Irlands Sprache

Irisches Englisch: Eine Sprache so besonders wie ihr Volk

Irland Fahne Unabhängigkeit
Written by Nadja Uebach

Dass Englisch nicht gleich Englisch ist, wird spätestens während der ersten Irlandreise bestätigt. Denn auf der Grünen Insel, klingen die gängigen englischen Floskeln, die uns aus der Schule geläufig sind plötzlich ganz anders. Aus gutem Grund, irisches Englisch ist immerhin eine Sprache, die zwar viele Gemeinsamkeiten mit ihrem englischen Gegenstück hat, allerdings mindestens genauso viele Unterschiede. So wird das Hiberno Englisch, wie die Sprache gemäß der lateinischen Länderbezeichnung Hibernia oft genannt wird, nicht nur zu einer ganz eigenen Sprache, sondern trägt einen wichtigen Teil zu dem unvergleichlichen irischen Lebensgefühl bei!

Die Iren haben die Sprache ihrer ehemaligen Feinde zu etwas Besonderem gemacht. Was uns früher im Sprachunterricht noch als steif und kompliziert vorkam, klingt im irischen Englisch lockerer, einfacher und um einiges melodischer. Wer sich an die irische Aussprache, den Satzbau und an die Spezialausdrücke der verschiedenen Dialekte gewöhnt hat, spricht oft selbst schon nach kurzer Zeit im typisch irischen Slang.

Woher die irische Version der englischen Sprache kommt, warum es davon so viele Dialekte gibt und was es mit den zahlreichen typisch irischen Ausdrücken auf sich hat, erfahrt ihr jetzt. Die perfekte Vorbereitung für den nächsten Urlaub auf der Grünen Insel.

Irland und seine ursprüngliche Sprache

Englisch ist nicht die Ursprache der Iren. Vor dem 12. Jahrhundert sprachen die Leute auf der kleinen Atlantikinsel Irisch. Die keltische Sprache wurde etwa 600 Jahre vor Christus von Einwanderern aus Nordfrankreich auf die Atlantikinsel gebracht. Im Laufe der darauffolgenden Jahrhunderte entstanden viele verschiedene Varianten des Irisch; sodass fast jeder Clan seinen eigenen Dialekt sprach. Zudem breitete sich die keltische Sprache über die Irische See nach Schottland und die Westküste Englands aus.

Als die Briten zu Beginn des 12. Jahrhunderts weite Teil Irlands eroberten, begann die Verdrängung der alten Sprache. Besonders im öffentlichen Leben schlichen sich immer mehr englische Bezeichnungen ein. In den folgenden Jahrhunderten stand Irland unter der Herrschaft Englands. Immer mehr Engländer wanderten auf die Grüne Insel aus und ließen sich zunächst im Großraum Dublin, später allerdings auch in anderen Gebieten des Landes nieder. Schon bald wurde Englisch zur offiziellen Sprache des Landes. Wer kein Englisch sprach, konnte von Behörden und anderen offiziellen Dienststellen kaum Hilfe erwarten.

Bis zum Beginn der Großen Hungersnot im Jahr 1845 hat Englisch die irische Sprache weitestgehend ersetzt. Irisch galt zu dieser Zeit als die Sprache des armen Volkes und starb mit den Opfern der Hungersnot fast gänzlich aus. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts erfreut sich Irisch wieder größerer Beliebtheit und ist neben Englisch eine der beiden Staatssprachen der Republik Irland. Aktuell verwenden etwa 2 % der Bevölkerung die Sprache täglich, während fast 40 % der Iren angeben gelegentlich Irisch zu sprechen!

Hungernde in Irland

Hungernde in Irland; James Mahony [Public domain], via Wikimedia Commons

Allerdings hat nicht nur die englische Sprache die Verbreitung und Verwendung von Irisch beeinflusst, sondern auch umgekehrt. Im modernen Hiberno Englisch sind unzählige keltische Einflüsse der alten irischen Sprache zu finden. Letztlich ist es genau diese Mischung aus der traditionellen alten Sprache und dem britischen Englisch, die den Grundstein für das heutige irische Englisch legte.

