Südirland Sehenswürdigkeiten

Cahir Castle – Ein Geheimtipp im historischen Tipperary

Written by Neil Saad

Die Grafschaft Tipperary ist ein geschichtliches Juwel unter den vielen Regionen auf der Grünen Insel. Insbesondere der berühmte Rock of Cashel sorgt bei Irland-Reisenden für staunende Augen und offen stehende Münder. Jedoch befindet sich unweit von Cashel ein weiteres, geschichtsträchtiges Highlight, das Irland-Reisende häufig übersehen. Denn der kleine Ort Cahir mit seinem Cahir Castle am Fluss Suir blickt auf eine Geschichte zurück, die Interessierte bis in die Zeit vor der Christianisierung Irlands führt.

Dabei ist insbesondere die Burg eine geschichtsträchtige Landmarke inmitten des Ortskerns. Die mächtige Burg ist eine der größten und am besten erhaltenen Wehranlagen von ganz Irland. Daneben bietet der Ort mit der Cahir Abbey und dem Swiss Cottage weitere, beeindruckende Sehenswürdigkeiten. Darum ist beim nächsten Ausflug nach Tipperary ein Zwischenstopp im historischen Cahir absolut empfehlenswert.

Die Geschichte von Cahir Castle

Einst ein altes Ringfort

Das Cahir Castle befindet sich unmittelbar im Zentrum des gleichnamigen Ortes. Es liegt auf einer Halbinsel an den Ufern des Flusses Suir. Die heute erhaltenen Reste der einst imposanten Anlage befinden sich an Ort und Stelle eines alten Ringforts. Das Ringfort diente einst den Königen von Munster zur Befestigung der Ländereien entlang des Flusses. Dabei benennen Quellen dieses Ringfort als einen der Hauptsitze der Provinzkönige. Von diesem royalen Sitz und dem irischen Wort Cathair für Ringfort leitet sich der heutige Name Cahir ab.

Die letzten irischen Könige von Munster waren die O’Brians. Deren Linie geht auf den legendären irischen Hochkönig Brian Boru zurück. Ihr Ende fand die Vorherrschaft der O’Brians nach der anglo-normannischen Invasion Irlands Mitte des 12. Jahrhunderts. In den Jahrzehnten nach dem Eindringenden der Neuankömmlinge von der Nachbarinsel veränderte sich das Machtgefüge in Munster für immer.

Brian Boru - Hochkönig

Brian Boru, Irlands einziger Hochkönig, See page for author [Public domain], via Wikimedia Commons

Die Normannen bauen Cahir Castle

Die anglo-normannische Invasion Irlands begann 1169 an der Ostküste von Irland. Folgend drangen die Normannen über die nächsten Jahrzehnte nach Westen vor. Zum Ende des 12. Jahrhunderts eroberten sie die größten Teile der heutigen Grafschaft Tipperary. Aus dieser Zeit stammt die beeindruckende Motte von Knockgraffon, wenige Kilometer von Cahir entfernt. Dabei handelt es sich um einen aufgeworfenen Erdhügel, den die Verteidiger mit einer Holzfestung sicherten. Dieser diente einst als erster Sitz der neuen Herrscher von Tipperary. Heute ist der gewaltige, wenn auch mittlerweile überwucherte Erdhügel noch immer gut zu erkennen. Von seiner Spitze bietet sich Besuchern ein schöner Rundblick über die umliegende Landschaft.

Neben Knockgraffon übernahmen die Normannen ebenfalls das Ringfort von Cahir. An dessen Stelle bauten sie Anfang des 13. Jahrhunderts das Cahir Castle und gründeten eine Siedlung. Jedoch gaben die O’Brians ihre alte Stellung am Fluss Suir nicht kampflos auf. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts plünderten sie Cahir und brannten die Siedlung nieder. Die neue Burg überstand die Angriffe. Letztendlich unterlagen die Iren den Normannen und verloren ihr Land für immer.

© Liam Murphy, Tourism Ireland

Die Familie Butler – neue Herren über Cahir Castle

Im Jahr 1375 erhielt ein James Butler die zwischenzeitlich neu geschaffene Baronie Cahir und das dazugehörige Cahir Castle. Die Familie Butler kam nach der anglo-normannischen Invasion aus England nach Tipperary und zählte einhundert Jahre später zum etablierten Adel der Region. In dieser wohlhabenden Position erweiterten die Butlers über die kommenden Jahrhunderte Cahir Castle. Dabei schufen sie eine der größten Burgen Irlands.

Die Burg, welche die Butlers zu Beginn übernahmen, bestand aus einem großen Turm und der großen Halle, welche von einer Mauer umgeben waren. Dabei sind Turm und Halle aus dem 13. Jahrhundert heute noch markante Gebäudeteile der Anlage. Während der Turm als Wohn- und Wachanlage diente, fanden in der Halle fürstliche Feierlichkeiten und Versammlungen statt.

