Dunseverick Castle: Schicksalhafte Ruine in Nordirland - ☘ gruene-insel.de
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Dunseverick Castle: Schicksalhafte Ruine in Nordirland

dunservick castle
Written by Nadja Uebach

Zu beiden Seiten dröhnt das Donnern der Wellen an die Ohren, die am Fuß der Klippen gegen die Felsen rollen. Nur manchmal gelingt es dem Schrei einer Möwe, sich gegen das Wüten des Meeres und Windes durchzusetzen. Der Fels, auf dem die Ruinen des Dunseverick Castle thronen, scheint ein Ort zu sein, an dem das Leben von den Gewalten der Natur lediglich geduldet wird. Und doch war es genau dieser Ort, an dem sich einst eine der wichtigsten Festungen der Grünen Insel befand. Neben St. Patrick soll unter anderem auch der Krönungsstein Lia Fail hier einst Station gemacht haben – kein Wunder, dass die als uneinnehmbar geltende Burg auch für die Wikinger sehr interessant war.

In diesem Beitrag erzählen wir Euch die bewegende und schicksalhafte Geschichte des Dunseverick Castle. Außerdem erfahrt Ihr, warum sich ein Besuch dieses Ortes lohnt, selbst wenn man sich nicht für Geschichte interessiert.

Dunseverick Castle an der Causeway Coastal Route

Causeway Coastal Route, Nordirland @ Chris Hill, Tourism Ireland

Etwa auf halbem Wege zwischen dem beschaulichen Ballintoy Harbour und dem eindrucksvollen UNESCO-Welterbe des Giant’s Causeway liegt die schmale Landzunge, auf der man die Überreste des Dunseverick Castle findet. Heutzutage erinnern nur noch drei der vier Ecken des einstigen Torhauses an die imposante Festung, die einst zu den wichtigsten Burgen Irlands gehörte. Bis in die späten 70er Jahre konnten Besucher auch noch die Überreste eines Wohnturms bestaunen, der den Kampf gegen die Atlantikstürme jedoch schließlich ebenfalls verlor.

Ein Besuch der Ruine lohnt sich allerdings trotzdem. Denn schon allein die Lage auf der schmalen Klippe, die zu drei Seiten von der tosenden Brandung umringt wird, ist ein besonderes Erlebnis. Trotz der beschaulichen Überbleibsel der Festung kann man sich das Leben auf dieser felsigen Landzunge dennoch vorstellen. Wer die Ruinen und den einstigen Standort des Castle ausgiebig erkundet hat, wandert anschließend auf dem North Antrim Cliff Path in Richtung Giant’s Causeway. Obwohl der Wanderweg in unmittelbarer Nähe zu einer der wohl beliebtesten Sehenswürdigkeiten Irlands liegt, hat man hier die Möglichkeit, die raue, einsame Seele des Nordens zu entdecken.

Die Geschichte einer Ruine

Der Name der Festung gibt in diesem Fall einen Hinweis auf den einstigen Erbauer und Burgherr. Dunseverick leitet sich von der irischen Bezeichnung „Dún Sobairce“ ab, das so viel bedeutet wie „Festung des Sobairce“. Sobairce war einer der legendären frühen Könige der Grünen Insel. Gemeinsam mit seinem Bruder Cermna besiegte er den amtierenden Hochkönig Eochaid Étgudach. Anschließend teilten die Brüder die Insel – Sobairce regierte die nördliche Hälfte, während sein Bruder über den Süden herrschte.

Als seinen Königssitz hatte Sobairce den unwirtlichen Felsen am nördlichen Ende Irlands auserkoren, wo er schließlich seine Festung errichtete. Wann Dunseverick Castle in seiner ursprünglichen Form erbaut wurde, ist nicht bekannt. Die Regierungszeit der beiden Brüder wird nach den Annalen jedoch auf 1533 bis 1493 vor Christus geschätzt. Anderen Aufzeichnungen zufolge waren die beiden noch einmal 400 Jahre früher Könige der kleinen Atlantikinsel. Fest steht jedoch, die schmale Landzunge an der nordirischen Küste war schon früh der Standort einer Festung.

Übrigens: Dunseverick Castle war der Ausgangspunkt einer der fünf königlichen Hauptstraßen, die im frühen Irland strategisch wichtige Sitze des Landes mit dem Sitz des Hochkönigs in Tara verbanden.

