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Belvedere House and Gardens: Herrenhaus am Lough Ennell

Belvedere House
Written by Nadja Uebach

Es gibt Orte, die einen besonderen Zauber ausstrahlen – Orte, an denen sich Geschichte, Natur und Magie auf eine Weise vereinen, die für einen Moment die Zeit zurückzudrehen und Besucher in eine andere Welt zu versetzen scheinen. Das Belvedere House and Gardens am malerischen Lough Ennell in der irischen Grafschaft Westmeath ist genau so ein Ort. Es ist ein Kleinod, das sowohl für Naturliebhaber als auch Geschichtsinteressierte und Erholungssuchende etwas zu bieten hat. Eingebettet in die unendlich vielen verschiedenen Grüntöne der sanften Hügellandschaften in den irischen Midlands, verzaubert das Herrenhaus nicht nur mit seiner Landschaft, sondern ganz besonders mit seiner Vergangenheit, der man bei einem Spaziergang dort an jeder Ecke begegnet.

Ein Haus mit Geschichte: Die Ursprünge des Belvedere House

Das Belvedere House wurde 1740 als Herrenhaus im georgianischen Stil von Richard Castle – einem der talentiertesten Architekten seiner Zeit, entworfen. Auftraggeber war Robert Rochfort, der 1. Earl von Belvedere, dessen Leben ebenso beeindruckend wie dramatisch war. Rochfort, bekannt für seinen rücksichtslosen Charakter, hinterließ in der Geschichte des Anwesens tiefe Spuren, die man auch heute noch während eines Besuchs spüren kann.

Das Haus selbst ist ein herausragendes Beispiel georgianischer Architektur, schlicht, aber dennoch imposant. Mit seinen klaren Linien und symmetrischen Proportionen spiegelt es den architektonischen Geist des 18. Jahrhunderts wider. Es ist jedoch nicht sein Äußeres, was das Belvedere House so besonders macht. Sondern seine bewegte und teilweise dunkle Geschichte, die sich allen voran um die Familie des ersten Grafen von Belvedere rankt.

Belvedere House

© Nomos Productions, Fáilte Ireland

Von Verurteilungen und Eifersucht: Die dunkle Geschichte von Belvedere

Ein besonders dramatisches Kapitel der Belvedere-Geschichte ist untrennbar mit der sogenannten „Jealous Wall“ (Eifersuchtsmauer) verbunden. Robert Rochfort ließ Belvedere House als einen Rückzugsort erbauen, nachdem er seine Frau Mary in ihrem früheren Anwesen in Gaulstown wegen vermuteter Untreue unter Hausarrest gestellt hatte. Rochfort ging davon aus, dass Mary ihn mit seinem Bruder Arthur betrogen hatte. Allein dieser Verdacht genügte, dass er seine Frau bis zu seinem Tod 1774 – insgesamt 31 Jahre lang – von der Außenwelt und dem öffentlichen Leben fernhielt. Nicht einmal die Bediensteten durften mit ihr sprechen. Nach Rochforts Tod lebte Mary endlich wieder ein freies, selbstbestimmtes Leben. Noch auf ihrem Totenbett schwor Mary, dass sie ihren Ehemann nie hintergangen hatte und unschuldig war.

Mahnmal der Missgunst

Um seine Frau nicht mehr sehen zu müssen, ließ Rochfort Belvedere House erbauen, während sein Bruder Arthur sich ins Ausland absetzte. Als dieser allerdings Jahre später wieder nach Irland zurückkehrte, sorgte Robert dafür, dass man ihm den Prozess wegen Ehebruchs machte. Der Richter sprach Arthur schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Da Arthur das Geld allerdings nicht aufbringen konnte, setzte man stattdessen eine Haftstrafe an. Er landete im Gefängnis, wo er nur kurz nach Haftantritt verstarb.

Belvedere House

© Paul Moore, Westmeath County Council www.visitwestmeath.ie

Doch damit nicht genug: Rochforts anderer Bruder George besaß Tudenham House, was an die Ländereien von Belvedere grenzte. Neidisch auf das imposantere Herrenhaus ließ Rochfort die sogenannte „Jealous Wall“ errichten, um den Blick auf das Anwesen seines Bruders zu versperren. Die 14 Meter hohe Mauer wurde im Stil einer altertümlichen Fassade erbaut, weshalb sie heute an die Ruine einer Kathedrale oder eines Klosters erinnert und dem Anwesen eine besonders mystische Atmosphäre verleiht.

Doch auch im Haus ist Rochforts düsterer Schatten allgegenwärtig. In den restaurierten Innenräumen ist der Geist dieser turbulenten Zeit noch immer spürbar. Anhand der teilweise originalen Möbelstücke und authentischen Kunstwerke fühlt man sich ins 18. Jahrhundert zurückversetzt.

Übrigens: George Rochforts Anwesen Tudenham House ist heutzutage nur noch als überwucherte Ruine am Rande des Anwesens von Weitem zu sehen.

