Irische Bands

The Pogues – Poesie, Rausch und Rebellion

The Pogues
Written by Heike Fries

Liebe Leser, machen Sie sich bereit für eine wilde Fahrt mit den Pogues auf den Straßen Dublins und Londons bis nach New York. Seid gewarnt: Die Musik ist mitreißend und die Texte poetisch – aber auch voller Schimpfwörter und ziemlich obszön. Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.

Die Pogues: Irisch, englisch und rebellisch

Die Pogues, waren eine unangepasste Band. Inspiriert vom Punk erfanden sie den Irish Folk zu Beginn der 80er Jahre neu. Das war zu einer Zeit, als Synthie-Pop das große Ding war und niemand Folk-Songs hören wollte.

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Doch das hat die Pogues nicht gestört. Sie vermischten Irish Folk mit der wilden Attitüde des Punk und gaben dem Genre eine gehörige Frischzellenkur. Poetisch-derbe Texte, virtuose Musik und ein wilder Lebensstil erzeugten eine unwiderstehliche Mischung, die Hörer bis heute in ihren Bann zieht.

Wenn Sie jetzt sagen, Punk ist doch diese laute Musik, bei der alle bunte Haare haben und Nieten tragen, dann haben Sie vollkommen recht. Jedoch ist Punk noch viel mehr. Glen Matlock, Bassist der Sex Pistols drückte es so aus: Punk ist nicht die Kleidung oder die Frisur. Es ist die Energie, die sich aus einem gebrochenen Herzen speist – im Angesicht eines unbarmherzigen Schicksals. Es bedeutet, immer zwischen den Zeilen zu lesen und sich nie unterkriegen zu lassen.“

Und genau das machte die Pogues stets aus. Sie waren ein bunter Haufen aus Iren, irischen Immigranten und Engländern. Jeremy Finer spielte Banjo, Spider Stacey Flöte und James Fearnley bediente das Akkordeon. Zusammen mit Sänger und Songschreiber Shane McGowan bildeten sie den harten Kern. Shane MacGowan war jedoch von Beginn an der Fixstern: Ein nuschelnder Typ, der besser singen als sprechen konnte und zu seinen besten Zeiten Songs von unglaublicher Schönheit hervorbrachte.

Der dunkelromantische Blick in die Abgründe der Seele

Die Geschichte der Pogues beginnt deshalb auch mit Shane MacGowans Geburt am Weihnachtstag im Jahr 1957. Es erscheint wie ein kurioser Wink des Schicksals, dass er auf einer Reise in England zur Welt kam – obwohl seine Eltern eigentlich im irischen Tipperary lebten. Diese Zerrissenheit zwischen dem ländlichen Irland und dem Leben als irischer Immigrant in London sollte in seinen Songs später immer wieder eine Rolle spielen.

Als Shane sieben Jahre alt war, ging die Familie nach London. Wegen seines literarischen Talents bekam er ein Stipendium an einer renommierten Schule, aus der er zwei Jahre später wegen Drogenbesitzes wieder hinausgeworfen wurde. Später erzählte er über diese Zeit, dass ihm die ständigen Hänseleien wegen seines Aussehens und seines Akzents zu schaffen gemacht hatten. Er war von Beginn an ein Außenseiter und zog oft alleine durch die Straßen Sohos, wo er besonders von zwielichtigen Bars und dunklen Ecken angezogen wurde. All diese Eindrücke verarbeitete er später in ergreifenden Songs über die Außenseiter und gefallenen Seelen der Gesellschaft.

Tumult auf der Bühne: Die Reise beginnt

Aber auch Drogen und Alkohol spielten seitdem eine große Rolle in Shane MacGowans Leben. Aber der Reihe nach: Der Besuch eines Konzertes der Sex Pistols im Jahr 1976 weckte in ihm den unbändigen Wunsch, Musiker zu werden. Er gründete die Nipple Erectors: eine Punkband, die schon bald eine erste Single veröffentlichte. Unter dem weniger verfänglichen Namen The Nips brachte die Band noch zwei weitere Singles auf den Markt, löste sich aber bereits Ende der Achtziger wieder auf.

