Irland Traditionen

Eine irische Beerdigung – Traditionen und Bräuche

Irischer Friedhof
Written by Ina Brecheis

Beerdigungen haben immer etwas Trauriges, Schweres, ja Düsteres an sich. So zumindest habe ich Beerdigungen in Deutschland immer empfunden und es ist ja auch verständlich. Ein geliebter Mensch hat diese Welt verlassen und lässt seine Familie, seine Freunde und Bekannten zurück. Vielleicht wurde der Verstorbene ganz plötzlich aus seinem Leben gerissen und es blieb keine Zeit für Worte des Abschieds. Natürlich kann das kein freudiger Anlass sein. Und dennoch: Ist eine Beerdigung nicht auch eine Gelegenheit, das Leben des Verstorbenen zu feiern? Auf die Spuren anzustoßen, die sein Leben in den Leben all jener Menschen, die er berührt hat, hinterlassen hat? Genau das machen die Iren. Wie eine irische Beerdigung vonstattengeht, welche Bräuche und Traditionen sie umgeben, das lest Ihr in diesem Artikel.

Bräuche bei irischen Beerdigungen

Die Iren haben eine ganz eigene Art, mit dem Tod umzugehen. Sicher sind viele ihrer Bräuche von langen Jahren des katholischen Glaubens geprägt. Es schimmern jedoch auch viel ältere, keltische Traditionen hindurch. Natürlich laufen viele irische Beerdigungen heute anders ab, als zu einer Zeit, in der auch der Aberglaube noch weit stärker verbreitet war. Manche der alten Bräuche und Traditionen haben sich aber bis heute, gerade in ländlichen Gegenden, gehalten.

The Wake

Wenn in Irland ein geliebter Mensch diese Welt verlassen hat, wird er gewaschen, gekleidet, gekämmt und, sofern der Verstorbene ein Mann war, rasiert. Auf diese Weise fein säuberlich zurecht gemacht, bahrt ihn seine Familie zu Hause auf. Im sogenannten „wake house“. Am Kopf- und am Fußende des offenen Sargs, in den der Verstorbene gebettet ist, werden Kerzen aufgestellt und entzündet.

Nun können Freunde und Familie Abschied vom Verstorbenen nehmen. Sie kommen beim Haus vorbei und stoßen auf den Toten an. Gemeinsam bei Sandwichs, Kuchen und Tee schwelgt man in Erinnerungen an Ereignisse, die das eigene Leben mit dem Leben des Verstorbenen verwoben haben; an die kleinen und großen Geschichten, die das Leben des Verstorbenen erfüllt haben. Man lacht, weint und trinkt gemeinsam. Ein paar Tage liegt der Verstorbene aufgebahrt, um allen ausreichend Zeit zu geben, sich gebührend von ihm zu verabschieden. Des Nachts hält die Familie des Toten im Wechsel Totenwache.

Woher dieser Brauch stammt, ist nicht vollständig klar. Manche führen diese Tradition auf vorschnelle Beerdigungen auf die Zeit von Choleraepidemien zurück. Es scheint durchaus vorgekommen zu sein, dass vermeintliche Tote gar nicht tot waren und lebendig begraben wurden. Um dem vorzubeugen, wartete man einige Tage, um sich zu versichern. Andere führen the wake auf die alte jüdische Tradition zurück, das Grab des Verstorbenen einige Tage unversiegelt zu lassen.

Der legendäre irische Komiker, Dave Allen, beschreibt ein irisches wake auf schöne, humorvolle Weise. Das wollen wir Euch keinesfalls vorenthalten:

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Die Uhren stehen still

Wenn der Verstorbene aufgebahrt liegt, werden die Uhren des Hauses angehalten und auf den Zeitpunkt gestellt, an dem der Verstorbene seinen letzten Atemzug getan hat. Die Spiegel im ganzen Haus werden aus Respekt für den Toten mit Stoff bedeckt.

Die Fenster stehen offen

Wichtig ist, dass die Fenster in dem Raum, in dem er aufgebahrt liegt, weit offen stehen. So findet die Seele des Toten ihren Weg hinaus aus dem Diesseits. Unglück und Krankheit kommen über denjenigen, der zwischen dem Toten und dem Fenster steht, denn die Seele des Verstorbenen wird so daran gehindert, ihren Weg zu gehen. Und bleibt in der Welt der Lebenden verhaftet.

The Keening

In früheren Zeiten war das „keening“ ein unabdingbarer Bestandteil eines „wakes“. Es bedeutete, dass die Frauen und auch Männer der Familie eine Art Klagechor anstimmten. Sie zählten auf, wer den Toten vermissen würde und wenn einer aus der Reihe der Klagenden verstummte, führte ein anderer die Reihe fort.

Ablauf einer irischen Beerdigung

Nach der Totenwache, wenn Freunde und Angehörige genügend Zeit hatten, sich von dem Verstorbenen zu verabschieden, tritt dieser seinen letzten Gang an. Er wird in einer Prozession zur Dorfkirche getragen. Den Sarg tragen sechs starke männliche Angehörige. Gefolgt wird der Sarg von Freunden und Angehörigen, die ihn auf dieser letzten Reise begleiten.