Grüne Oase: Ein Garten für Naturfreunde

Neben der bewegten Geschichte des Hauses sind es vor allem die weitläufig angelegten Gärten, die das Belvedere House zu einem besonderen Ausflugsziel machen. Die imposante Anlage erstreckt sich über mehr als 65 Hektar, die es auf unzähligen Spazierwegen zu erkunden gilt.

Mit jedem Schritt entlang der Pfade hat man das Gefühl, tiefer in ein Gemälde aus längst vergangenen Tagen zu treten. Während man zwischen den Beeten des verzauberten Walled Gardens in einem Märchen zu sein scheint, taucht man in den Wäldern und Wiesen am Ufer des Lough Ennell in die Einsamkeit der Natur ab. Unterwegs gibt es mehrere Zierbauten und sogar ein altes unterirdisches Eishaus zu entdecken, das in der Blütezeit des Anwesens als eine Art Kühlschrank fungierte. Dabei lädt die friedliche Stimmung an vielen Orten immer wieder zum Verweilen oder zu einem Picknick mit der ganzen Familie ein.

Belvedere House

© Paul Moore, Westmeath County Council www.visitwestmeath.ie

Lough Ennell: Royaler Ruheort

Mit einer Länge von beinahe 10 Kilometern ist Lough Ennell als Teil des Anwesens ein echtes Highlight und sorgt bei jedem Wetter für wunderschöne Weitblicke. Während der See das Zuhause von zahlreichen Vogelarten ist, die man bei einem Besuch beobachten kann, spielt er auch in der irischen Geschichte eine wichtige Rolle.

Denn eine der kleinen Inseln des Sees soll von König Malachy – dem letzten Hochkönig der Grünen Insel – als Wohnort auserkoren worden sein. Es heißt, dass auf Cró Insi einst die Burg des Königs stand und er dort auch verstorben sein soll. Seit geraumer Zeit erinnert auch eine hölzerne Statue von Malachy an die royale Vergangenheit des Sees.

Spukort am See

Ob es der mystischen Umgebung entlang des Seeufers oder der bewegten Geschichte des Ortes geschuldet ist, bleibt ungewiss, fest steht jedoch, dass Belvedere House Schauplatz zahlreicher Spukgeschichten ist.

Es heißt, dass besonders in der Abenddämmerung die Geister ehemaliger Bewohner des Anwesens in Erscheinung treten oder ihr Unwesen treiben. So hat ein Hausmeister der Anlage beispielsweise mehrmals ein Klopfen an einem der Kellerfenster des bereits geschlossenen, leeren Hauses bemerkt. Er berichtete, dass er das Klopfen mit einer Klopfabfolge beantwortete, die im Anschluss auf der anderen Seite des Fensters wiederholt wurde.

Zudem haben Besucher bereits mehrmals von intensiven Brandy und Rauchgerüchen berichtet, die plötzlich im Inneren des Herrenhauses auftreten und ebenso plötzlich wieder verschwunden sind.

Am Flussufer soll zudem der Geist einer in einen blauen Umhang gekleideten Frau unterwegs sein. Jedes Mal, wenn sie in Erscheinung tritt, macht sie Erzählungen zufolge, den Eindruck, dass sie auf der Suche nach etwas ist. Einige behaupten, es handele sich dabei um Robert Rochforts Frau, Mary.

  • Lesetipp: Weitere Spukorte in Irland findet Ihr hier!

Belvedere House and Gardens: Ausflugs- und Veranstaltungsort

Das geschichtsträchtige Anwesen am Ufer des Lough Ennell ist ein beliebter Ausflugsort für Einheimische und Reisende zugleich. Während man das ganze Jahr über ausreichend Informationen und beeindruckende Anekdoten zur Geschichte des Ortes findet, ist Belvedere House auch immer wieder Veranstaltungsort verschiedener Events und Ausstellungen. Von Gartenfestivals, Kunstausstellungen und Open-Air-Konzerten, bis hin zu Themenwochen für Halloween, Weihnachten oder Ostern wird die beeindruckende Kulisse des Hauses und der Gärten auf kreative und unterhaltsame Weise genutzt. Ein Blick in den Veranstaltungskalender auf der Webseite des Belvedere House lohnt sich also in jedem Fall.

Ist Belvedere House and Gardens barrierefrei zugänglich?

Während das Innere des Hauses leider nicht barrierefrei zugänglich ist, sind ein Großteil der Wege im Garten, am Seeufer und sogar im Wald ebenerdig und geteert. Einige Pfade weisen leichte bis mäßige Steigungen auf.

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Über den Autor

Nadja Uebach

Da ich seit 2008 auf der grünen Insel lebe, bedeutet Irland für mich in erster Linie Alltag. Wenn ich nicht mit meinem Laptop bewaffnet in einem Café oder Zuhause sitze und schreibe, findet man mich höchstwahrscheinlich mit meinen drei Kindern am Strand. Die Natur, die Kultur und insbesondere die Menschen sorgen dafür, dass sich in unseren Alltag immer wieder ein bisschen Magie einschleicht. Diese besondere irische Alltagsmagie versuche ich in meinen Texten in Worte zu fassen.

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