Irlands Wirtschaft wächst und gedeiht; der Grünen Insel stehen rosige Zeiten bevor. Das war nicht immer so. Wenngleich es schwer ist, sich das beim Spaziergang durch das boomende Dublin vorzustellen, aber vor nicht allzu langer Zeit, galt Irland als das Armenhaus Europas. Seither hat sich viel getan. Wir blicken in diesem Artikel zurück in die Zeit, als Irland unter britischer Kolonialherrschaft stand, über die Zeit des Celtic Tigers bis zum bevorstehenden Brexit.
Inhaltsverzeichnis
Irlands Wirtschaft wird erwachsen
Lange Zeit gilt Irland als das Armenhaus Europas. Der großen irische Hungersnot von 1845 bis 1849 fallen viele Iren zum Opfer und rund zwei Millionen junger Iren kehren ihrer Heimat den Rücken. Sie hoffen, in Amerika oder Australien ihr Glück zu finden. Irlands Wirtschaft ist zu dieser Zeit und noch lange danach abhängig von den britischen Kolonialherren. Die Mehrheit der irischen Exporte wie Fleisch, Butter und Getreide gehen nach Britannien. Erst durch die Gründung des irischen Freistaats 1921, beginnt sich diese Situation zu ändern. Irland emanzipiert sich zunehmend vom Königreich und beginnt, sich dem weltweiten Markt zu öffnen. Das geht nicht ohne britische Widerstände vonstatten und zwischen 1932 und 1938 tobt der irisch-britische Zoll- und Wirtschaftskrieg. Beide Seiten versuchen sich gegenseitig mit überhöhten Zöllen und Import/Export-Beschränkungen zu überbieten. Mit einem beiderseitigen Handelsabkommen 1936 entspannt sich die Lage allmählich.
Vom Armenhaus Europas zum Celtic Tiger
1973 tritt die Republik Irland der Europäischen Gemeinschaft bei. Damit beginnt für die Grüne Insel ein neues politisches und wirtschaftliches Kapitel. Die EU-Subventionen, die in den 70er und 80er Jahren an Irland fließen, helfen dem damals ärmsten Land der Europäischen Gemeinschaft langsam auf die Beine. Die EU-Fördergelder werden in die Infrastruktur, den Bildungsbereich und den Wohnungsbau gesteckt. Diese Investitionen machen sich bald bemerkbar und Irlands Wirtschaft wächst in den 80er Jahren enorm.
Internationale High-Tech-Firmen beginnen, sich für die Insel zu interessieren. Eine niedrige Körperschaftssteuer und gut ausgebildete, englischsprachige Arbeitskräfte, die zumindest anfangs noch mit geringen Löhnen zufrieden sind, machen das Land attraktiv. IBM, Dell, Intel, Amazon und Microsoft gehörten zu den ersten großen Firmen, die sich in der Stadt an der Liffey niederlassen. Die großen Unternehmen bringen Geld auf die Insel und stellen zahlreiche junge Iren ein. Die Arbeitslosigkeit in Irland sinkt zwischen 2000 und 2007 von 15 Prozent auf nur fünf Prozent. Das Wirtschaftswachstum Irlands ist in diesen Jahren enorm – um ganze sechs Prozent wächst Irlands Wirtschaft jährlich. Das führt sogar dazu, dass ausgewanderte Iren wieder in ihre Heimat zurückkehren.
Der Celtic Tiger verliert seine Zähne
In der Zeit dieses großen Booms gibt es jedoch erste Anzeichen für die folgenden Krisenjahre. Diese sollten die Irlands Wirtschaft noch stark erschüttern. Ursprung der Krise sind die anhaltenden niedrigen Zinsen, die es für die Iren attraktiv machen, sich ein Eigenheim auf Pump zu kaufen. Die Banken vergeben gedankenlos Kredite, was dazu führt, dass die Finanz- und die Bauwirtschaft boomen. Eine Immobilienblase entsteht, die nur wenig später platzt. 2008 stürzt die Wirtschaft Irlands in eine große Krise. Viele irische Haushalte sind überschuldet und können den Banken die Kredite nicht mehr zurückzahlen. Die ausstehenden Kredite und Darlehen übersteigen das Bruttoinlandsprodukt Irland zeitweise um sage und schreibe das Vierfache.
Der irische Staat muss einspringen, um die irischen Banken zu stützen. Das hat zur Folge, dass die irische Staatsverschuldung die laut Maastricht-Vertrag vorgesehene Schwelle von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigt. Die internationalen Ratingagenturen stufen Irland Anfang 2010 immer weiter herab. Das macht es dem irischen Staat schier unmöglich, sich auf dem internationalen Geldmarkt mit Kapital zu versorgen. Bald gibt es Gerüchte um einen drohenden Staatsbankrott. Erst dementiert die irische Regierung diese. Ende 2010 muss Irland die Europäische Union und den Internationale Währungsfonds doch um Geld bitten. Irland kommt daraufhin wie Griechenland, Zypern, Spanien und Portugal unter den Europäischen Rettungsschirm. Die irische Regierung beschließt ein rigides Sparpaket, das unter anderem Kürzungen der Sozialleistungen und Kürzungen im Öffentlichen Dienst vorsah. Gleichzeitig erhöht der irische Staat Steuern und Abgaben. 2013 kann Irland auf diese Weise wieder aus dem EU-Rettungsschirm aussteigen.
Irlands Weg aus der Wirtschaftskrise
Die Sparmaßnahmen und weiterhin gute Exportzahlen lassen das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit von Irlands Wirtschaft wieder wachsen. Die guten Exportzahlen sind nicht zuletzt bedingt durch die US-amerikanische Tochterfirmen wie etwa Google oder Apple, die von Irland aus ihre Europageschäfte steuern.
Kurzum Irlands Wirtschaft befindet sich wieder im Wachstum und blickt mit Zuversicht in die Zukunft. Spannend wird es, wenn der Brexit 2019 konkret wird. Nach wie vor ist Irlands Wirtschaft eng mit dem Königreich verbunden. Außerdem ist das Königreich für Irland die Brücke für den Transport von Waren nach Kontinentaleuropa. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation nach dem Brexit gestalten wird. Auf der anderen Seite könnte Irland als dann nurmehr einziges englischsprachiges Land in der Europäischen Gemeinschaft als Sitz für ausländische Unternehmen noch attraktiver werden.
Vieles ist denkbar. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Brexit konkret gestaltet. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
[…] Irish Times beschreibt die 1970er Jahre als ein „Jahrzehnt des Umbruchs“ in Irland aufgrund der anhaltenden politischen Gewalt und der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in […]