Ebenso wie der endlose Flickenteppich grüner Felder, die schroffen Klippen entlang der Atlantikküste und die herzlichen Menschen, gehören die irische Straßenmusik und das Geschichtenerzählen zur Seele der Grünen Insel. Von den belebten Straßen Dublins bis hin zu schummrigen Ecken kleiner, bunter Ortschaften, vernimmt man die Klänge irischer Fiedeln, Gitarren, Akkordeons, Trommeln und markanter Stimmen, die die jahrhundertealten Geschichten und Melodien der irischen Kultur zum Leben erwecken.
In diesem Beitrag erfahrt ihr alles zu der geschichtlichen Entwicklung und den Hintergründen der irischen Straßenmusik und wo ihr dieser heutzutage begegnen könnt.
Irische Straßenmusik durch die Jahrhunderte
Die Straßenmusik in Irland ist tief in der Geschichte und Kultur der kleinen Atlantikinsel verwurzelt. Bereits im Mittelalter zogen Barden und fahrende Sänger durch die Lande und erzählten ihre Geschichten mithilfe von Musik und Gesang. Die Geschichtenerzähler in Kombination mit musikalischer Unterhaltung waren nicht nur zu Veranstaltungen sehr gefragt, sondern auch eine beliebte Attraktion auf der Straße und auf Marktplätzen. Diese Tradition der fahrenden Musiker setzte sich über die Jahrhunderte fort und wurde zu einem integralen Bestandteil der irischen Kultur. Nicht ohne Grund sind die Iren auf der ganzen Welt für ihre Leidenschaft beim Erzählen alltäglicher so wie fantastischer Geschichten und ihr musikalisches Talent bekannt.
Straßenmusik aus Irland in die Welt
Während die große Hungersnot zwischen den Jahren 1845 und 1855 auf der Grünen Insel etwa eine Million Menschenleben forderte, löste sie zudem eine Auswanderungswelle aus. Bis zu eineinhalb Millionen Iren waren gezwungen, ihrer Heimat den Rücken zu kehren und nicht selten im weit entfernten Amerika einen Neustart zu wagen.
Ihre Liebe und Leidenschaft für die Musik und ihre Geschichten brachten die Iren mit sich. Um in der neuen Heimat einen Lebensunterhalt zu verdienen, musizierten sie nicht selten auf der Straße. Selbst wenn aus dieser Zeit nicht mehr viele Lieder bekannt sind, so sprechen die wenigen Kompositionen von Leid und Trauer, aber auch von Hoffnung und einer unbändigen Widerstandskraft, welche die ihren bis heute auszeichnet. Die Straßenmusik wurde zu einem Sinnbild des Überlebens und der Ausdrucksfreude des Inselvolkes in schwierigen Zeiten.
Obwohl die irische Straßenmusik auch in den darauffolgenden Jahrzehnten sowohl auf der Grünen Insel als auch in den unzähligen irischen Communitys auf der ganzen Welt weiterhin eine Rolle spielte, so erlebte sie im 20. Jahrhundert einen globalen Aufschwung. Mit dem Aufkommen von Folk-Musikern wie den Dubliners und den Clancy Brothers in den 1960er Jahren gewann die traditionelle irische Musik weltweit an Popularität.
Nicht selten begannen diese Künstler ihre Karrieren als einfache Straßenmusiker, bevor sie größere Bühnen eroberten. Mit ihrer Musik inspirierten sie eine neue Generation von Musikern, die das Genre der irischen Straßenmusik neu für sich entdeckten.
Berühmte Straßenlieder und Künstler
Irland hat eine Fülle an Straßenliedern, die sowohl von der Tradition als auch von modernen Einflüssen geprägt sind. Eines der bekanntesten irischen Lieder, das in der irischen Straßenmusik seinen Anfang findet, ist sicherlich „Whiskey in the Jar“.
