Seit 2008 lebe ich nun schon in Irland. So viele Jahre voller Entdeckungen und magischer Momente in einer Landschaft, die längst mein Zuhause geworden ist. Und doch gibt es noch immer weiße Flecken auf meiner persönlichen Irlandkarte. Dazu gehörte bis vor kurzem Donegal. Dabei rief die nordwestlichste Grafschaft der Grünen Insel schon seit langer Zeit nach mir. Ich wusste, dass es wild und schön ist, ungezähmt und rau, aber Worte können nicht annähernd beschreiben, wie es sich anfühlt, diese Landschaft wirklich zu erleben. Es ist noch einmal eine ganz andere Art von Irland, das gleichzeitig vertraut und doch völlig neu war. Viele Sehenswürdigkeiten in Donegal haben etwas Ursprüngliches, etwas, das die Seele auf eine ganz intensive Weise berührt. In den nächsten Zeilen nehme ich euch mit an meine ganz persönlichen Herzensorte in Donegal.
Das sind Orte, die mich haben staunen, innehalten, träumen und nachdenken lassen. Orte, an die ich zurückkehren möchte, immer wieder. Vielleicht berühren sie auch Euer Herz, so wie sie meines berührt haben.
Inhaltsverzeichnis
Wee House of Malin, Malin Well
Am nördlichsten Rand der Insel, dort wo das Land in den Atlantik übergeht, gibt es einen Ort, der unscheinbar und doch unglaublich berührend ist. Das Wee House of Malin gehört vielleicht nicht zu den typischen Sehenswürdigkeiten in Donegal, hat mich allerdings mit der umliegenden Küste auf den ersten Blick direkt ins Herz getroffen.
Das Wee House ist genau genommen kein Haus, sondern eine Einsiedlerhöhle, in der einst ein Mönch zurückgezogen lebte. Es heißt, egal, wie viele Menschen Schutz in der Höhle suchen, sie bietet allen einen Unterschlupf. Neben der Höhle befinden sich eine heilige Quelle und die Ruine einer Kirche aus dem späten Mittelalter, die während der Penal Laws zum Abhalten heimlicher Messen genutzt wurde. Auf dem Gelände sind außerdem noch die Grundmauern einer ehemaligen Rundhütte zu erkennen, die darauf hindeutet, dass dieser Ort schon seit jeher von Bedeutung war.
Die zerklüftete Küste mit den gewaltigen Felsen und Klippen, die den Kiesstrand säumen, gibt auch ohne die geschichtliche Bedeutung ein eindrucksvolles Bild ab. Rau, ursprünglich und so voller Naturgewalt, dass man sich selbst ganz klein fühlt.
Das Rauschen des Meeres, das Kreischen der Möwen und der Wind, der an den Haaren zieht. Momente, in denen Zeit und Raum verschwimmen und man sich tief verbunden fühlt, mit Irland, mit der Vergangenheit, mit etwas Größerem. Es ist ein Ort, der mich still und gleichzeitig weit werden lässt.
Sehenswürdigkeiten in Donegal: Mamore Gap, Lenan
Das Mamore Gap ist einer dieser Orte, die einem das Gefühl geben, in eine andere Welt einzutreten. Schon die Fahrt hinauf durch die schmale Passstraße ist ein kleines Abenteuer. Steil zieht sich der Weg den Hang des Urris hinauf und mit jeder Kurve öffnet sich die Landschaft ein Stückchen mehr. Oben angekommen, liegt einem Inishowen wie ein Gemälde zu Füßen. Das tiefe Blau des Atlantiks, die goldenen Strände, die sanften Hügel, die sich endlos in der Ferne verlieren und einen schon fast überwältigen.
Das Gap selbst ist seit jeher ein Ort von spiritueller Bedeutung. Am Wegesrand findet man eine heilige Kapelle und ein Schrein, die noch heute von Pilgern besucht werden. Hier lohnt es sich anzuhalten, den Motor auszuschalten und einfach nur zu lauschen. Der Wind streicht durch das Gras, ein Vogel ruft in der Ferne, ansonsten herrscht eine fast unwirkliche Stille, die der Seele guttut.
Tremone Bay Beach, Ballycharry
Tremone Bay ist ein Strand, der mich sofort in seinen Bann gezogen hat. Schon der Blick von dem kleinen Parkplatz aus fühlt sich an wie ein Versprechen. Der goldene Sand wird eingerahmt von sattgrünen Hügeln und den schroffen Felsen, die aus dem Atlantik ragen. Man hat das Gefühl, hier liegt eine ganz besondere Magie in der Luft.
