Kaum etwas ist so faszinierend wie ein Buch aus längst vergessener Zeit, das über noch ältere Zeiten erzählt. “Lebor na hUidre – Das Buch der dunkelfarbigen Kuh” ist ein mittelalterliches Manuskript, das tiefe Einblicke in die Geschichten, Traditionen und Glaubensvorstellungen des alten Irlands gibt. Das Werk aus dem 11. Jahrhundert entführt mit seiner reichen Sammlung von mythologischen Erzählungen, genealogischen Aufzeichnungen und historischen Berichten in eine Welt fernab der heutigen und lässt uns erahnen, warum so viele Iren noch an Zauberwesen glauben.
Inhaltsverzeichnis
Die Entstehung des Manuskriptes von Lebor na hUidre
Das Manuskript des “Lebor na hUidre” wurde im 11. Jahrhundert verfasst. Damit ist es eines der ältesten erhaltenen Manuskripte Irlands. Die genauen Umstände seiner Entstehung sind nicht vollständig dokumentiert. Es wird jedoch angenommen, dass “Lebor na hUidre” in einem klösterlichen Umfeld entstand, wo Mönche die mündlichen Überlieferungen der irischen Mythologie in schriftlicher Form festhielten. Dieses Manuskript beweist die Wichtigkeit von handschriftlichen Dokumentationen für die nachfolgenden Generationen.
Mystische Sagen in einer Zeit des kulturellen Wandels

AnonymousUnknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
Im 11. Jahrhundert befand sich Irland in einem dynamischen Wandel. Einerseits war die Gesellschaft der Iren stark von den Überlieferungen der keltischen Mythologie geprägt, zeitgleich erlebte das Land äußere Einflüsse durch die Normannen, die begannen, das Land zu besiedeln. So wurde das “Lebor na hUidre” zu einem wichtigen Symbol für die kulturelle Identität Irlands und das Bestreben, die eigene Geschichte in einer sich rasch verändernden Welt zu bewahren.
Die Legende um die Entstehung von Lebor na hUidre
Laut der Legende um Lebor na hUidre – das Buch der dunkelfarbigen Kuh heißt es, dass dem heiligen Ciarán vom elterlichen Hof eine Kuh nachgelaufen sei, als dieser sich auf den Weg zum heiligen Finnian von Clonard begab. Mit ihrer Milch ernährte sie ihn bis zu ihrem Tod. Als Ciarán Clonmacnoise gründete wurde die dunkle Haut der Kuh zu einer Art Reliquie. Kranke legten sich auf sie und wer auf ihr starb, dem sagte man nach, dass er sofort in den Himmel aufstieg. Als Ciarán der mythische Held Fergus mac Róich erschien, um ihm die Legende von Táin Bó Cuailnge zu erzählen, soll der Heilige dies auf der Kuhhaut niedergeschrieben haben. So nahm die Geschichte um Lebor na hUidre – das Buch der dunkelfarbigen Kuh seinen Anfang.
Lebor na hUidre – das Buch der dunkelfarbigen Kuh
Der Titel “Lebor na hUidre” heißt übersetzt so viel wie “Das Buch der dunkelfarbigen Kuh”. Die Kuh steht in der keltischen Mythologie für Fruchtbarkeit, Wohlstand und den Überfluss der Natur. Bis heute ist das Manuskript in der Bibliothek des Trinity College in Dublin zu finden, wo es intensiv von Historikern, Literaturwissenschaftlern und Mythologen studiert wird.
Die Mythen und Legenden von Lebor na hUidre
Doch was genau ist nun der Inhalt dieses mysteriösen Buches? In “Lebor na hUidre” finden sich zahlreiche Erzählungen, die einen tiefen Einblick in die keltische Mythologie, besonders zu dem einstigen Göttervolk Tuatha Dé Danann, gewähren. Im Folgenden findet Ihr die komplette Auflistung der enthaltenen Sagen mit einer kleinen Zusammenfassung:
- Táin Bó Cuailnge – erzählt die Geschichte von Königin Medb von Connacht, die einen wertvollen Stier aus Ulster rauben will. Der junge Held Cú Chulainn verteidigt sein Land allein gegen Medbs Armee und kämpft in einer Reihe von Duellen, um den Stier zu schützen.