Der Trauergottesdienst wird in der Kirche abgehalten. Nach der Messe wird der Sarg zum Friedhof gebracht. Passanten oder Vorbeifahrende, die nicht Teil der Trauergemeinde sind, bleiben stehen und lassen die Prozession passieren. So zollen sie dem Verstorbenen ihren Respekt. Auf dem Friedhof wird der Verstorbene mit Segenssprüchen in die Erde gelassen und die Trauernden sagen ihr letztes Lebewohl.

irische Beerdigung

Die letzte Ruhestätte – ein irischer Friedhof

Irischer Segen für eine Beerdigung

Die lange Tradition der Poesie in Irland hat wunderschöne irische Segensprüche hervorgebracht, die mit einfühlsamen, berührenden Worten den Hinterbliebenen bei einer Beerdigung Trost spenden. Wir haben diese Drei für Euch ausgewählt:

Möge der geliebte Mensch,
von dem der Tod dich trennte,
dir immer in deinen Gedanken bleiben.
Ich wünsche, dass du ihn gehen lassen konntest,
mit dem Dank dafür, dass ihr euch begegnet seid.
Möge in dir die Gewissheit wachsen,
dass du ihn wiedersehen wirst.
Mögest du innewerden,
dass du eines Tages wieder ganz sein kannst;
bereichert um alles, was er dir gewesen ist.

Ich wünsche dir Kraft und Mut,
die Steine aus dem Weg zu räumen.
Möge ein großer Turm daraus wachsen,
den du voller Freude Freude besteigen kannst.
und wenn du fällst,
mögen viele Arme sich dir entgegen strecken,
um dich liebevoll aufzufangen.

Vergiss die Träume nicht, wenn die Nacht wieder über dich hereinbricht und die Dunkelheit dich wieder gefangen zunehmen droht. Noch ist nicht alles verloren. Deine Träume und deine Sehnsüchte
tragen Bilder der Hoffnung in sich.
Deine Seele weiß, dass in der Tiefe Heilung schlummert
und bald in dir ein neuer Tag erwacht.
Ich wünsche dir, dass du die Zeiten der Einsamkeit
nicht als versäumtes Leben erfährst,
sondern dass du beim Hineinhören in dich selbst
noch Unerschlossenes in dir entdeckst.
Ich wünsche dir, dass dich all das Unerfüllte deines Lebens nicht erdrückt, sondern dass du dankbar sein kannst für das, was dir an Schönem gelingt.
Ich wünsche dir, dass all deine Traurigkeit nicht vergeblich ist, sondern, dass du aus der Berührung mit deinen Tiefen
auch Freude wieder neu entdecken kannst.

Weitere schöne irische Sprüche findet Ihr in unserem Artikel schöne irische Lebensweisheiten und irische Sprüche.

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Über den Autor

Ina Brecheis

Ich habe mich während meines Studiums in Dublin in Irland verliebt. Zuvor war da nur eine vage Anziehung zu diesem Land mit seiner lebensfrohen Musik und lebendigen Kultur. Dort war es dann um mich geschehen und ich habe eine unvergessliche Zeit auf der Grünen Insel verbracht. Seither zieht es mich immer wieder dorthin zurück. Umso mehr freue ich mich, über mein grünes Lieblingsland hier bei gruene-Insel.de zu schreiben.

3 Comments

  • Liebe Ina,

    danke, dass du ein Stück Irland und diesen speziellen Brauch mit uns geteilt hast! Von den offenen Fenstern, den stillen Uhren, dem Klagechor und einer Sängerin, die diese Zeremonie begleitet ist wirklich nicht viel bekannt – eine schöne und sehr würdevolle Verabschiedung!
    Lieben Dank dafür und alles Gute für dich!

  • Ich hörte, dass bei einer irischen Totenfeier die Anwesenden aufgefordert sind Geschichten, gerne auch lustige , über den die Verstorbene zu berichten. Wo kann
    Ich das belegt finden ?¥

    • Hallo Thomas, in Irland wird nach dem Tod das Leben des Verstorbenen gewürdigt. Dazu gehört, all die kleinen und großen Geschichten zu erzählen, die man mit der Person erlebt hat. Diese sind auch mal lustig – die Iren sind bekanntlich auch ein humorvolles Volk. Aber sicher hält nicht jede Familie dazu an, lustige Geschichten zu erzählen. So wie bei uns, geht auch in Irland jeder anders mit dem Tod um. Da es auf der Grünen Insel aber Brauch ist, Totenwache zu halten und Familie und Freunde kommen, um sich zu verabschieden, liegt es nahe, dass die ein oder andere Geschichte im Land der Geschichtenerzähler dabei nicht fehlen wird. Einen Beleg aus sicherer Quelle kann ich Dir aber leider nicht nennen.

      Herzliche Grüße
      Cindy

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