Wie bereits in der Bucht am Wee House of Malin, haben sich die Iren auch hier zu den Zeiten der Penal Laws versammelt, um heimlich ihren Glauben zu leben. In Zeiten der Hungersnot nutzte der junge Ire Thomas D’arcy McGee die Bucht, um mit Hilfe eines Priesters aus seinem Heimatland nach Amerika zu flüchten, von wo er nach Kanada übersiedelte und dort als Politiker in die Geschichte einging.
Von all diesen historischen Ereignissen spürt man hier allerdings nur noch ein leises Echo. Denn es scheint, als würde dieser Strand mit seinen Felsen einzig und allein der Natur gehören. Wenn man die salzige Luft tief in seine Lunge zieht, dann wird der Kopf plötzlich leer und das Herz ganz voll.
Ganz besonders magisch ist es hier übrigens zu Sonnenaufgang, wenn die ganze Welt noch zu schlafen scheint und nur das Licht, das Meer und das Land existieren.
Great Pollet Arch, Stooey
Der Great Pollet Arch auf der Fanad Halbinsel in Donegal ist ein Ort, der mich überrascht hat. Ohne Erwartungen und zugegeben nicht einmal mit besonders großer Vorfreude sind wir an einem warmen Spätnachmittag nach einer kurzen Wanderung vom Parkplatz an die felsige Küste gekommen.
Der Moment, in dem das gewaltige Felsentor in meinem Sichtfeld erschien, war ein Moment, der mich innehalten ließ. Die sanften Wellen, die Felsen, die umliegenden Klippen und der Sea Arch selbst fügen sich hier zu einem Bild zusammen, das man in der Urzeit vermuten würde. Entstanden ist der Arch durch jahrtausendelange Erosion. Das Meer hat sich unaufhörlich in den Fels gefressen und so ein monumentales Tor geformt. Heute ist er einer der wenigen freistehenden Meeresbögen Irlands und jeder Blickwinkel offenbart eine andere faszinierende Szene.
Das Donnern der Wellen, die salzige Gischt auf der Haut, der Wind, der an den Haaren zerrt, ist ein Schauspiel, das alle Sinne einnimmt. Und zugleich spürt man hier eine unendliche innere Ruhe. Obwohl wir hier nur ein paar Fotos machen wollten, verweilten wir eine lange Zeit hier, haben die Atmosphäre genossen, die Wellen beobachtet und den Alltag vergessen.
Sehenswürdigkeiten in Donegal: Fanad Head Lighthouse, Fanad
Kaum ein Symbol steht so sehr für die Küste Donegals wie der Fanad Head Lighthouse. Hoch über den Klippen thront er, weiß getüncht und mit einem ruhenden Stolz. Der Leuchtturm wurde Anfang des 19. Jahrhunderts nach einem tragischen Schiffsunglück errichtet, bei dem hunderte Seeleute ihr Leben verloren. Seitdem steht er wie ein stiller Wächter am Rande der Grünen Insel und scheint sein Licht über den Atlantik. Heutzutage wird der Leuchtturm elektrisch und ferngesteuert betrieben und ist für Besucher geöffnet. In den ehemaligen Leuchtturmwärterhäusern kann man sogar übernachten, was eine ganz besondere Erfahrung ist.
Allerdings fasziniert hier nicht nur die Geschichte, sondern vor allem die Lage. Von den Klippen aus schweift der Blick weit hinaus über den Atlantik, und man kann Stunden damit verbringen, das Spiel der Wellen, Wolken und des Sonnenlichts zu beobachten. An klaren Tagen funkelt das Meer wie ein Teppich aus tausend Edelsteinen, an grauen Tagen tobt es unbändig gegen die Felsen. Mit etwas Glück bekommt man hier auch Delfine oder Robben zu Gesicht.
Am besten kann man die Atmosphäre hier in den späten Abendstunden genießen. Wenn die meisten Besucher wieder zuhause sind und das Tor zum Leuchtturm geschlossen ist, hat man von den Klippen einen wunderbaren Blick auf den Turm und den Abendhimmel.
Grianan of Aileach, Carrowreagh
Auf einem Hügel nur wenige Kilometer von der nordirischen Grenze entfernt thront das alte Steinfort Grianan of Aileach. Es ist einer dieser Orte, an denen man sofort spürt, wie stark das moderne Irland mit seiner Vergangenheit verbunden ist. Schon von Weitem ist der Anblick des Forts etwas Besonderes, doch wenn man die ringförmigen Mauern erreicht, den Blick über die Umgebung schweifen lässt, ist es beinahe überwältigend.