Der umtriebige Shane spielte gleichzeitig in einer weiteren Band namens The Millwall Chainsaws, woraus später die Pogues hervorgingen. Inspiriert von den Dubliners nannte sich die Band 1981 in The Republicans um – ein eindeutiges politisches Statement. Ihr erster Auftritt fand im gleichen Jahr in einem Club namens Cabaret Futura statt. Es kam zu Tumulten und der Veranstalter zog schließlich den Stecker, weil er dachte, die Band sei von der irischen IRA.

Unbeeindruckt von solchen Vorkommnissen schrieben Shane und sein Bandkollege Jem Finer Songs und probten für Auftritte. Mit Spider Stacey, Jim Fearnley und Andrew David Ranken war die Band fast komplett. Spider Stacey erfand den Bandnamen Pogue Mahone, was – ganz vornehm ausgedrückt– küss meinen Hintern heißt.

Der erste offizielle Auftritt der Pogues – noch unter dem Namen Pogue Mahone – fand am 4.10.1982 in Pindar of Wakefield statt. Kurz davor stieß die Bassistin Cait O’Riordan zur Band. Shane hatte sie bei seiner Arbeit im Plattenladen kennengelernt, als sie ein Album der Nips kaufte. Weil der Name Pogue Mahone zu derb war, wurde daraus kurzerhand The Pogues. Unter diesem Namen veröffentlichte die Band 1984 ihre erste Single Dark Streets of London.

Die Alben der Pogues

Die Karriere war nun nicht mehr aufzuhalten: Noch im selben Jahr erschien das Debütalbum Red Roses for Me, auf dem Shane MacGowan seine genialen Songwriting-Qualitäten offenbarte: Boys from the County Hell oder Streams of Whisky klingen frisch und dennoch so vertraut, als wären sie schon immer da gewesen.

Bereits 1985 erschien der Nachfolger Rum, Sodomy and Lash – mit dem neu hinzugekommenen Philip Chevron: Die Platte enthält mit Dirty Old Town und The Wild Rover zwei der bekanntesten Songs der Band. The Old Main Drag ist hingegen eine bittersüße Ballade über das traurige Schicksal eines Straßenjungen in London. In Stücken wie diesen zeigt sich Shane MacGowans große Empathie für die Gestrandeten in den dunklen Gassen der Städte. Selten wurden deren Schicksale so eindringlich besungen.

1987 lief es für die Pogues richtig gut: Die Platte If I Should Fall from Grace with God wurde einer der größten Erfolge der Band – vor allem in den USA. Das lag auch an einem ihrer größten Hits: The Fairytale of New York. Eigentlich ein melancholischer Verlierersong, avancierte das Duett mit Kirsty MacColl zum Weihnachts-Dauerbrenner. Wer damals genau hinhörte, stellte fest, dass die Band mittlerweile präziser spielte – ein wenig vom rauen Charme der ersten Tage war verschwunden.

Mit Liebe durch die Hölle: Die Band verliert an Fahrt

Shane MacGowans wildromantischer, alkoholisierter Lebensstil wirkte sich immer mehr auf die Musik aus. Das vierte Album aus dem Jahr 1989 hieß zwar Peace and Love, hatte aber von Shane MacGowan weit weniger Liebe bekommen als die Vorgänger. Die restlichen Bandmitglieder versuchten den Ausfall zu kompensieren – so kam immerhin das wundervolle Misty Morning, Albert Bridge von Jem Finer in die Welt.

Dennoch war der Abstieg unvermeidlich. Das 1990 erschienene Album mit dem bezeichnenden Namen Hell’s Ditch sollte das letzte mit Shane MacGowan sein. Es wurde von Joe Strummer von The Clash produziert. Shane war mittlerweile ganz in seinem Drogenrausch verloren gegangen. Seine Gesangsaufnahmen waren derart unverständlich, dass Joe Strummer sie Note für Note einzeln zusammensetzen musste. Eigentlich unglaublich, da die Pogues nie für technische Spielereien standen.

