Irland Ostküste Sehenswürdigkeiten

Curraghmore House and Gardens: 800 Jahre Familientradition in Waterford

Curraghmore House & Gardens Waterford
Written by Neil Saad

Im Zuge der anglo-normannischen Invasion Irlands in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts kam eine große Anzahl Krieger nach Irland. Diese erhielten nach der erfolgreichen Invasion Ländereien im besetzten Osten und Südosten der irischen Insel. Darunter befand sich ein Henry Le Poer. Er siedelte in der heutigen Grafschaft Waterford. Dort baute er mehrere Burgen um seine neuen Besitztümer zu beschützen. Eine davon baute er in Curraghmore, nahe des Flusses Suir. Schließlich entstand hieraus der Familiensitz der Familie Le Poer. Und diese war gekommen, um zu bleiben. Denn 800 Jahre später sind ihre Nachfahren noch immer am selben Ort ansässig. Zwischenzeitlich in den englischen Adel aufgenommen, blickt der heutige Lord Waterford auf eine beeindruckend lange Familiengeschichte in der Region Waterford zurück. Daneben ist das Curraghmore House & Gardens heute ein tolles Ausflugsziel. Deshalb werfen wir im Artikel einen Blick auf die markantesten Persönlichkeiten der Familie Le Poer und auf das Anwesen selbst, welches außerdem Schauplatz eines der größten, irischen Musikfestivals ist.

Curraghmore House & Gardens in Waterford

Die irische Geschichte ist die Geschichte des Wandels. Wie überall auf der Welt entwickelten sich über die Jahrtausende menschliche Gesellschaften konstant weiter. Regelmäßig sorgten große Entdeckungen wie Feuer machen, Landwirtschaft betreiben oder die Industrielle Revolution für Veränderungen. Jedoch häufiger waren es Invasionen und Kriege, die etablierte Systeme zu Fall brachten. Hierbei war die anglo-normannische Invasion Irlands in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts eine solche. Damals eroberten die Anglo-Normannen von den Küsten von Wales und England aus den Osten und Südosten der irischen Insel. Sie verdrängten die alteingesessenen Iren und übernahmen die Kontrolle über große Landstriche. Im Zuge dieser mehrjährigen Invasion gelangte Henry Le Poer nach Irland und begründete die Geschichte des Curraghmore House & Gardens in Waterford. Seitdem hat sich an den Besitzverhältnissen wenig geändert. Lediglich der Familienname wandelte sich über die Jahrhunderte: Aus Le Poer wurde Power.

Das Anwesen befindet sich bei dem kleinen Ort Portlaw auf halber Strecke zwischen Carrick-on-Suir und Waterford. Hierbei genießt es einen fantastischen Ausblick auf die Comeragh Mountains im Westen. Tatsächlich erstrecken sich die Ländereien des Anwesens bis an die Gipfel des fernen Gebirges. Deshalb gilt es als eines der größten, zusammenhängenden Besitztümer Irlands. Hierbei lag die größte Ausdehnung des Anwesens bei unglaublichen 400 Quadratkilometern. Die heute noch immer riesige Fläche wird vor allem landwirtschaftlich genutzt.

Curraghmore Gardens

Blick von der Hausrückseite durch den Garten (Foto: Neil Saad/ My Emerald Blog)

Die Geschichte von Curraghmore: Die Herrscher von Waterford

Im Jahr 1535 erhob die englische Krone das damalige Familienoberhaupt Richard Power in den Adelsstand. Dabei erhielt er den Titel Baron Le Power and Curraghmore. Diese Benennung spiegelte den Einfluss wider, den die Familie Power in der Zeit seit der Invasion gewann. Es heißt, bereits vor ihrer Aufnahme in den englischen Adel regierten sie die Region Waterford nach Belieben. Größtenteils außerhalb der Kontrolle der englischen Herrscher. Erst Elizabeth I. zügelte den Freiheitsdrang mächtiger Familien wie den Powers in Irland. Diese fügten sich und wurden loyal zur Krone. Zudem übernahmen sie den protestantischen Glauben. Folgend stieg die Familie Power in der Adelswelt weiter auf. In 1673 erhielten sie die weiteren Titel Earl of Tyrone und Viscount of Decies.

Ende des 17. Jahrhunderts erweiterte der damalige Lord Power und Earl of Tyrone das Haus auf dem Familienanwesen. Jedoch verstarb er in 1704 ohne männlichen Erben. Das Anwesen der Powers ging an seine Tochter Catherine. Diese heiratete im zarten Alter von 15 Jahren in 1717 ihren Cousin Sir Marcus Beresford. Somit ging das Anwesen aus der originären Powers-Linie in die neue Familienlinie Powers-Beresford über. Jene hat bis heute Bestand.