Das Lied handelt von einem Straßenräuber, der in den Bergen von Cork sein Unwesen treibt. Während eines Raubzuges entschließt er sich eines Tages dazu, pures Gold von einem gewissen Captain Farrell zu stehlen. Dies wäre auch beinahe gut gegangen, hätte ihn seine Liebste, die manchmal als Jenny und manchmal als Molly bezeichnet wird, nicht verraten. Während dieser gesamten Geschichte wird dem Namen getreu zudem eine Unmenge von Whiskey getrunken. Über die Jahre haben viele internationale Musiker ihre eigene Version des irischen Gassenhauers aufgenommen, zu den bekanntesten zählt sicherlich die von Metallica, für welche die Band im Jahr 2000 sogar einen Grammy gewann.
Mindestens genauso bekannt ist das Lied „Molly Malone“, das man ganz besonders in Dublin häufig zu hören bekommt. Obwohl die Hauptfigur des Liedes, Molly, höchstwahrscheinlich nicht existierte, so erzählen die Verse eine Geschichte, wie sie sich im 18. Jahrhundert in der irischen Hauptstadt wohl sehr häufig zugetragen hat. Demnach ist Molly eine Händlerin auf dem Fischmarkt, die unter Umständen auch noch andere Dienstleistungen anbietet. Nach einem kurzen harten Leben fällt sie einem Fieber zum Opfer. Der Song gilt als inoffizielle Hymne Dublins und ist so populär, das im Herzen der Hauptstadt sogar eine Statue zu Ehren von Molly errichtet wurde.
Obwohl viele irische Musiker ihre Karriere auf der Straße begannen, ist der bekannteste sicherlich Glen Hansard. Auf den Straßen von Dublin musizierte er viele Jahre lang und ließ sich von der Stadt und ihren Menschen inspirieren. Diese besondere Atmosphäre zieht sich wie ein roter Faden durch seinen Film„ Once “ mit dem gleichnamigen Soundtrack, für den Hansard 2007 sogar einen Oscar gewann.
Irische Straßenmusik heute
In der modernen irischen Gesellschaft spielt die Straßenmusik nach wie vor eine wichtige Rolle. Sie ist nicht nur eine Möglichkeit für aufstrebende Künstler, ihre Fähigkeiten zu präsentieren und ein Publikum zu finden, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens der Städte und Gemeinden. In Dublin gibt es sogar spezielle Genehmigungen für Straßenmusiker, die sicherstellen sollen, dass eine gewisse Qualität und Vielfalt der Musik erhalten bleibt. Zudem spielt Youtube eine immer größere Rolle für die sogenannten „Busker“, die ihre Auftritte filmen und so einem globalen Publikum präsentieren können. Eines der besten Beispiele dafür ist die Sängerin Allie Sherlock, die mit ihrer Straßenmusik in Cork und Dublin weit über die Grenzen der Grünen Insel hinaus bekannt ist.
Straßenmusik ist außerdem ein wichtiger Bestandteil dieser ganz besonderen Atmosphäre, die Besucher und Einheimische zugleich mit irischen Städten und Dörfern verbinden. Die Vielfalt der Instrumente und Stile, die man auf den Straßen hören kann, gibt die reiche musikalische Tradition des Landes wieder. Von traditionellen Fiedeln und Tin Whistles bis hin zu modernen Gitarrenklängen – die Straßenmusik in Irland ist ein Spiegel der irischen Geschichte und Kultur im Wandel.
Wer in den Genuss irischer Straßenmusik kommen möchte, hat an Sommerwochenenden in den irischen Städten die besten Chancen dafür. Wer Glück hat, kommt dabei vielleicht sogar in den Genuss, die Musik berühmter Künstler hautnah zu erleben. Besonders in Dublin finden sich bekannte irische Musiker zu spontanen Busking-Auftritten in der Innenstadt ein oder musizieren für einen guten Zweck angekündigt auf den Straßen der irischen Hauptstadt.
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