Irisches Englisch: Eine Sprache viele Dialekte

Etwas, dass das Hiberno Englisch aus der keltischen Ursprache Irlands übernommen hat, sind die vielen unterschiedlichen Dialekte. Irisches Englisch ist generell in zwei Hauptgruppen unterteilt: das nordirische Englisch und das südirische Englisch. Während man die nordirische Variante in der gesamten Provinz Ulster spricht, erklingt auf dem Rest der Insel der südirische Akzent. Die beiden Versionen der Sprache unterscheiden sich hauptsächlich durch ihren Wortschatz. Im nordirischen Englisch, das auch Ulster Englisch genannt wird, gibt es deutlich mehr Lehnwörter, die aus dem Schottischen übernommen wurden. Auch im Bezug auf die Aussprache hat das Ulster Englisch viel Ähnlichkeit mit dem schottischen Akzent.

Neben diesen beiden Hauptgruppierungen gibt es unzählige lokale Dialekte und Ausdrucksweisen. Oft führt das nicht nur bei Nicht-Iren zu Verständigungsproblemen, sondern auch bei Einheimischen, die aus unterschiedlichen Regionen stammen. Während man beispielsweise in Dublin eher langsam spricht, wird das Tempo an der Westküste, insbesondere in den Grafschaften Kerry und Cork deutlich schneller. Zudem lassen sich bei der Aussprache verschiedene Charakteristiken erkennen. Die Iren in Süd-Dublin betonen zum Beispiel die Os und Us sehr intensiv, in West Cork hört sich ein Gespräch hingegen mehr wie Gesang an und in Limerick sprechen die Leute überwiegend durch die Nase. Hinzu kommt der lokale Slang, der sich in jeder Region anderen Ausdrücken bedient. Diese Phrasen klingen zwar oft skurril, verleihen dem irischen Englisch jedoch den typischen Charakter.

Etwas überspitzt, allerdings mit jeder Menge irischem Humor werden die Eigenheiten der unterschiedlichen Dialekte in diesem Video dargestellt:

Britisches Englisch vs. irisches Englisch

Obwohl die britische und irische Variante auf derselben Sprache basieren gibt es einige markante Unterschiede. Insbesondere die Aussprache in Irland weicht stark von den in England gesprochenen Akzenten ab. Allerdings gibt es auch Unterschiede in der Grammatik sowie im Satzbau und besonders im Wortschatz.

Die Aussprache der beiden Dialekte

TH – während dieser Laut im Englischen etwas Übung erfordert, fällt er im irischen Englisch komplett weg. „th“ wird durch d oder t ersetzt. So wird aus „three“ beispielsweise „tree“, aus „this“„dis“ oder aus „thing“ „ting“.

W & WH – die Engländer machen zwischen dem W und dem „wh“ Laut keinen Unterschied. Bei den Iren klingen sie jedoch etwas anders. Das W in „water“ ist ein schneller und harter Laut, während es bei „what“ oder „whine“ etwas sachter mit einem leichten H Laut am Anfang ausgesprochen wird.

Generell gilt, dass die Konsonanten im Hiberno Englisch härter und die Vokale weicher ausgesprochen werden als das im britischen Englisch der Fall ist. Das sorgt dafür, dass die Unterhaltungen in Irland sehr melodisch klingen. Außerdem gehört die irische Form der Sprache, genau wie das amerikanische Englisch zu den rhotischen Dialekten. Das bedeutet, dass der Buchstabe R unabhängig von seiner Position im Wort immer ausgesprochen wird. Zum Vergleich: In England spricht man das R nur dann aus, wenn es vor einem Vokal steht.

Irisches Englisch und britisches Englisch: Satzbau & Grammatik

Die Grammatik des Hiberno Englisch weicht unter anderem im Gebrauch von Pronomen von der britischen Variante ab. Anstatt von „you“ verwendet man in Irland beispielsweise meist „ye“ oder „yis“. Aus einem englischen „How are you?“ wird auf der Grünen Insel ein „How are ye?“.

Typisch für das irische Englisch sind zudem Wiederholungen am Satzende, um dem Gesagten Nachdruck zu verleihen. Wie zum Beispiel bei „at all“ – aus „I have no money at all.“ wird: „I have no money at all at all.“ Eine grammatische Eigenart, die noch aus der alten keltischen Sprache stammt. Ebenfalls aus dem Irischen stammt die Tendenz der Iren, auf die Wörter Ja und Nein zu verzichten. Stattdessen wird auf der Insel oft mit einer Verneinung beziehungsweise Bejahung geantwortet. Wer Folgendes gefragt wird: „Are you hungry?“ entgegnet: „I am.“ oder „I am not.“.