Der Ursprung des Ringforts reicht vermutlich bis in die Eisenzeit zurück, wo es auf einem früheren Fort erbaut wurde, das aus Erdwällen bestand. Später war es Sitz der Könige von Aileach, ein Zentrum von Macht und Spiritualität, und wurde mehrmals von den Wikingern besetzt, bevor es schließlich 1101 von Muirchertach Ua Briain, dem König von Munster, zerstört wurde. In den 1870er Jahren restaurierte man es und brachte die Mauern, wieder in ihren Originalzustand.
Wenn man zwischen den alten Mauern hindurch ins Innere des Forts spaziert, ist es fast so, als würde man ein Echo der vielen Geschichten hören, die sich hier einst zugetragen haben. Ein Echo, der vielen Menschen, die hier standen, blickten, hofften und träumten. Lough Swilly liegt still in der Ferne, die Hügel rollen wie Wellen ins Land hinein, und der Wind trägt das Gefühl von Freiheit mit sich.
- Tipp: Besonders am frühen Morgen oder späten Abend, wenn kaum Besucher da sind, wirkt das Fort fast mystisch.
Sehenswürdigkeiten in Donegal: Poisoned Glen, Dunlewey
Die Poisoned Glen am Fuß des Mount Errigal ist ein Ort voller Mythen und Geschichten. Allein der Name weckt Neugier und gibt Rätsel auf. Denn wo einige den Namen einem Übersetzungsfehler aus dem Irischen zuschreiben, erzählen andere eine Geschichte von Sagenhelden. Das irische Wort neamh bedeutet himmlisch, wohingegen neimhe giftig bedeutet, anstatt des giftigen Tals, könnte es sich hier also um das himmlische Tal handeln.
Eine alte Legende erzählt allerdings, dass Balor of the Evil Eye von Tory Island, bekannt für sein tödliches Auge, hier zu Fall gebracht wurde. Als er starb, soll das Auge einen giftigen Strahl ausgesandt haben, der das Tal verfluchte und ihm seinen Namen gab. Das Auge ist heute noch am Eingang der Glen in Form eines imposanten Felsen zu sehen. Egal, woher die Poisoned Glen ihren Namen hat, es ist ein Ort, der einen ganz besonderen Zauber ausstrahlt. Je weiter man dem kaum sichtbaren Pfad zwischen den Bergkuppen folgt, desto mehr hat man das Gefühl, einen Ort betreten zu haben, den die Zeit vergessen hat. Hier zählen nur die Landschaft und man selbst, alles andere wird klein und unwichtig.
- Tipp: In Dunlewey gibt es ein kleines Besucherzentrum, das spannende Einblicke in Geschichte und Mythologie der Region gibt. Von dort starten auch wunderbare Wanderungen in die Glen und Bootstouren.
Crohy Head Sea Arch, Crohy
Wie so viele Sehenswürdigkeiten in Donegal ist auch Crohy Head wild, dramatisch und wunderschön. Der spitze Felsbogen ragt umgeben von zahlreichen kleineren Felsen aus den schäumenden Kronen des Atlantiks. Ein Zeuge der unbändigen Kraft des Ozeans und Windes.
Besonders bei Sonnenuntergang, wenn nicht nur das Meer und der Himmel, sondern auch die Klippen und umliegenden Felder in einem tiefen Orange leuchten, liegt hier ein beinahe magischer Hauch in der Luft.
Der Arch verändert sich mit jedem Blickwinkel. Mal wirkt er wie ein Tor, mal wie ein Wächter, der das Meer beschützt. Das Wasser donnert durch die Öffnung, sprüht Gischt weit hinauf, und das Kreischen der Möwen mischt sich in das ewige Rauschen der Brandung. Stundenlang könnte man hier sitzen und sich von dieser unbändigen Kraft durchströmen lassen. Es ist, als würde die wilde Schönheit der Küste etwas in einem freisetzen, das viel zu lange den Weg nach draußen gesucht hat.
- Hinweis: Um den Felsbogen zu sehen, muss privates Weideland durchlaufen werden. Hier bitte nur die dafür vorgesehenen Zaunübertritte benutzen.
Sehenswürdigkeiten in Donegal: Glencolumbkille
Glencolumbkille ist ein Ort, der Geschichte, Kultur und Natur auf eine ganz besondere Weise miteinander verwebt. Das kleine Dorf liegt eingebettet zwischen grünen Hügeln, steilen Klippen und dem Atlantik, und genau damit hat es mich sofort in seinen Bann gezogen. Dieser Blick hinaus auf die schroffen Klippen, die sich wie felsige Riesen aus dem Wasser erheben und aus jedem Winkel etwas anders aussehen, erfüllt mich immer wieder mit diesem Gefühl von Ehrfurcht und Freiheit zugleich.