Über die folgenden drei Jahrhunderte erweiterten die Butlers das Cahir Castle. Zusätzliche Wachtürme entstanden während des 14. und 15. Jahrhunderts entlang der Burgmauern. Der Eingang wurde verlegt und dadurch der Zugang besser geschützt. Zusätzlich verschloss ein wuchtiges Falltor den neuen Eingang. Weiterhin entstand ein äußerer, ummauerter Burghof. Durch diese Erweiterungen galt die Anlage als eine der am schwierigsten anzugreifenden Burgen Irlands. Diese baulichen Ergänzungen der Butlers sind die Ruinen, die Besucher von Cahir Castle heute besichtigen.

Die Belagerung von Cahir Castle

Über die Jahrhunderte entfremdeten sich die Butlers von der englischen Krone. Dabei glichen sie sich wie so viele der ehemaligen Invasoren den gälischen Gewohnheiten der Iren an. Diese kulturelle und politische Entfremdung gipfelte 1596 in der Teilnahme von Thomas Butler an der landesweiten Rebellion des Hugh O’Neill. Folglich griff eine englische Armee 1599 Cahir Castle an.

Es folgte eine dreitägige Belagerung, die Dank einer Skizze aus dem 17. Jahrhundert gut für die Nachwelt dokumentiert ist. Ein Nachbau dieser Belagerungsszene ist heute innerhalb der Burg ausgestellt. Dennoch steckt das lebhafteste Zeitdokument von der Belagerung von Cahir Castle in der Schutzmauer der Burg. Eine Kanonenkugel, welche die Belagerer auf die Burg schossen, ragt aus dem alten Stein hinaus. Das ist ein Beweis sowohl für die Entschlossenheit der Angreifer als auch für die Standfestigkeit der mächtigen Wehranlage.

Die Belagerung endete mit der Aufgabe von Thomas Butler und der Übergabe der Burg. Trotz des Verrats an der englischen Krone blieb dieser folgenlos für den Herrn von Cahir Castle. Statt der üblichen Hinrichtung erhielt er eine Begnadigung und seine Burg zurück. Die irische Rebellion tobte währenddessen weiter. Erst die Invasion durch Oliver Cromwell ab 1649 beendete die Revolte 1651. Dabei ging Cahir Castle 1650 kampflos in den eroberten Besitz Cromwells über.

In den Jahrzehnten nach der gescheiterten Rebellion ging Cahir Castle den Butlers verloren. Letztendlich verfiel die Anlage. Im 19. Jahrhundert unternahmen Nachkommen einer Nebenlinie der Butlers Anstrengungen zum Erhalt der Burg. Mit dem Tod des letzten Nachkommen endete die Zeit der Butlers. 1964 ging Cahir Castle in staatlichen Besitz über.

Ein Stadtrundgang durch Cahir

Neben einer Besichtigung des Cahir Castle lohnt sich ein gemütlicher Rundgang durch den Ort. Dabei war das ehemalige Cahir House, heute ein nostalgisches Hotel, der ehemalige Familiensitz der Butlers während des 18. und 19. Jahrhunderts. Das Cahir House liegt unmittelbar neben der Burganlage und überblickt die beschauliche Hauptstraße des Orts.

Weiterhin befindet sich nur wenige Minuten den Fluss Suir hinauf die Cahir Abbey. Die Ruinen des ehemaligen Augustiner-Kloster gehen auf eine Kirchengründung Ende des 12. Jahrhunderts zurück. Hierbei waren es die ersten Normannen, die nahe des Ringforts den Grundstein für die Klosteranlage legten. Über die folgenden Jahrhunderte bauten die Mönche das Kloster zu einer bescheidenen Größe auf. Die Ruinen zeigen anhand feiner Steinarbeiten den kunstvollen Prunk des alten Klosters. Insbesondere die verzierten Kirchenfenster sind gut erhalten.

Ein weiteres sehenswertes Bauwerk in Cahir ist der Swiss Cottage, etwas außerhalb des Ortskerns. Dabei handelt es sich um einen mit Reet gedeckten Cottage mit simplen, aber kunstvollen Verzierungen. Dieser Stil entstand im späten 18. Jahrhundert als Antwort auf die überladenen Architektur des Barock. Richard Butler, der 10. Baron von Cahir, baute das Cottage im Jahr 1801.

© Chris Hill, Tourism Ireland

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Über den Autor

Neil Saad

Bereits seit 2009 bereiste ich Irland mehrmals im Jahr und zu jeder Jahreszeit. Im Herbst 2021 zog ich schließlich auf die Grüne Insel und lebe seit dem im Kingdom of Kerry. Besonders das Wandern in Irland hat es mir hier angetan und so erkunde ich zu Fuß die irischen Gebirge und Wanderwege. Aber auch auf klassischen Road Trips liebe ich es, das Land immer wieder neu zu entdecken. Dabei bevorzuge ich das Prinzip des Slow Travel, denn gerade in Irland ist weniger ganz oft so viel mehr. Mit der Liebe zur grünen Insel kam auch der Wunsch, über Land und Leute zu schreiben und möglichst viele Menschen daran teilhaben zu lassen.

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