Trotz all dieser Eskapaden verbinde ich nur Gutes mit dieser Platte. Sie war die erste, die mir von den Pogues in die Hände fiel. Ich habe mich von da an rückwärts durch die Bandgeschichte gearbeitet und so mein Herz an die Musik verloren.

Zuviel des Rausches: Die Pogues machen eine Vollbremsung

Aber ganz gleich, was ich von der Platte hielt, sie markierte den Schlusspunkt der Zusammenarbeit zwischen Shane MacGowan und den Pogues.

Die beiden darauffolgenden Alben der Pogues hatten nicht mehr die Strahlkraft und blieben erfolglos. Angesichts der musikalischen Qualitäten der Bandmitglieder ist das ungerecht. Wir lernen aber, dass Charisma weder mit gutem Aussehen noch mit Angepasstheit zu tun hat: Denn mit beidem hatte Shane nichts am Hut. Es war gerade seine unangepasste Art – ganz im Sinne des Punk – die die Pogues so erfolgreich machte.

Die Geschichte der Band ist damit noch nicht zu Ende. Im Jahr 2001 rauften sie sich für eine kleine Weihnachtstournee zusammen. Daraus sollte eine Tradition entstehen: Jedes Jahr zur Weihnachtszeit gaben die Pogues einige Konzerte und Shane MacGowan begeisterte seine Fans damit, bis dahin überlebt zu haben. Das schaffte Philip Chevron leider nicht, er starb im Jahr 2013 – kurz nachdem die Band 2012 ihr 30jähriges Bühnenjubiläum feierte.

Zeitlose Musik für die Ewigkeit

2015 führte ein erneuter Wink des Schicksals dazu, dass Shane MacGowan schwer stürzte und seitdem im Rollstuhl saß. Das ist besonders tragisch, weil er kurz zuvor vom harten Alkohol abgelassen hatte.

An Weihnachten 2017 ist Shane MacGowan 60 Jahre alt geworden und seine Musikerfreunde haben ein großes Konzert für ihn organisiert: darunter auch Johnny Depp, mit dem er ebenfalls eine Single aufgenommen hatte.

Am 30 November 2023 ist Shane McGowan mit 65 Jahren an einer Lungenentzündung verstorben, nachdem er lange Intensivpflege benötigte. Bereits zu dieser Zeit war einer der größten Hits der Band, Fairytale of New York, in den Radios zu hören. Für Fans der irischen Bands und des Sängers war diese Weihnachtszeit ein eine besonders intensive Zeit …

Die Musik, der Pogues ist und war in jedem Fall zeitlos. Ganz gleich ob irische Klassiker, Lieder mit aberwitzigen Texten oder bittersüße Balladen: Es macht riesigen Spaß mit diesen Songs auf Reisen zu gehen. Egal ob durch die grünen Wiesen bei Tipperary, durch die Straßen von London oder an zwielichtigen Bars in Franfurt oder Köln vorbei. Wichtig ist, sich nicht unterkriegen zu lassen. Das haben die Pogues und Shane MacGowan uns perfekt vorgemacht.

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Über den Autor

Heike Fries

Irland ist eine Herzensangelegenheit für mich und neben der irischen Musik hat es mir vor allem der irische Sagenzyklus angetan.

Ich habe Irland schon als Schülerin mehrmals besucht. Damals hatte ich das Glück, die ganze Insel über mehrere Wochen kennenzulernen. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen: Es ist bis heute mein Lieblingsland.

Ich bin Autorin und Künstlerin und irische Motive schmuggeln sich auch immer wieder in meine Zeichnungen. In meiner Freizeit spiele und singe ich in einer Band. Wir sind zwar keine richtige Folkband, haben aber den ein oder anderen irischen Song im Programm. Ich spiele außerdem ein wenig Bodhrán. Da ich nicht genug übe, bin ich nicht besonders gut – aber ich bin mit Begeisterung dabei.

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