlen hat und darauf wartet, mit einem Gefängnisschiff nach Australien deportiert zu werden. Dabei wurde er bloß zum Dieb und somit zum Rebellen gegen die englische Krone, damit sein kleiner Sohn den nächsten Tag erleben kann. Doch solange seine Frau und sein Kind frei sind und leben, hätte sein Schicksal einen Sinn, heißt es im Text. Ihm bleibt letztlich nur, seine Frau zu bitten, das gemeinsame Kind zu einem guten Menschen zu erziehen. Es ist ein herzzerreißender Song, dem jedoch auch ein Hoffnungsfünkchen innewohnt.

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Er handelt von einer der größten Katastrophen der neueren irischen Geschichte: Die große Hungersnot grassiert ab 1845. Die lebenswichtige Kartoffelernte fiel fünfmal hintereinander aus. Ein eingeschleppter Pilz, der sich über die Luft verbreitete, befiel nahezu alle Kartoffelpflanzen in Irland. Die durch Monokultur und fehlende Fruchtfolge geschwächten Pflanzen hatten keine Chance. Die Folgen waren verheerend, denn die Kartoffel nahm mit knapp 60 Prozent den größten Teil des irischen Speiseplans ein. Andere Gemüse oder Getreide konnten diesen immensen Ausfall nur spärlich kompensieren.

Die große irische Hungersnot

Dabei hätte es vielleicht Wege gegeben, die Folgen zu lindern. Denn bei genauerem Hinsehen fallen unzählige politische oder gesellschaftliche Versäumnisse auf, die letztlich erst dazu führten, dass eine Million Iren ihr Leben verloren. Viele versuchten ihr Glück auf einem der unzähligen Auswandererschiffe und zwei Millionen gelang es tatsächlich, woanders ein neues Leben zu beginnen. Die Bevölkerung der Insel schrumpfte im Angesicht der Katastrophe schlagartig um etwa 25 Prozent. Wie konnte es soweit kommen?

Wie so oft spielen verschiedene Faktoren zusammen. Logistische Probleme trafen auf wirre Ideologien und Untätigkeit. Zum einen herrschte schon damals der Glaube an den freien Markt, das hieß damals laissez-faire und bedeutete, dass sich die Politik aus der Wirtschaft herauszuhalten habe. Die ab 1846 regierende Partei der Whigs war großer Anhänger dieser Idee und schaute deshalb mehr oder weniger untätig zu. Denn der Staat solle bloß nicht eingreifen und schon gar nicht den Export irischen Getreides stoppen. Viel Getreide aus Irland wurde deshalb weiterhin ausgeführt – in andere Länder, die aufgrund eigener Missernten den Export ihrer Ernten gestoppt hatten. Aber auch nach England gelangten viele Tonnen aus Irland.

Zeitweise wurde zwar auch Getreide nach Irland importiert, doch die Verteilung stellte ein riesiges Problem dar. Ortschaften, die weit von den Häfen entfernt waren, gingen leer aus, den das Getreide verrottete oder kam gar nicht erst an. Engstirnige Ideologien, in denen auch die tiefe Abneigung gegen die katholischen Iren mitschwang, taten ihr Übriges.

Die englische Unterdrückung

Dazu muss man wissen, dass Irland damals vollständig unter englischer Herrschaft stand. Englischen Großgrundbesitzern gehörte der Großteil des Landes und die irischen Bauern bewirtschafteten es lediglich als Pächter. Viele Angehörige der englischen Eliten glaubten, dass die Iren nur den gerechten Lohn für ihr unmoralisches Verhalten kassierten. Ähnlich argumentierten auch Anhänger der evangelikalen Kirche. Die Katholiken hatten wohl einfach den Zorn Gottes auf sich gezogen und das geschähe ihnen eben recht. Deshalb gab es wenig Motivation, aktiv gegen die Katastrophe vorzugehen.