Sehr auffällig und im ersten Augenblick gewöhnungsbedürftig ist, dass es im irischen Englisch zwei Formen von „to be“ gibt. Neben dem „to be“, aus dem Standardenglisch, das unter anderem zur Beschreibung von Umständen gebraucht wird; gibt es im Hiberno Englisch noch eine weitere Version. Dieses „to be“ wird mit „to do“ kombiniert um Regelmäßigkeit auszudrücken. So sagt man in Irland beispielsweise nicht „She is cooking every day.“, sondern „She does be cooking every day.“

Das irische Englisch unterscheidet sich außerdem durch die Verwendung der Zeiten vom britischen Englisch. Vor allem wenn es um Present und Past Tense geht, drücken sich die Iren oft anders aus als ihre englischen Nachbarn. Während ein Engländer seine Kumpels fragt: „Have you seen this movie?“, stellt der Ire die gleiche Frage mit: „Did you see this movie?“. Ein kleiner aber feiner Unterschied, der die irische Sprache jedoch zu etwas Besonderem macht.

Wörter, die es nur im irischen Englisch gibt

Genau wie die Grammatik lehnt sich auch der Wortschatz des Hiberno Englisch sehr an seinen keltischen Vorreiter. Das merkt man im täglichen Leben auf der Insel an vielen Bezeichnungen, die teilweis eins zu eins aus dem Irischen übernommen wurden.

Dazu gehören beispielsweise:

  • Gardaí oder An Garda Síochána – die Polizei
  • An Post – die Post
  • Taoiseach – offizieller Titel des irischen Premierministers
  • Dáil – das irische Parlament
  • Bus Éireann – irische Busgesellschaft
  • Gaeltacht – eine Region in der hauptsächlich Irisch gesprochen wird
  • Sláinte – Prost

Allerdings gibt es im irischen Englisch auch Wörter, die weder aus dem Irischen noch aus dem Englischen stammen. Tatsächlich kann heute keiner mehr nachvollziehen, woher diese Ausdrücke ursprünglich kamen. Feststeht jedoch, dass sie heutzutage genauso zu Irland gehören wie das Guinness, das Kleeblatt und die Harfe.

Dabei handelt es sich unter anderem um:

  • Yoke – wird für das Englische „thing“ verwendet.
  • Craic – beschreibt jegliche Quellen der Unterhaltung, Spaß oder Neuigkeiten.
  • Banjaxed – kaputt
  • Messages – in Irland steht dieser Begriff für Einkäufe.
  • Jacks – Toiletten
  • Gob – Mund
  • Culchie – beschreibt eine Person, die auf dem Land wohnt.

Tipp: Einen kleinen Guide zu den am häufigsten verwendeten Wörtern und Redewendungen der Iren, findet ihr in unserem Beitrag: 12 Dinge, die Iren sagen und was sie wirklich meinen.

Irisches Englisch – so einzigartig wie die Insel selbst

Wie eigentlich alles auf der Grünen Insel, ist auch ihre Sprache eine einzigartige Mischung aus Jahrtausende alter Tradition, geschichtlichen Einflüssen und dem typisch irischen Etwas. Die eigenwillige Aussprache macht das irische Englisch in Kombination mit den alten keltischen Wörtern sowie den Bezeichnungen, die es nur in Irland gibt zu einer Sprache, der man gerne zuhört und der man als Besucher sehr schnell verfällt. Nicht umsonst gilt der irische Akzent als einer der attraktivsten der Welt!

Möchtest Du eine Reise zu Dir antreten?

Wächst in Dir die Sehnsucht, Dein Leben langsamer, tiefer und bewusster zu erleben? Möchtest Du eine Reise zu Dir selbst in Irland unternehmen? Auf Dich wartet eine Reise, die so individuell und wunderbar ist wie Du.

>> Weitere Infos <<

Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

Kommentar

  • Interessanter Beitrag. ich habe mich bisher noch nie so wirklich intensiv mit der Geschichte der irischen Sprache auseinandergesetzt, aber es ist echt faszinierend wie sich das alles so entwickelt hat! Richtig gut erklärt und spannend geschrieben 🙂 überhaupt ein schöner Blog, der zum Stöbern einlädt.

Kommentar hinterlassen