Der Name des Ortes geht auf den heiligen Columbkille zurück, der hier im 6. Jahrhundert gewirkt haben soll und neben St. Patrick und St. Brigid ein Schutzpatron der Grünen Insel ist. Noch heute finden sich in der Umgebung zahlreiche frühchristliche Steinkreuze, die einst Teil eines Pilgerpfades waren. Wer diesen Weg geht, taucht tief in die Spiritualität und Mystik ein, die den Ort seit Jahrhunderten prägt. Besonders sehenswert ist auch das Folk Village, ein liebevoll gestaltetes Freilichtmuseum, das das traditionelle Leben in Donegal vergangener Jahrhunderte zum Leben erweckt. Hier kann man durch kleine Cottages spazieren, die so eingerichtet sind, wie die Menschen damals schlicht, aber voller Wärme gelebt haben.
Glencolumbkille ist für mich ein Ort der Erdung und zugleich einer, der den Blick weitet. Diese Mischung aus tiefer Geschichte, gelebter Tradition und der wilden, ungezähmten Natur hat sich ganz tief in meiner Seele festgesetzt.
Sliabh Liag, Cappagh
Sliabh Liag ist mittlerweile ein echter Klassiker unter den Sehenswürdigkeiten in Donegal und gerade deshalb hatte ich Angst, enttäuscht zu werden. Wenn man so viel hört und so viele Bilder gesehen hat, sind die Erwartungen fast zu hoch. Doch als ich das erste Mal den Blick auf die gewaltige Klippenwand werfen konnte, hat es mir schlicht den Atem geraubt und die Welt um mich herum ist komplett verblasst. Da waren nur noch diese schiere Größe, die Tiefe, die Farben und ich. Nichts konnte mich auf diesen Moment vorbereiten.
Die Klippen stürzen hier über 600 Meter in den Atlantik, was einem das Gefühl gibt, am Rande der Welt zu stehen. Man fühlt sich ganz klein und unbedeutend, aber gleichzeitig auch unglaublich frei und weit. Der Wind zerrt an den Haaren, das Donnern der Wellen hallt von den Felsen zurück, und in diesem Wechselspiel von Kraft und Stille liegt eine Faszination, die man nicht beschreiben, sondern nur erleben kann.
Besonders beeindruckend finde ich, wie wandelbar Sliabh Liag ist. An klaren Tagen strahlt das Meer in satten Blau- und Türkistönen, während die Klippen in der Sonne fast golden leuchten. Wenn Nebel über die Gipfel zieht, wird alles geheimnisvoll und dramatisch, fast so, als wäre man Teil einer alten Legende. Wer möchte, kann den Pilgrim’s Path am Grad der Klippen entlangwandern und noch tiefer in diese spektakuläre Landschaft eintauchen. Doch auch vom Aussichtspunkt aus wird sich Sliabh Liag für immer einen Platz im Herzen sichern.
Donegal, wo das Herz Heimat findet
Wenn ich auf meine Zeit in Donegal zurückblicke, merke ich, dass es nicht einzelne Sehenswürdigkeiten waren, die diese Grafschaft so einzigartig machen. Stattdessen ist es dieses Zusammenspiel von wilder Natur, endlosen Ausblicken und einer Vergangenheit, die an jeder Ecke spürbar ist.
Oft stand ich einfach nur da, ließ den Blick über steile Klippen wandern, atmete die salzige Atlantikluft tief ein und spürte, wie die Gedanken leichter und der Geist freier wurden. Donegal schenkt Momente, in denen die Welt stillzustehen scheint. Momente, die bleiben.
Vielleicht ist es genau das, was Donegal zu einem Herzensort macht, dass man sich dort nicht als Besucher fühlt, sondern so, als wäre man schon immer hier gewesen. Für mich war es eine Reise voller Gänsehautaugenblicke, und ich wünsche jedem, der sich hierher begibt, genau diese Magie zu erfahren – auf seine ganz eigene Weise.
Irland ist für mich längst Heimat geworden und Donegal hat meinem Herzen ein neues Kapitel geschenkt.











herzlichen Glückwunsch zum 1000 Artikel , schreibt weiter so, man fühlt sich bei lesen als wäre man auf der “Grünen Insel ”
👍🙂☘
Hallo Heiko, von Herzen vielen lieben Dank für diese tolle Rückmeldung! Es bedeutet uns sehr viel, dass wir die Grüne Insel zu Euch nach Hause bringen dürfen!
Auf die nächsten 1.000 Artikel 😉
Herzliche Grüße,
Cindy