Gut funktionierende Suppenküchen, die die Whigs-Regierung 1847 zunächst widerwillig einführte und die unzählige Menschen ernährten, wurden schon im selben Jahr wieder abgeschafft. Die Regierung erklärte die Hungersnot schlicht für beendet. Das entsprach nicht der Wahrheit, aber schon damals sorgte man sich in einflussreichen Kreisen anscheinend mehr um die Kosten als um Menschenleben. Hinzu kam, dass die irischen Pächter trotz Missernten weiterhin die volle Pacht zahlen mussten. Viele konnten das nicht, deshalb nutzte so mancher Großgrundbesitzer die Gunst der Stunde, um verarmte Familien von seinem Land zu jagen.

Kurz gesagt: Die englische Krone legte mehr oder weniger die Hände in den Schoß. Und wer wie Michael einfach Essen stahl, hatte in einer solchen Gesellschaft eben kein Mitgefühl zu erwarten, sondern wurde kurzerhand eingesperrt und wegtransportiert. Kein Wunder also: Die Hungersnot mit all ihren tragischen Auswirkungen hat sich seitdem tief in die irische Seele gebrannt.

Im Song The Fields of Athenry geht auch darum, angesichts eines unbarmherzigen Schicksals, weiter zu machen und sich dennoch einen Funken Hoffnung zu bewahren. Denn wenn das Kind ein guter Mensch wird, hat sich der Akt des Aufstands gelohnt.

Hungernde in Irland

James Mahony The Illustrated London News, Skibbereen by James Mahony, 1847, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Songtext Fields of Athenry (frei übersetzt)

An einer einsamen Gefängnismauer hörte ich, wie ein junge Frau rief:
Michael, jetzt holen sie dich weg,
weil du Trevelyns Mais gestohlen hast,
damit unser Junge den nächsten Tag erlebt.
Das Gefangenenschiff liegt schon in der Bucht.

Brach liegen die Felder von Athenry,
wo wir damals die kleinen freien Vögel beim Flug beobachteten.
Unsere Liebe flog mit ihnen, denn wir hatten viele Träume und Lieder.
Jetzt ist es so einsam auf den Feldern von Athenry.

An einer einsamen Gefängnismauer hörte ich, wie ein junger Mann rief:
Du bist frei, das ist alles, was zählt.
Gegen Hungersnot und Krone
habe ich rebelliert, doch sie streckten mich nieder.
Jetzt musst du unser Kind allein in Würde erziehen

An einer einsamen Kaimauerbeobachtete sie, wie der letzte Stern unterging
und das Gefangenenschiff hinaussegelte.
Sie würde warten und hoffen und beten
für ihre Liebe in Botany Bay.

Es ist jetzt so einsam bei den Feldern von Athenry.

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Über den Autor

Heike Fries

Irland ist eine Herzensangelegenheit für mich und neben der irischen Musik hat es mir vor allem der irische Sagenzyklus angetan.

Ich habe Irland schon als Schülerin mehrmals besucht. Damals hatte ich das Glück, die ganze Insel über mehrere Wochen kennenzulernen. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen: Es ist bis heute mein Lieblingsland.

Ich bin Autorin und Künstlerin und irische Motive schmuggeln sich auch immer wieder in meine Zeichnungen. In meiner Freizeit spiele und singe ich in einer Band. Wir sind zwar keine richtige Folkband, haben aber den ein oder anderen irischen Song im Programm. Ich spiele außerdem ein wenig Bodhrán. Da ich nicht genug übe, bin ich nicht besonders gut – aber ich bin mit Begeisterung dabei.

Kommentar

  • „…, der Mais vom Feld eines anderen gestohlen hat.“
    Es ist wohl eher „Trevelyan’s corn“ gemeint., von Sir Charles Trevelyan. Wo Kartoffeln nicht mehr wuchsen, sollte es halt Mais schaffen, wie es in den anderen Kolonien (Nordamerika) ja auch wuchs.
    Michael hat wohl eher aus einem (Saatgut?)-Depot der Regierung geklaut? Das erklärt eher das rebellieren gegen die Krone.
    Aber sonst toll geschrieben!
    „Now you must raise our child with dignity (!)“, hat sich für immer in meine Seele geohrwurmt.
    Liebe Grüße,
    Ingo Fries

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