Im Jahr 1789 stieg die Familie zum höchsten Adelstitel auf. Das damalige Familienoberhaupt George Beresford wurde der erste Marquess of Waterford der höchste Titel, der im englischen Adelssystem in Irland erreicht werden konnte. Der Titel des Marquess of Waterford verblieb seither in der Familie und der jeweilige Lord nahm stets seinen Sitz auf dem Curraghmore Anwesen ein. Zwar besitzt das englische Adelssystem heute in Irland keine Bedeutung mehr. Dennoch bezeugt es im Falle der Familie Powers-Beresford die nun Jahrhunderte anhaltende regionale Zugehörigkeit.

Curraghmore House: Heimat bemerkenswerter Persönlichkeiten

Die Familie Powers-Beresford brachte über die Jahrhunderte eine Vielzahl bemerkenswerter Persönlichkeiten hervor. Darunter befanden sich Kriegshelden, Politiker und Erzbischöfe. Aber auch bemerkenswerte Episoden umranken die Familie und das Anwesen. Zwei darunter betreffen den dritten Marquess of Waterford sowie den achten Marquess.

Curraghmore House

Die beeindruckende Front samt Vorhof des historischen Hauses (Foto: Neil Saad/ My Emerald Blog)

Der wilde Henry und die gute Lady Louisa

Zu einer beachtlichen Reputation brachte es Henry, der dritte Marquess of Waterford. Jedoch war diese Reputation gänzlich verrucht. Hierbei beruhte diese auf zahlreichen Eskapaden, für die der wilde, junge Mann bekannt war. Das Highlight hierunter führte gar zu einer heute noch verbreiteten Redensart. To paint the town red wird im englischen Sprachraum verwendet, wenn jemand allzu arg über die Stränge schlägt. Hintergrund war eine durchzechte Nacht, in der Henry und einige Freunde sich 1837 gewaltsam Einlass in die englische Stadt Melton Mowbray verschafften. Dabei schlugen sie den Nachtwächter nieder, stahlen rote Farbe und strichen bei ihrem Zug durch die Gemeinde Türen und Tore rot an. Nebenbei schlugen sie Leute, die sie stoppen wollten und konnten erst von einer Polizeigruppe gestoppt werden. Die Strafe war für diese Tage hoch: 100 Pfund musste jeder zahlen.

Henry kam später zur Ruhe und heiratete Lady Louisa. Wiederum diese war eine gute Seele und fürsorglich. Als die irische Hungersnot auch in Waterford wütete, richtete sie zusammen mit ihrem Ehemann Suppenküchen ein und versorgte die leidende Bevölkerung auf ihren Ländereien.

John Hubert und der Fluch der Mutter

Zu jedem alten Gebäude gehört ein Fluch. So auch in Curraghmore. Der Legende nach verfluchte eine Mutter einen der Marquess nachdem dieser ihren Sohn hängen ließ. Nähere Umstände sind hierzu nicht bekannt. Jedenfalls besagte der Fluch, dass jeder Marquess eines qualvollen Todes sterben müsse. Tatsächlich kam es in der Folge unter den Marquess zu tödlichen Unfällen. Dabei stehen ein Halsbruch, ein Zugunglück, ein Selbstmord und ein durchgehendes Pferd zu Buche. Lediglich John Hubert, der 8. Marquess of Waterford starb 2015 mit 81 Jahren friedlich in seinem Bett in Curraghmore. In der Folge war es das erste Mal in der Geschichte, dass bis zu seinem Tode sowohl der Marquess als auch sein Sohn und dessen Sohn gleichzeitig lebten. Der Fluch der Mutter scheint gebrochen.

Curraghmore House & Gardens besuchen

Noch heute lebt die Familie Powers-Beresford in Curraghmore. Jeweils der aktuelle Marquess of Waterford residiert auf dem Anwesen. Seit Kurzem ist dieses für interessierte Besucher geöffnet. Hierbei können die beeindruckenden Innenräume im Rahmen einer Tour besichtigt werden. Zudem lädt die Gartenanlage zu einem Rundgang im Grünen ein. Zwei Stunden von Dublin entfernt und eine gute Stunde von Kilkenny, bietet sich ein Besuch im Rahmen einer Rundreise durch Irlands Südosten oder das County Waterford an. Nähere Informationen zur Besichtigung bietet die Webseite des Curraghmore House & Gardens.

Ein Rundgang durch das Curraghmore House

Das Haus in seiner heutigen Form entstand ab dem 18. Jahrhundert. Hierbei baute der damalige Lord Power und Earl of Tyrone ein prunkvolles Haus um die bestehende Burganlage. Es wird vermutet, dass die dicken Gemäuer, die das Zentrum des Hauses bilden, noch Teile der alten Burg sind. Der Hauptteil der markanten, an den Klassizismus angelehnte Neugestaltung fällt dem 1. Marquess of Waterford zu. Er sicherte sich die Dienste des damals renommierten Architekten James Wyatt, der während seiner Laufbahn in England zahlreiche öffentliche Gebäude, Kirchen sowie private Häuser gestaltete.