- Lebor Bretnach – ist eine irische Übersetzung der Historia Brittonum. Diese enthält historische Informationen über die Könige von Irland und deren Abstammung. Es beschreibt die Herrschaft der verschiedenen Dynastien und deren Verbindungen zu den mythischen und historischen Figuren der irischen Geschichte.
- Amra Choluim Chille – Altirisches Gedicht, als eine Lobpreisung des Klostergründers Columban von Iona von Dallán [mac] Forgaill.
- Scél Tuain meic Chairill – Die Geschichte von Tuan handelt von einem Iren, der durch verschiedene Inkarnationen lebte und die Geschichte seines Volkes über Jahrhunderte hinweg bewahrte.
- Mesca Ulad – Erzählt von einem legendären Festmahl der Krieger von Ulster, das in Trunkenheit und Chaos endete. Die Geschichte beschreibt, wie der übermäßige Alkoholkonsum zu Konflikten, Verrat und der Schwächung der Krieger führte.
- Immram Curaig Maíle Dúin – Berichtet von Mael Dúins mystischer Seereise zu verschiedenen legendären Inseln. Dort trifft er auf faszinierende Kreaturen und erlebt außergewöhnliche Abenteuer.
- Togail Bruidne Da Derga – Erzählt vom Untergang der Königsherrschaft von Conaire Mór. Er wird von seiner eigenen Familie und dem Schicksal herausgefordert.
- Fled Bricrenn – Die Sage eines Festmahls, bei dem es zu einem heftigen Streit unter den Helden von Ulster über den Ehrenplatz kommt.
- Echtrae Chonnlai – Conall, Sohn des irischen Hochkönigs Conn Cétchathach, begegnet einer geheimnisvollen Frau, die niemand außer ihm sehen kann und in die er sich unsterblich verliebt. Die Fee lockt ihn in die „Ebene der Glückseligkeit“
- Immram Brain – Erzählt von Bran mac Febails Aufbruch zur mythischen Reise zur Insel der Frauen, nachdem ihm eine geheimnisvolle Frau erschienen ist, die ihm von einer geheimen Insel im Meer erzählte.
- Tochmarc Emire – Berichtet vom Brautwerben des jungen Cú Chulainn um Emer und wie er zahlreiche Aufgaben bestehen muss, bevor er um die Hand seiner Angebeteten anhalten darf.
- Compert Con Chulainn – Erzählt von der Geburt des legendären Helden Cú Chulainn. Die Geschichte beschreibt, wie seine Mutter Deichtine durch den Gott Lugh schwanger wird. Bei seiner Geburt zeigt Cú Chulainn bereits außergewöhnliche Fähigkeiten, die ihn als Krieger und Beschützer des Ulster-Stammes kennzeichnen.
- Tochmarc Étaíne – Die tragische Liebesgeschichte erzählt vom Elfenkönig Midir und seiner Geliebten Étaíne, die er schließlich zur Frau nimmt. Midirs erste Frau Fuamnach hasst Étaín und belegt sie aus Eifersucht mit einem Druidenzauber, der sie immer wieder verwandelt, bis sie sich schließlich auflöst und vom Wind davongetragen wird.
- Compert Mongáin ocus sere Duibe Lacha do Mongán – Erzählt von der Zeugung des Helden Mongán, der von einer mystischen Verbindung zu seinem Vater, dem Meeresgott, geprägt ist.

Túatha dé Danann © Sevenseaocean, “The Riders of the Sidhe” John Duncan 1911 McManus Galleries, Dundee, CC BY-SA 4.0
In der Auflistung wird bereits deutlich, wie viele wichtige und interessante Geschichten in diesem alten irischen Buch enthalten sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt des “Lebor na hUidre” sind die genealogischen Aufzeichnungen und historischen Berichte.
Fazit
Und? Hat es Euch auch gepackt? Die alten irischen Legenden von Lebor na hUidre – das Buch der dunkelfarbigen Kuh sind mitreißend und enthalten allesamt Lehren, die auch heute noch aktuell für uns sind. Wer die keltische Mythologie liebt, sollte dringend einen näheren Blick in diese literarische Schatztruhe der irischen Geschichte werfen.
Kommentar hinterlassen