Dunseverick im Laufe der Jahrhunderte

Dunseverick spielte in der Geschichte Irlands immer wieder eine große Rolle. Im 5. Jahrhundert soll St. Patrick höchstpersönlich Station in der Festung gemacht haben, um seinen Segen über das Land zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit taufte er einen Teil der örtlichen Bevölkerung – darunter auch ein Mann namens Olcán, der später als irischer Bischof in die Geschichte einging. Am nördlichen Ende der Landzunge findet man bis heute eine Vertiefung im Erdboden, die St. Patrick einst als Taufbecken verwendete. Der Taufstein, auf dem der Heilige zu diesem Zwecke Platz nahm, wurde jedoch im Zuge der Invasion zu Zeiten von Cromwell im 17. Jahrhundert über den Klippenrand gestoßen.

Nur ein Jahrhundert nach St. Patricks Besuch war Dunseverick das Zuhause des Königs Fergus Mor MacErc, auch bekannt als Fergus der Große. Von der nordirischen Küste aus regierte Fergus über das Königreich Dal Riada, das sich über die heutige Grafschaft Antrim sowie weite Teile der schottischen Westküste erstreckte. Der irisch/schottische Monarch war mit dem amtierenden Hochkönig Murtagh MacErc in Tara verwandt und stand diesem sehr nahe. Dieser Beziehung ist es geschuldet, dass der Krönungsstein Lia Fail die Reise aus Tara nach Dunseverick antrat und schließlich für Fergus’ Krönungszeremonie nach Schottland transportiert wurde. Danach landete der Stein wieder wohlbehalten in Tara, wo er man ihn bis heute bewundern kann.

Von Wikingern und turbulente Zeiten am Dunseverick Castle

In der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends brachten die Wikinger Angst und Schrecken über die Grüne Insel. Bevor sich die Krieger aus dem hohen Norden in Dublin und anderen irischen Küstenorten niederließen und die irische Kultur damit maßgeblich prägten, raubten und plünderten sie zahlreiche Orte. Darunter auch Dunseverick Castle, das den Wikingern gleich zweimal zum Opfer fiel, nach beiden Angriffen allerdings wieder instandgesetzt und weiterhin bewohnt wurde.

In den darauffolgenden Jahrhunderten war Dunseverick der Sitz der Grafen von Ulster, bevor es im Jahr 1250 in den Besitz der Familie O’Cahan fiel, die dort 100 Jahre lang lebte. Anschließend ging es an die Familie McDonnell über, die dort scheinbar zumindest teilweise mit den O’Cahans Seite an Seite lebten. Schließlich wurde die Festung im Zuge der englischen Invasion von den Engländern eingenommen und in den 1650er Jahren von Oliver Cromwells Truppen zerstört.

Dunseverick Castle: Mythen und Legenden

Um einen Ort, der über eine so lange Zeit in der irischen Geschichte eine Rolle spielte, ranken sich zwangsläufig unzählige Mythen und Legenden.

So soll sich der letzte Burgherr beispielsweise von den Klippen gestürzt haben, anstatt sich vor den englischen Truppen zu ergeben. Es heißt, er würde noch heute über seine einst imposante Burg wachen und ab und zu sieht man ihn, wie er am Rande der Klippen patrouilliert.

Eine weitere Geschichte handelt von einem Angriff aus dem Norden. Während der Zeit der O’Cahans soll es den Norwegern gelungen sein, Dunseverick Castle kurzzeitig einzunehmen, während der Burgherr auf Reisen war. Als dieser schließlich nach Hause zurückkehrte, waren alle Burgbewohner tot – mit einer Ausnahme: Die Schwester des Burgherren hatte überlebt. Da sie dem Oberhaupt der Norweger gefiel, wollte er die Schwester zur Frau nehmen.

Am Tag der Hochzeit gelang es dem Burgherrn, den Bräutigam aus dem Norden zu töten, woraufhin er den Schwertern der anderen Nordmänner zum Opfer fiel. Die schöne Braut war daraufhin untröstlich und stürzte sich vor Verzweiflung von den Klippen. In den Annalen ist festgehalten, dass man den Zorn des ehemaligen Burgherrn seither in dem Tosen der Wellen hören kann. Außerdem wird oft von einem weiblichen Geist berichtet, der voller Kummer auf der Landzunge erscheint.

Dunseverick Castle: Ein Juwel an der Küste Nordirlands

Dunseverick Castle mag heute nur noch als Ruine existieren, doch seine Bedeutung für die Geschichte und Kultur Nordirlands bleibt unvergessen. Die Mischung aus atemberaubender Natur, tief verwurzelter Geschichte und den geheimnisvollen Legenden, die sich um den Ort ranken, macht einen Besuch zu einem unvergesslichen.

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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