Bereits bei Ankunft vor dem Haus fällt die mächtige Größe der Gebäude auf. Vom Haupthaus aus erstrecken sich zur Rechten und Linken lange Gebäude, die einst Wohnstätten der Angestellten, Ställe und Werkräume beheimateten. Vor dem mit Skulpturen gesäumten Haupteingang schweift der Blick auf das riesige Wappen oberhalb und den auffälligen Hirschkopf am höchsten Punkt des Daches. Dieser verweist seit Jahrhunderten auf den ursprünglichen Henry Le Poer, der ihn als Symbol mit nach Irland brachte.

Innen erwarten Besucher während einer Tour durch das Curraghmore House prunkvolle Räumlichkeiten. Bereits der Eingang ist eines Lords angemessen. Die Tour führt durch die innere Halle und den Speisesaal. Familienporträts, kunstvolle Teppiche und elegante Möbel zieren die Räume. Die hohen Decken sind mit hochwertigen Verzierungen versehen. Zudem sind der gelbe und der blaue Raum jeweils mit historischen Sammelobjekten ausgestattet. Darunter zählt ein Paravant aus dem Hausstand der französischen Königin Marie Antoinette (1755 bis 1793) als besonders erwähnenswert.

Shell House Lady Catherine Waterford

Lady Catherine im Shell House (Foto: Neil Saad/ My Emerald Blog)

Der Garten und das Shell House

Die Curraghmore Gardens sind ein großzügiger Landschaftspark, der das Hauptgebäude umgibt. Entstanden sind sie großteils ab dem Ende des 18. Jahrhunderts. An der Rückseite des Hauses werden weitläufige Rasenflächen, sorgfältig gemäht, von geraden Pfaden unterbrochen. Am Ende liegt ein angelegter See, hinter dem die endlose Landschaft von Waterford bis zu den Comeragh Mountains im Hintergrund reicht. Nach Norden reicht eine lange Sichtachse eine seichte Anhöhe hinauf. Auf deren Spitze thront eine große Hirschskulptur, die die kleinere Variante vom Eingangsbereich aufgreift. Insgesamt wirkt die Anlage förmlich, passend zum frühen viktorianischen Zeitalter.

Hohe Bäume flankieren die Sichtachse nach Norden. Gepflanzt vor Jahrhunderten, laden sie zu einem Rundgang unter ihrem schattenspendenden Laub ein. Unter diesen Bäumen befindet sich ein Highlight des Curraghmore Garden: Das Shell House. Bereits Mitte des 18. Jahrhundert entstand diese kleine Bau, den die damalige Lady Catherine, Ehefrau des Earls 1754 initiierte. Die Innenseite des Gebäudes ist vollständig mit Muscheln dekoriert. Hierbei brachte sie der Geschichte nach jede einzelne, große wie kleine, mit eigenen Händen an. Selbst ist sie ebenfalls im Shell House der Curraghmore Gardens verewigt. Eine lebensgroße Statue steht im Zentrum des Raumes.

All together now – Musik-Festival in Curraghmore

Einmal jährlich verwandelt sich das beschauliche Anwesen in Waterford in ein Zentrum irischer Feierlaune. Mit dem Musikfestival All together now lockt das Curraghmore-Anwesen bis zu 25.000 Besucher an. Musik, ein kleines Kulturprogramm, gutes Essen und viel Spaß erleben die Besucher des mehrtägigen Festivals. Dabei geben sich berühmte Interpreten wie Sinead O’Connor oder Nick Cave die Klinke des altehrwürdigen Anwesens in die Hand.

Möchtest Du eine Reise zu Dir antreten?

Wächst in Dir die Sehnsucht, Dein Leben langsamer, tiefer und bewusster zu erleben? Möchtest Du eine Reise zu Dir selbst in Irland unternehmen? Auf Dich wartet eine Reise, die so individuell und wunderbar ist wie Du.

>> Weitere Infos <<

Über den Autor

Neil Saad

Bereits seit 2009 bereiste ich Irland mehrmals im Jahr und zu jeder Jahreszeit. Im Herbst 2021 zog ich schließlich auf die Grüne Insel und lebe seit dem im Kingdom of Kerry. Besonders das Wandern in Irland hat es mir hier angetan und so erkunde ich zu Fuß die irischen Gebirge und Wanderwege. Aber auch auf klassischen Road Trips liebe ich es, das Land immer wieder neu zu entdecken. Dabei bevorzuge ich das Prinzip des Slow Travel, denn gerade in Irland ist weniger ganz oft so viel mehr. Mit der Liebe zur grünen Insel kam auch der Wunsch, über Land und Leute zu schreiben und möglichst viele Menschen daran teilhaben zu lassen.

Kommentar hinterlassen